Kommentar zum Terroranschlag in Wien

Attentat auf der Insel der Weinseligkeit

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Wien, Österreich – Panorama von der Jubiläumswarte am Gallitzinberg (Ausschnitt)
Blick über Wien

Montag, der 2. November, war der letzte Abend bevor der von der österreichischen Bundesregierung verhängte Corona-Lockdown in Kraft treten sollte. Aus diesem Grund nutzten viele Wiener und Wienerinnen diesen Abend für einen genussreichen After-Work-Drink im sogenannten "Bermudadreieck". Hierbei handelt es sich um ein Vergnügungsviertel in der Inneren Stadt, das von Clubs, Bars und typisch urbanen Lokalen dominiert wird. Gegen 20 Uhr eröffnete der mit Sturmgewehr, Pistole, Machete und Sprengstoffattrappe bewaffnete Attentäter das Feuer auf Passanten und Lokalbesucher. Die Bilanz: Fünf Tote und 22 Verletzte. Mittlerweile hat der IS den Anschlag für sich reklamiert.

Nachdem er mit der Langwaffe mehrere Personen zum Teil getötet beziehungsweise schwer verletzt hatte, wurde der Täter (nach bereits neun Minuten!) von der Polizei ausgeschaltet. Bei ihm handelt es sich um einen 20 Jahre alten Wiener mit nordmazedonischen Wurzeln und einer doppelten Staatsbürgerschaft. In Analogie zur Reaktion der neuseeländischen Premierministerin Jacinda Ardern, die hinsichtlich des Attentäters von Christchurch aus psychologischen Gründen darauf bestanden hatte, nicht einmal den Namen des Täters öffentlich zu nennen, wird die Identität des Wiener Verbrechers – in Anlehnung an das bekannte Wortgefecht mit einem Beobachter des Geschehens ("Schleich di, du Oaschloch!") – hier schlicht und treffsicher mit "O" wiedergegeben.

Die Geschichte des "O" kann man als kurz, aber intensiv beschreiben. Er war bereits einschlägig wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorbestraft. Als Sympathisant der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) versuchte er, nach Syrien auszureisen. Dafür wurde "O" am 25. April 2019 zu 22 Monaten Haft verurteilt, am 5. Dezember wurde er aber bereits vorzeitig bedingt aus der Haft entlassen. Er lebte in einer Gemeindewohnung im 22. Bezirk und bezog als Ex-Häftling vermutlich Sozialhilfe.

Wien ist mittlerweile eine Hochburg des fundamentalistischen Islam. Die Ursachen hierfür liegen nicht nur in der Anonymität der Großstadt und der guten islamischen Infrastruktur, sondern auch in der Politik, und das in zweifacher Hinsicht: Auf der einen Seite verfügt Wien über ein gut ausgebautes Sozialsystem, welches diese Stadt für wenig qualifizierte Zuwanderer ausgesprochen attraktiv macht und wo es daher möglich ist, sozusagen mit staatlichem "Stipendium" viel Zeit in die eigene Radikalisierung zu investieren. Wien hat daher durchaus einen Rückzugs- und Erholungscharakter für islamische Fundamentalisten. Exemplarisch wurde dies vom Wiener Dschihadisten Azad G. demonstriert, der zuerst nach Syrien zum IS ging, und als er dort verletzt wurde, kurzzeitig zurück nach Wien kam, Mindestsicherung bezog und sich im Spital gesundheitlich wiederherstellen ließ, um dann wieder voll motiviert und restauriert das Geschäft des IS in Syrien weiter zu betreiben.

Auf der anderen Seite ist die rotdominierte Stadtregierung auch für ihr wenig distanziertes Verhältnis zum radikalen Islam bekannt. Vor der Wien-Wahl scheute der SPÖ-Bezirksrat von Favoriten, Marcus Franz, nicht einmal davor zurück "Für eine Handvoll Stimmen" sogar in einer extrem fundamentalistischen Moschee auf Stimmenfang zu gehen.

Das islamisch motivierte Attentat war – trotz der umfangreichen radikal-islamischen Aktivitäten in der Donaustadt – für die meisten Wiener eine wirkliche Überraschung. Aufgrund der österreichischen Neutralität und der sprichwörtlichen urwienerischen Gemütlichkeit, hatte sich in dieser Stadt schon während des Kalten Krieges, wo Wien als der Dreh- und Angelpunkt der Geheimagenten beider Weltmächte fungierte, eine Mentalität des unausgesprochenen Nichtangriffspaktes etabliert. Die Behörden reagierten eher großzügig bei der Anwesenheit diverser dubioser Figuren, dafür wurde aber auch Frieden in der Alpenrepublik erwartet. Der Attentäter dürfte mit seiner Tat den Gesinnungsgenossen also einen Bärendienst erwiesen haben, denn es wäre sehr verwunderlich, wenn die Islamistenszene nun nicht mit größerer Intensität beobachtet werden würde. Ein besonderer Treppenwitz der Geschichte ist, dass die Wiener Grünen noch vor wenigen Wochen die Entwaffnung der Polizei gefordert hatten!

Wie soll es nun weitergehen und welche Lehren sollen wir aus diesem schrecklichen Attentat ziehen? Es wäre durchaus im Sinne der islamischen Fundamentalisten, wenn sich die Kluft zwischen den Muslimen und der Mehrheitsbevölkerung vertiefen würde. Diese emotionale und pauschalierende Reaktion wäre also nicht nur ungerecht gegenüber allen "Kulturmoslems" und liberalen Muslimen, sie wäre auch völlig kontraproduktiv. Es gilt aber auch mit Augenmaß von diversen Beschönigungs- und Beschwichtigungsversuchen Abstand zu nehmen. Vielmehr sollte die fundamentalistisch-islamische Szene in ähnlicher Weise wie der klassische Rechtsextremismus behandelt werden. Auch kann man sich nicht damit begnügen, lediglich jene gewaltbereite Spitze des Eisberges zu beobachten und gerichtlich zu belangen, welche sich zusammenrottet, um dann einen Schwarzafrikaner mit dem Baseballschläger umzubringen.

Effektive Prävention besteht hier darin, auch jene Netzwerke, in welchen einschlägige Propaganda verbreitet wird und sich Sympathisanten austauschen, dauerhaft zu eliminieren. Im Fall des Islam beginnt der Hass genau dort (also in jenen Moscheen, Kulturvereinen, Kindergärten und Religionsstunden), wo bereits Kindern ein dualistisches Weltbild vermittelt wird, in welchem die Welt in Gläubige und Ungläubige unterteilt wird und den Letzteren die Hölle versprochen wird. Genau diese Diskriminierung und Entmenschlichung der Mitmenschen ist die Basis für jenen Hass, der sich im Falle des Einzeltäters in der Wiener Innenstadt entladen hat. Ob genau diese notwendige Grenzziehung aber wirklich vorgenommen wird, bleibt mehr als fraglich.

Es häufen sich schon wieder die apologetischen Statements, in welchen die bekannte Phrase gedroschen wird: "Das hat nichts mit dem Islam zu tun!" Es ist keine zwei Wochen her, seit die Verteidigungsministerin den Militärimam seines Amtes enthoben hat, weil dieser fragwürdige Verbindungen zur Dschihadistenszene unterhielt.

In dieser Nacht wurden zwei Schweizer Islamisten in Winterthur festgenommen, welche Kontakte zu "O" unterhalten haben dürften. Die örtliche Moschee wurde dort bereits vor einiger Zeit geschlossen, weil der Imam zur Tötung der nichtpraktizierenden Muslime aufgerufen hatte. Irgendwann werden auch die hartgesottenen Apologeten zugeben müssen, dass der Islam ein ähnlich strukturelles Problem mit der Gewalt hat wie die katholische Kirche mit der Pädokriminalität.

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Hinweis de Redaktion: Ein aufmerksamer Leser wies uns darauf hin, dass es die neuseeländische (und nicht, wie irrtümlich geschrieben, die australische) Premierministerin war, die den Namen des Attentäters nicht aussprach.

Im Übrigen halten sich auch – mit Ausnahme der BILD – fast alle deutschsprachigen Medien an diesen Rat.