Pflichtethik für konfessionsfreie Schüler Österreich

Ethikunterricht als Trojanisches Pferd der Religionen

Bereits seit mehreren Jahren existiert in Österreich Ethik als Ersatzfach an 233 berufsbildenden mittleren und höheren Schulen als Schulversuch. Ab dem Schuljahr 2021/22 soll für Schüler ab der neunten Schulstufe ein Pflichtfach Ethik eingeführt werden – allerdings nur für jene, die keinen Religionsunterricht besuchen. Seit dem 22. Mai 2020 ist der neue Gesetzesentwurf in Begutachtung.

Eytan Reif, der Sprecher und Mitinitiator des Volksbegehrens "Ethik für ALLE" informierte die Öffentlichkeit über eine repräsentative Umfrage, die im Auftrag des gleichnamigen Vereins vom Gallup Institut durchgeführt wurde. 70 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen würden sich jedoch laut dieser repräsentativen Umfrage (Stichprobe: 1.000 Befragte) ein Pflichtfach Ethik für alle Schüler und Schülerinnen wünschen. Nur 16 Prozent befürworten das derzeitige Regierungsmodell.

Grundsätzlich befürworten auch die säkularen Vereinigungen Österreichs die Einführung eines Ethikunterrichtes, allerdings im gleichen Sinn, wie dies auch die Mehrheit der Österreicher für wünschenswert hält, nämlich als verpflichtenden Unterricht für alle Schüler.

Der nun in Begutachtung gehende Gesetzesentwurf der katholisch geprägten ÖVP-Regierung wird erfahrene säkulare Mitstreiter nicht wirklich überraschen. Die theologischen Vorteile liegen auf der Hand:

Logo des Volksbegehrens "Ethik für ALLE"
Logo des Volksbegehrens "Ethik für ALLE"

Durch die einschlägigen Bestimmungen werden Schüler nun in den Ethikunterricht gedrängt, weil dieser einerseits strenger als der Religionsunterricht sein dürfte und somit den Notendurchschnitt gefährden kann. Überdies wird der Ethikunterricht teilweise nur mit organisatorisch aufwendigen Klassenzusammenlegungen zu bewerkstelligen sein. Siehe dazu auch die treffliche Analyse der Atheisten Österreich.

Eine weitere spannende Frage ist, wer diesen Ethikunterricht durchführt. Da bereits mehrere kirchliche und theologische Einrichtungen eine derartige Ausbildung auch als Zusatzfach zur Religionspädagogik anbieten, steht zu befürchten, dass der Ethikunterricht von (mittlerweise zum Teil arbeitslosen) Religionslehrern durchgeführt wird. Meldet sich ein Schüler also vom Religionsunterricht ab, kann er damit rechnen, vom gleichen konfessionsgebundenen Lehrer im Ethikunterricht in Fragen der (christlichen oder islamischen) Moral unterwiesen zu werden. Besonders herausfordernd dürfte dieses Spannungsfeld bei Themen wie Sexualmoral und Gleichberechtigung der Geschlechter werden.

Ein weiterer Vorteil für die Religionsgemeinschaften besteht darin, dass nun pro forma die Forderung nach einem flächendeckenden Ethikunterricht erfüllt wurde.

Dieser Gesetzesentwurf ist daher im Sinne einer säkularen Ethik derartig unethisch und archaisch, dass er von den österreichischen Konfessionsfreien rundweg abgelehnt wird. Mit anderen Worten, das ist kein Modell für einen Ethikunterricht des 21. Jahrhunderts, sondern – um die Bezeichnung "archaisch" zu versinnbildlichen – ein Trojanisches Pferd, in dessen Bauch sich die Theologen, Kardinäle, Vikare und Imame fröhlich ins Fäustchen lachen.

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Siehe dazu auch:

Statement des Humanistischen Verbandes Österreichs (HVÖ): Einführung des Ethikunterrichtes wäre ein Rückschritt