Dürfen Löwen schwul sein? In Kenia tobt eine kuriose Debatte

Verbotene Liebe

Dürfen die das? Oder geht jetzt die Welt unter. In Kenia erhitzt ein schwules Löwenpärchen die Gemüter.

Schwule Löwen sind für den Homophobiker der Worst Case. Denn wie soll man sich die erklären? Bei Menschen geht das einfacher, die können ja vom Satan verführt sein, oder von der Zivilisation, deswegen küssen Männer dann Männer. Aber Raubkatzen?

Von Kenia aus ist kürzlich ein Foto aus dem Nationalpark Masai Mara um die Welt gegangen: Zwei männliche Löwen übereinander in einem offensichtlich erotischen, ja geradezu zärtlichen Akt. Der Fotograf Paul Goldstein berichtet, dass es auch anschließend noch eine intime Nähe zwischen den beiden gegeben habe, anders als nach dem durchschnittlichen Akt unter Hetero-Löwen, wo man einander dann gerne schnell wieder verscheucht.

Schwul kuschelnde Löwen: Das mag man als Kuriosum verbuchen, aber das ist es noch nicht einmal. Homosexuelle Aktivitäten sind im gesamten Tierreich verbreitet. Beim Amazonasdelfin vergnügen sich die jungen Männchen beim Gruppensex miteinander. Elefanten bilden zärtliche homosexuelle Bindungen aus, die oft länger halten als ihre heterosexuellen Affären. Wenn man zwei Giraffen schnäbeln und aufspringen sieht, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass es sich um zwei Kerle handelt. Bonobos, Tüpfelhyänen, Iltisse, Bettwanzen... Die Liste der homo- und bisexuell aktiven Tiere ist lang. Vom Hausschaf ist bekannt, dass jeder zehnte Bock sich weigert, auf ein Weibchen zu springen, während er es bei seinen Geschlechtsgenossen gern tut.

Homosexuelles Verhalten, ob nun gewohnheitsmäßig oder vorübergehend, ist also ein Teil der Normalität. Schaden tut es eher selten, wenn man davon absieht, dass Libellenmännchen ihrem Sexpartner markante Verletzungen zufügen, die oft auch an anderen Männchen gefunden worden sind. Der allgemeinen Fortpflanzung tut es keinen Abbruch, auch scheinen die Artgenossen sich wenig zu stören an dieser Spielart der Sexualität.

Aus Kenia allerdings ist ein Aufschrei zu hören. Dort haben sie nämlich einen gut situierten Mann, der schon von Berufs wegen immer ganz genau wissen will, wo es zu öffentlich sichtbaren homosexuellen Handlungen gekommen ist. Oder auch nur zum Bekenntnis. Der Herr heißt Ezekiel Mutua, er leitet die staatliche Filmprüfstelle. Die Furcht vor Homosexualität scheint ihm eine echte Leidenschaft zu sein, er und seine Mitarbeiter werden nicht müde, Filme und Fernsehserien auf schwule oder lesbische Figuren zu scannen und die dann zu bannen. Zuletzt sind ihnen einige Cartoon- und Jugendserien zum Opfer gefallen.

So ein Job als Sittenwächter prägt einen natürlich. Und ganz egal, was den Menschen an Verderbtheiten einfällt, auf den Rest der Schöpfung ist doch immer weitgehend Verlass gewesen. Besonders die Löwen konnten über die Jahrtausende als Vorbild für maskulines Gebaren hergenommen werden: Muskelbepackt und mit sinnlosem Mähnenpopanz behängt, lagen sie den ganzen Tag im Schatten und ließen die Frauen die Arbeit verrichten. So wie Gott es ganz sicher gewollt hat.

In dieses Refugium der Männlichkeit brechen nun derlei Unsitten ein. Mutua ist alarmiert, wieder mal scheint die Welt am Einstürzen zu sein. In mehreren Tweets versucht er, sein Erschrecken in den Griff zu bekommen. Mal warnt er vor vorschnellen Schlüssen, das Geschlecht der beiden offensichtlichen Mähnenträger sei noch nicht bestätigt – Recht hat er, es könnte ja auch eine Perückenträgerin beteiligt sein. Er fordert eine Isolation und genaue Untersuchung der beiden beteiligten Löwen. Schließlich bietet er, wenn sie denn wirklich homosexuell sein sollten, zwei mögliche Erklärungen an: Es könnten sich schwule Menschen im Nationalpark vergnügt haben, und die Löwen hätten sich das dann abgeschaut. Oder aber: Die beiden Großkatzen seien von Dämonen befallen.

Nun, die beiden Liebenden befinden sich weiterhin in freier Wildbahn, während es in der öffentlichen Meinung eher Mutua selbst ist, der isoliert ist und unter verschärfter Beobachtung steht. Die allgemeine Freude an der schwulen Löwenliebe hat er noch einmal befeuert. Seine Tweets forderten ein Feuerwerk von Antworten heraus: "Die Löwen sollen isoliert werden? Dann geh mal hin und isoliere sie, wenn du ein Mann bist!" - "Er hat eine schwule Sendung verboten, jetzt zeigen eben die Löwen unseren Kindern, dass Gefühle respektiert werden müssen." - "Auf unserem Nationalwappen sind zwei unbekleidete Löwen, die sich anschauen! Lasst uns die auch entfernen." So viel Spaß haben die Kenianer jetzt. Nicht nur ihre Löwen. Wenn man an Dämonen und ihren Oberchef glauben würde, könnte man denken: Mutua war hier die Kraft, die Böses will und doch immer auch viel Gutes schafft.