Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) kritisiert die Vereidigung des neuen Hildesheimer Bischofs Heiner Wilmer durch den Niedersachsener Ministerpräsidenten Stephan Weil. Der Eid verletze das Gebot der Trennung von Staat und Kirche.
"Der auf das Reichskonkordat von 1933 zurückgehende Eid verletzt die Trennung von Staat und Kirchen und sollte umgehend abgeschafft werden", erklärt Petra Bruns, niedersächsische Landessprecherin des IBKA. "In keinem anderen europäischen Land außer Luxemburg sind solche Eide auf die Verfassung noch üblich.
Wie der Eid vorsieht, schwört der neue Bischof alles zu verhüten 'was Wohl und Interesse des deutschen Staatswesens schaden könnte'. Dabei steht die katholische Kirche gegen elementare bürgerliche Freiheitsrechte wie eine selbstbestimmte Sexualität, selbstbestimmtes Sterben." Besonders im kirchlichen Arbeitrecht zeige sich die Diskriminierung anderer Weltanschauungen und Glaubenrichtungen, heißt es weiter in der Pressemitteilung des IBKA.
Zudem suggeriere die Vereidigung dem Bürger, dass Staat und Kirche zusammengehörten, was sich in der Bundesrepublik aufgrund der im Grundgesetz garantierten Neutralität des Staates gegenüber Religionsgemeinschaften verbiete, so Bruns weiter.
"Selbst das Bistum Hildesheim sieht in dem Eid lediglich einen formalen Akt und Traditionspflege. Entsprechend ist es in einem säkularen Staat mehr als überfällig, diesen anachronistischen Vorgang abzuschaffen", fordert Bruns.
13 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Zudem suggeriere die Vereidigung dem Bürger, dass Staat und Kirche zusammengehörten, was sich in der Bundesrepublik aufgrund der im Grundgesetz garantierten Neutralität des Staates gegenüber Religionsgemeinschaf
Ich kann dem Ganzen auch etwas Positives abgewinnen: So können Bürger sehen, wie eng nach wie vor Staat und Kirche miteinander verflochten sind (was ja gerne von beiden Seiten bestritten wird). Der Bischof ist schließlich quasi ein Staatsbeamter, der aus dem allgemeinen Steueraufkommen - dessen wir nächstes Jahr reichlich gedenken werden - alimentiert wird.
Vielleicht bewegt das einige Bürger Richtung Standesamt, um diesem Verein der Geistergläubigen wenigstens die Kirchensteuer zu entziehen. Oder auf die Straße, um gegen die skandalösen Dotationen - aus denen Kardinals- und Bischofsgehälter überreich bezahlt werden - zu demonstrieren...
Marc von aberncron am Permanenter Link
Der Eid ist in der Hinsicht vorbildlich, als dem Ministerpräsidenten des Landes de iure ein Veto-Recht gegen Kandidaten zukommt u. zudem die Verfassungstreue bekräftigt wird, also z.B.
Die wäre z.B. dann zu bezweifeln, wenn die Kath. Kirche für Apostasie die Todesstrafe verhängen würde, wie das in anderen religiösen Gruppen Usus ist ...
annen anne Nerede am Permanenter Link
Ist noch Zeit, zu dem Akt anzureisen und lautstark oder subtil ironisch sarkastisch satirisch dagegen zu protestieren?
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Was für ein Wunder! Man darf nicht mehr "heil H...." rufen, aber das Reichskonkordat von
Kay Krause am Permanenter Link
Tja, liebe Petra Bruns, nun haben sie es gesagt, und der hpd hat es abgedruckt und öffentlich gemacht, und wir nicken alle zustimmend mit dem Kopf. Und das war's nun?
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Aber den Eid haben die Nazis doch eingeführt, damit der (katholische) Hund nicht die Hand beißt, die ihn füttert!
Hans Trutnau am Permanenter Link
"schwört der neue Bischof alles zu verhüten 'was Wohl und Interesse des deutschen Staatswesens schaden könnte'."
Kein schlechter Witz, oder?
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Noch nie etwas vom "Schwarzen Humor" gehört?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Doch, doch; und jetzt?
Christoph Heckermann am Permanenter Link
Reli nur aus Tradition?
Dann verdienst du Spott und Hohn!
Mach dich frei aus dieser Sippenhaft -
und kündige die Mitgliedschaft.
Resnikschek Karin am Permanenter Link
danke IBKA, weiter so!
anbei meine Arbeit über die Okkupation des Schulwahlpflichtfachs ETHIK in Badenwürttemberg durch Kirchen, Theologen und Kirhenmitglieder.
Ist „Humanistische Lebenskunde“ eine Lösung?
35 Jahre Warten auf mehr Ethik - nichts geschieht. 12 Jahre Versprechungen in Koalitionsverträgen - nichts geschieht. Juristisch auch kein Weiterkommen - es gibt keinen „juristischen Anspruch auf Ethik“. Religionsunterricht hingegen ist einklagbar. Ausgerechnet Grün-Schwarz will Ethikunterricht nun aufgrund steigender Zahlen bei Konfessionsfreien forcieren: Eisenmann macht sich stark und kommt am 27.11. zu den Stuttgarter Humanisten. Man darf gespannt sein.
In der Zwischenzeit ist einiges geschehen. 1985 hat Ethik den bis dahin freiwilligen Religionsunterricht stabilisiert: die Schüler*innen mussten nun wählen: Religion oder Ethik? Der Fachverband Ethik hat sich dann lange um Professionalität für das neue Fach bemüht. Da Ethik eines der vielen Fachgebiete der Philosophie ist, lag eine universitäre Fortsetzung über die Philosophie nahe. Zur Philosophie gehören als Fachgebiete auch Religion und Metaphysik; daher ist Philosophie den Kirchen genehmer als Ethik. Ethik will weniger theoretisieren, als Schüler zu einem humanistischen Ethos und zu verantwortlichem Handeln privat und in der Gesellschaft bewegen. Das ist für Religion eine echte Konkurrenz. 1998 hat das Bundesverwaltungsgericht in Berlin Ethik gleichberechtigt. Sofort legten die Bischöfe Widerspruch ein und bestanden auf dem minderwertigen Ersatzfachstatus. Inzwischen gibt es bei den Philosophen ein Ethikstudium und eine Ethiklehrerausbildung. Sicher ist das besser als ein zeitaufwändiges Selbststudium über Fortbildungen des Kultusministeriums. Aber nun gibt es ein anderes Problem: Philosophen sind mehrheitlich Kirchenmitglieder und am Lernziel „Offensein für Transzendenz“ interessiert. Soll das in den bis dato säkularen Lehrplänen von Ethik festgeschrieben werden? Bisher gab es dort nur Religionskunde; dadurch können auch Kinder kleinerer Kirchen und Muslime in Ethik gehen: Ethik missioniert nicht. Peu à peu werden vermehrt konfessionell gebundene Lehrkräfte in Ethik eingesetzt und Kirchenmitglieder oder Religiöse übernehmen die Ethikfortbildung. Theologen „helfen“ in der Fachdidaktik aus - das spart dem Staat Geld bzw. das kann weiter in Kirchentöpfe fließen. Wird Ethik nun zum Tummelfeld verhinderter Theologen und Christen, die dort für ein „Christentum light“ - ohne Kirchenbezug - werben?
Die Krönung aber ist: der 1. Vorsitzende des Fachverbands Ethik ist Kirchenmitglied. Begründet wird dies u.a. damit, dass unter den 46% Konfessionsfreien auch Religiöse seien. Das stimmt zwar - aber es sind nur ca. 11%. Wird nun auch vom Fachverband Ethik die allgegenwärtige Diskriminierung Säkularer verharmlost? Man hört dort bereits die Frage: was denn bitte gegen Theologen und Christen in der Ethik einzuwenden sei? Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: mir persönlich dreht sich der Magen herum, wenn ich an meine (Kindes-)Kinder denke. Diese Respektlosigkeit unserer diesseitig-humanistischen Weltanschauung gegenüber! Wird demnächst Religionskritik auch in Ethik ausgeblendet? Sind wir dazu aus der Kirche ausgetreten, dass unseren säkular erzogenen Kindern Religion quasi über die „Hintertreppe Ethik“ angedient wird? Wird so das Erziehungsrecht der Eltern umgangen?
In Deutschland gilt seit 1949 „Religion first“. Das ist so schlecht wie „America first“. Dadurch hat eine aufgeblähte Kirchenjustiz Fakten geschaffen, die die Väter des Grundgesetzes eben nicht wollten: eine de facto Staatskirche, eine „Kirchenrepublik light“. Teile des Sozial- und Erziehungsbereichs - offiziell Staatsangelegenheit - sind überwiegend in kirchlicher Hand. Durch die Medien geistert zwar immer noch die Vorstellung: unser Staat sei weltanschaulich neutral, gar „säkular“. Säkular hat im Wesentlichen zwei Bedeutungen: 1. Gott- und kirchenfrei 2. Trennung von Kirche(n) und Staat. Beides trifft auf Deutschland nicht zu. Wir haben eine Mischverfassung. Religion hat ihren Platz. Das könnte man durchaus als positiv ansehen - wenn, ja wenn wir säkularen Humanist*innen gleichberechtigt wären. Aber der sog. 3. Weg ist heute allzu übermächtig. Diakonie und Caritas lehnen uns ab. Und wer hat schon die Nerven, sich als Einzelperson einzuklagen? Die Medien, die sog. Religionspolitik schweigt uns tot. Warum? Weil wir Säkularen keine Religion haben? Im spezifisch religiösen Sinn auch keinen „Glauben“? Verantwortungsvolle Diesseitigkeit braucht Gott und Kirche nicht! Viele von uns bekommen selbst beim Wort „Weltanschauung“ Bauchgrimmen. Solange Kirchenmitglieder die „religionspolitischen“ Ämter und damit die Interessen Säkularer verwalten, solange Konfessionsfreie nicht berücksichtigt werden, so lange muss von christlicher Intoleranz gesprochen werden. Die Politik täte besser daran, den Fakten und Zahlen gerecht zu werden, statt dem Organisationsgrad, den die Kirchen betonen: 40% Konfessionsfreie einfach übergehen? Ihre Kinder brauchen eine Wertebildung. Und die gibt es nicht zum Nulltarif und schon gar nicht nebenbei, durch andere Schulfächer. Und am allerwenigsten über Religion. Wir wollen als Gott- und Kirchenfreie wertgeschätzt werden. Wir sind ideologiefrei, alle können bei uns mitmachen, auch religiöse Menschen. Andersherum geht das eben nicht. Nur mit Überwältigung. Das lehnen wir ab!
Aus Sicht kirchlicher Fundamentalisten haben Ethik und der säkulare Humanismus kein eigenes Wertefundament. Diese Dauerlüge verbreiten die Kirchen: Menschenrechte, Demokratie, Freiheit, Sozialstaat und Gleichberechtigung - kontrafaktisch soll das alles vom Christentum (und damit von den Kirchen) stammen. Dem sollten wir entschieden, ja leidenschaftlich entgegentreten. Denn richtig ist: der europäische Humanismus begann in der griechisch-römischen Antike. Nach der Blüte in der Renaissance folgte die umfassende Aufklärung der Neuzeit. Dieses Gedankengut hat sich heute auch bei den Kirchen durchgesetzt. Darauf können wir stolz sein. Auf dieser Wertebasis steht Europa. Das verbindet uns, das ist der Kitt unserer Gesellschaft: die Werte von Demokratie, Freiheit, Aufklärung und Humanismus. Bei den Kirchen kann man hier noch viele Fragezeichen setzen: Kirchenfinanzen? Frauen-, Kinderrechte? demokratische Strukturen? Homosexualität? Der Zusammenhalt unserer Gesellschaft geht nicht über Religion! Deshalb müssen wir über die neuerliche Gegenaufklärung aufklären und über das kirchliche Hegemoniestreben reden. Das sind wir uns und unseren Kindern schuldig. Und unserer Demokratie. Das erübrigt sich nicht von allein. Auch nicht, wenn die Konfessionsfreienzahlen über 50% steigen sollten (Leichter würde es dann allemal). Freiheit von Religion ist ein Menschenrecht. Und das soll so bleiben!
Zurück zu Ethik. Wird sie nun über kurz oder lang kirchlich unterwandert, schleichend gekapert? Die überwiegend katholisch dominierte Stiftung Weltethos arbeitet schon lange an „religiöser“ Bildung - gerade für den Osten. Behauptet aber, Säkulare gehörten zu ihr. Nun ja - im Verhältnis 1000 : 1 - das ist nicht überzeugend. Also auch von daher keine Hoffnung für säkulare Ethik. Erste Stimmen werden nun laut: sollte man nicht für säkulare Kinder statt dem offenbar beliebig manipulierbaren Ersatzfach Ethik besser „humanistische Lebenskunde“ anbieten? Der HVD kann als KdöR eigene Fachlehrer stellen und gewährleisten, dass säkulare Kinder in säkularem Humanismus unterrichtet werden, also in der eigenen Weltanschauung. Das ist besonders in der Grundschule wichtig. Den Religionsunterricht dort wollen die Kirchen par tout nicht aus der Hand geben - sie wissen warum. Er schafft eine Vertrauensbasis weit über die Schulzeit hinaus. Das ist nicht zu unterschätzen! Daher müssen wir fordern, dass auch unsere Kinder in unserer „Weltanschauung“ unterrichtet werden. Religiöser Unterricht, auch wenn er nicht kirchengebunden ist, bleibt kirchennah.
Wie könnte der Umstieg von Ethik auf humanistische Lebenskunde - mit Menschenrechtserziehung und Humanistik an der Uni - gelingen? Der HVD Bayern ist bereits auf diesem Weg. Was er uns voraus hat: eine humanistische Grundschule in Fürth und viele Kitas. Bei Schüler*innen von Berlin und Brandenburg kommt Humanistische Lebenskunde gut an, genau wie LER (Lebenskunde, Ethik, Religionskunde). Man kann auf das Elternrecht verweisen. Aber die Eltern- und Schülerverbände im Süden sind kirchlich majorisiert (den Vorsitz haben oft Katholiken). Die haben „nichts gegen Ethik“. Aber „auch nichts dafür“! Es bedarf der Einsicht, dass es mit einem „Fach 2. Klasse für Menschen 2. Klasse“ so nicht weitergehen kann. Humanistische Lebenskunde wäre eine juristisch gleichberechtigte Alternative, kein minderwertiges Ersatzfach. Und es wäre kein synkretistischer Religionen-Mix, bei dem Säkulare untergehen. Der Staat könnte mit dem HVD Staatsverträge abschließen - anders geht es halt nicht in der BRD-Bildungspolitik. Das bräuchte einen politischen Willen von oben. Die Säkularen Grünen, Säkularen Sozis und Linken sind sicher ansprechbar. Aber nicht nur die! Es wäre ein Anfang. Konservativen Islamverbänden werden Staatsverträge förmlich hinterhergeworfen - für 4% Muslime (dazu gar nicht befragte). 40% konfessionsfreie, loyale Staatsbürger verdienen das Gleiche!
Wir alle wünschen Weltanschauungsfrieden in Deutschland. Aber jeder muss nach seiner Facon selig werden können. § 18 der Allgemeinen Erklärung für Menschenrechte („Freiheit von Religion“) gilt hoffentlich (!) auch in Deutschland. Menschenrecht und Meinungsfreiheit stehen über jedem Organisationsgrad. Die Kirchen haben es leicht: Sie sprechen bundesweit mit einer Stimme. Hier müssen wir dazu lernen: über die Ländergrenzen schauen, innerhalb der Konfessionsfreienverbände und -gruppen um eine taktisch gemeinsame Basis ringen, Einvernehmen suchen: die Libertären unter uns müssen nicht gleich beim Wort Staatsvertrag aufschreien und Privilegien gegenüber gänzlich abhold sein! Bildung kostet nun mal Geld und ohne Moos ist nichts los. Ein wenig Realismus statt laizistischer Wunschträume wäre auch nicht verkehrt; mit denen verdirbt man sich alle Sympathien. Demokratie geht nun mal über Mehrheiten. Nicht nur, aber auch. Humanistische Lebenskunde zunächst nur an Grundschulen? Am 27.11. wird darüber diskutiert!
Und ein wenig mehr Mitglieder sollten wir auch haben - das wäre schön. Sind wir Säkularen auch bequem geworden, gleichgültig, Sofademokraten? Ich bin überzeugt: Deutschland braucht uns jedenfalls - mehr denn je!
Karin Resnikschek, Tübingen/Entringen
A.S. am Permanenter Link
Es ist ganz einfach: Ethik als Lehre und Schulfach wird religiös unterwandert und zur Mission umfunktioniert.
Hermann Goldkamp am Permanenter Link
Wenn Herr Weil das macht, hat es auch einen Einfluss auf die Ergebnisse der Wahlprognosen der SPD.