BERLIN. (hpd) Angesichts der angekündigten Heiligsprechung von "Mutter Teresa" lässt sich fragen, was die katholische Kirche unter Nächstenliebe versteht. Die englische Zeitung Guardian bezeichnete die Sterbehospize des Ordens von Mutter Teresa als als eine "organisierte Form unterlassener Hilfeleistung".
Einem Bericht über den Orden von "Mutter Teresa" zufolge stand für den Orden "nicht die humanitäre und medizinische Hilfe im Vordergrund, sondern die Missionierung zum katholischen Glauben." Zu der häufig geäußerten Kritik an der mangelhaften medizinischen Ausbildung ihrer Mitarbeiter entgegnete die künftige Heilige beispielsweise: "Nicht der Erfolg, sondern die Treue im Glauben ist wichtig."
Diese Aussage ist neben vielem anderen Beleg dafür, dass ihr eigentliches Interesse dem "Leben nach dem Tode" galt – deshalb auch wollte sie ihre Nonnen nicht als Sozialarbeiterinnen verstanden sehen. Teresa sah die Armut und das Leid als gottgegeben an und aus dieser Haltung heraus ging es ihr nicht darum, das irdische Leid ihrer Patienten zu lindern. Das folgende Zitat gibt in seiner ideologisch eingeschränkten Sichtweise beredtes Zeugnis: "Es ist etwas sehr Schönes, wenn man sieht, wie die Armen ihr Kreuz tragen. Wie die Passion Christi, ist ihr Leid ein großes Geschenk für die Welt."
Nach ihrem Tod wurden in den Lagern ihrer Hospitäler große Mengen schmerzlindernder Mittel gefunden, die aus Spenden stammten, die sie aber ihren Patienten vorenthalten hatte. Trotz großer Spendeneinnahmen war die medizinische Versorgung in den Sterbehospizen recht dürftig. Die Ernährung war katastrophal und zuweilen wurde das medizinische Besteck nicht ausreichend desinfiziert. Leicht heilbare Patienten wurden nicht immer in ein Krankenhaus eingewiesen, sondern sie wurden stattdessen zu Tode gepflegt.
Aus all diesen Gründen ist die von einigen gewählte Bezeichnung "Todesengel von Kalkutta" durchaus angebracht. Für die Beseitigung der Ursachen der Armut in der dritten Welt hat sie sich nie eingesetzt. (Vgl. diesen Artikel von 2010 bei seemoz)
Die Praxis von "Mutter Teresa" erinnert an die Kritik, die bereits Ludwig Feuerbach an der christlichen Vorstellung von Nächstenliebe übte: "Wohl ist dem Religiösen auch Gemeinschaft, gemeinschaftliche Erbauung Bedürfnis, aber das Bedürfnis des andern ist an sich selbst noch immer etwas höchst Untergeordnetes. Das Seelenheil ist die Grundidee, die Hauptsache des Christentums, aber dieses Heil liegt nur in Gott, nur in der Konzentration auf ihn. Die Tätigkeit für andere ist eine geforderte, ist Bedingung des Heils, aber der Grund des Heils ist Gott, die unmittelbare Beziehung auf Gott. Und selbst die Tätigkeit für andere hat nur eine religiöse Bedeutung, hat nur die Beziehung auf Gott zum Grund und Zweck – ist im Wesen nur eine Tätigkeit für Gott – Verherrlichung seines Namens, Ausbreitung seines Ruhmes." (Feuerbach, Wesen des Christentums).
"Mutter Teresa" sowie der Bohei um sie beweist noch heut die Richtigkeit der Feuerbach’schen Kritik.
11 Kommentare
Kommentare
Michael Paschko am Permanenter Link
Das wusste nicht erst Feuerbach. Das wusste schon der Autor des Matthäusevangeliums:
"Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten. Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf dem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor allen Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen." (Matthäus 5,13-16)
Harald D. am Permanenter Link
Kann es sein, dass diese "Heilige" einfach nur eine Sadistin war, die sich am Leid Anderer ergötzte?
Imre Korikov am Permanenter Link
Zu der beabsichtigten Heiligsprechung des Todesengels von Kalkutta fällt mir folgendes Zitat von Helvetius ein: Wenn man ihre Heiligenlegenden liest, findet man die Namen von tausend heiliggesprochenen Verbrechern.
…Rudolf Dieringer am Permanenter Link
Gut, dass im Bericht des Herrn Creydt auch auf die weniger vorbildliche Seite des "Engels der Barmherzigkeit" hingewiesen wird.
Vorhandene Schmerzmittel wurden den Patienten verweigert; Mutter Teresa kam in einer Szene selber zu Wort: Beim Versuch, eine Patientin zu trösten, sagte sie dieser: "Je mehr du leidest, umso näher bist du unserem Herrn Jesus, und umso eher wirst du von ihm geküsst". Darauf die Kranke: "Ich will aber gar nicht von Jesus geküsst werden!" Reaktion von Mutter Teresa: ein Lächeln!
Diese Sendung wurde meines Wissens nie mehr wiederholt. Ich denke, dafür haben die kirchlichen Lobbyisten in den Sendeanstalten schon gesorgt.
Wie fragwürdig die ganze katholische Leidenstheologie ist, geht auch aus der Antwort hervor, die Bischof Overbeck einmal auf die Frage an ihn, wo denn der doch so barmherzige Gott gewesen sei, als die Nazi-Diktatur ihre KZ-Greuel an den Juden verübte.
Seine Antwort: "Am Kreuz!" .....Na also!
Hannes Müller am Permanenter Link
"Dokumentation erinnern, die vor einigen Jahren zu später Stunde (!) gesendet wurde": Bitte die Quelle genauer angeben.
Rudolf Dieringer am Permanenter Link
Hallo und Guten Tag, der Hannes Müller.
Ich stimme Ihnen zu: Ich hätte das Sende-Datum und den TV-Sender angeben sollen, der die von mir erwähnte Dokumentation ausgestrahlt hat.
Aber inhaltlich ist mir diese Doku noch sehr gegenwärtig, da sie nachdrücklich auf die (für mich sehr merkwürdigen) Verhaltensweisen von
"Mutter" Teresa eingegangen ist.
Ich hoffe, Sie haben für meine unvollständige Quellenangabe Verständnis.
Freundliche Grüsse R. Dieringer
Rudolf Dieringer am Permanenter Link
Guten Tag, Herr Müller
nach intensiver Internet-Recherche habe ich doch noch Angaben zu der von mir erwähnten TV-Sendung über "Mutter" Teresa gefunden:
Als weiteren Beleg über das fragwürdige Wirken von Teresa empfehle ich Ihnen die Webseite:
http://nouvelles.umontreal.ca/udem-news/news/20130301-mother-teresa-anything-but-a-saint.html
Es handelt sich um eine Untersuchung der Universität Montreal, die allerdings in Englisch abgefasst ist.
Ich hoffe Sie zufriedengestellt zu haben.
Freundl. Gruss R. Dieringer
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Was die katholische Kirche für Kasperlspiele abhält, ist mir eigentlich völlig egal.
Das Feuerbach-Zitat passt haargenau.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Kaum etwas zeigt die schier unglaubliche Bigotterie speziell des katholischen Christentums klarer als die geplante 'Heiligsprechung' dieser Organisiererin (zit.) "unterlassener Hilfeleistung".
Petra Pausch am Permanenter Link
Genau diese Einstellung der kath. Kirche – das Leid für etwas Wertvolles zu halten – hat sich auch gezeigt, als der Bundestag das unsägliche Gesetz gegen die Sterbehilfe erlassen hat.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich möchte, um ein wenig den Hintergrund zur christlichen Leidensphilosophie zu erläutern, auf meinen hpd-Bericht "Schmerz und Religion" verweisen:
http://hpd.de/artikel/12137