Bundestagswahl

Nur selektierte Wahlprüfsteine von den Parteien zugelassen

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Die Humanistische Union (HU) hat zur Bundestagswahl 2025 Wahlprüfsteine verschickt, erhielt jedoch Absagen, da CDU, CSU, SPD, Grüne, Linke und FDP vorab bereits gemeinsam festgelegt haben, welche Wahlprüfsteine beantwortet werden.

Wahlprüfsteine sind Fragen von Vereinen und Verbänden an die für die Wahl kandidierenden Parteien, um mit den Antworten den Wählerinnen und Wählern einen Überblick über bestimmte für den Verein relevante Positionen der Parteien zu geben. Die HU hat dazu eine Reihe von Fragen gestellt, die eine große Vielzahl an Politikfeldern und bürgerrechtlichen Fragen umfasst. Daran haben zahlreiche Bundesvorstands- und Vereinsmitglieder mitgewirkt. Die HU hat ihre Wahlprüfsteine an folgende Parteien geschickt: CDU, CSU, SPD, Grüne, Linke, FDP, BSW, AfD, Volt, die Piratenpartei, die PARTEI, SSW und Freie Wähler.

Wie netzpolitik.org berichtete, haben sich CDU, CSU, SPD, Grüne, Linke und FDP vorab bereits auf 30 Organisationen und Verbände geeinigt, deren Wahlprüfsteine sie beantworten werden. Alle anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen erhalten keine Antworten. Auch die Humanistische Union hat entsprechende Absagen für ihre Wahlprüfsteine erhalten.

Es ist verständlich, dass diese Parteien in Anbetracht der baldigen Bundestagswahl am 23. Februar, des Zeitmangels und der Fülle an Wahlprüfsteinen nicht alle Anfragen beantworten können. Dennoch hält die HU die vorab vorgenommene Filterung aus mehreren Gründen für problematisch.

Erstens erfreuen sich Wahlprüfsteine einer großen Beliebtheit, um die Wahlentscheidung zu erleichtern. Im Wahlkampf sind sie ein inzwischen anerkanntes und verbreitetes Instrument, um eine inhaltliche Auseinandersetzung von Parteien mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zu ermöglichen. Nun dermaßen restriktiv vorzugehen, verringert die Möglichkeit der Zivilgesellschaft, Rechenschaft von den Parteien zu erhalten. Organisationen wie der HU wird damit klargemacht, dass man sich mit ihnen nicht auseinandersetzen will. Ihre Stimmen am Wahltag nehmen sie aber gerne entgegen!

Zweitens ist es Klüngelei, wenn sich die genannten Parteien vorab auf bestimmte Nichtregierungsorganisationen einigen. Damit bestimmen sie korporatistisch, welche NGOs im Wahlkampf als politisch relevant wahrgenommen werden. Diese Parteien verschließen sich schon vorab der Option, relevante politische Fragen anderer Organisationen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Natürlich können Parteien Bitten um Beantwortung von Wahlprüfsteinen ignorieren oder verweigern. Dass aber vorab schon gefiltert wurde – zu einem Zeitpunkt also, bei dem man noch gar nicht absehen konnte, welche Organisationen welche Wahlprüfsteine von welcher Relevanz für welche Partei stellen würden, hat einen negativen und sehr elitären Beigeschmack.

Drittens kann man, wie es netzpolitik.org getan hat, die Auswahl der Vereine und Verbände kritisieren. Diese 30 sollen die gesamte Breite des gesellschaftlichen Spektrums repräsentieren, erhielt die HU von einer Partei als Antwort. Jedoch finden sich in der von netzpolitik.org veröffentlichten Liste der zugelassenen Organisationen überdurchschnittlich viele Wirtschafts- und Berufsverbände. Bürger- und grundrechtliche Vereine sind, bis auf wenige Ausnahmen, nicht zu finden. Zudem fehlen in der Liste Organisationen, die sich dezidiert mit Digitalpolitik (und digitalen Bürgerrechten) befassen. Die erhoffte abzudeckende Breite an Politikfeldern in den zugelassenen Wahlprüfsteinen dürfte so jedenfalls nicht erreicht werden. Die HU hatte in den ihren versucht, eine solche Breite zu ermöglichen.

Die Humanistische Union hält einen solchen Vorab-Filter somit für diskurseinschränkend sowie elitär und meint, dass die als relevant definierten Politikfelder so durch die Parteien und nicht die Organisationen und Verbände festgelegt werden. Letzteres ist eine Verkehrung des Zwecks von Wahlprüfsteinen. Um den Lesenden doch eine Beantwortung einiger Wahlprüfsteinfragen zu ermöglichen, behält die Humanistische Union es sich vor, einige Fragen anhand der Wahlprogramme selbst zu beantworten – zumindest dort, wo die Programme eine Antwort ermöglichen.

Die von den Parteien nicht beantworteten Wahlprüfsteine finden Sie im Wortlaut im Anhang zu diesem Artikel.

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