In einem Instagram-Video von FUNK wird "Alman Sabine" parodiert, die angeblich das Vorurteil hat, dass nicht der Hijab sondern "nur Nacktheit Freiheit sein kann". Tragisch ist nicht nur die implizierte Annahme, dass das Gegenteil des Hijabs Nacktheit sei, was in konservativen islamischen Gemeinschaften als ehrlos betrachtet wird, sondern auch, dass im Video das Zwangskopftuchtragen vieler Musliminnen ins Lächerliche gezogen wird.
Heutzutage scheint es für FUNK1 normal zu sein, Ex-Muslime und unterdrückte Musliminnen im Namen der Satire zu verspotten. In einem freien Land sollte jedoch niemand, weder Ex-Muslime und auch nicht "Almans", gezwungen sein, einen Rundfunkbeitrag zu zahlen, der zur Verbreitung islamistischer Narrative dient.
Jeden Monat wieder veröffentlicht FUNK ein Video, das das frauenfeindliche Kopftuch verherrlicht. Vor einem Jahr machte sich das Format des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über den Netflix-Charakter "Aischa", ein introvertiertes Mädchen, lustig. Sie hat sich in einen Jungen verliebt, hat die Entscheidung getroffen, das Kopftuch abzulegen und mit diesem Jungen zusammen zu sein. "Endlich werde ich nicht mehr gezwungen", karikierten sie und lachten über Frauen wie mich, die in jungen Jahren zum Hijabtragen gedrängt wurden und stets Abstand zu gleichaltrigen Jungs halten mussten.
Am 24. Juni veröffentlichte FUNK ein Kurzvideo auf der Social-Media-Plattform Instagram. Die vorurteilsbeladene "Alman Sabine" versteht eine Kopftuchträgerin, der lediglich heiß ist, falsch und hört aus ihr: "Wenn ich es (das Kopftuch) nur ausziehen könnte. Aber ich werde leider gezwungen und unterdrückt, vor allem von meinem Vater."
Dies ist für mich nicht zum Lachen, da mir mein Vater ebenfalls verboten hat, das Kopftuch abzulegen und mit einem Ungläubigen zusammen zu sein. Dieses Massenphänomen, das nicht nur in der islamischen Welt existiert, sondern auch in Deutschland, schränkt die Freiheit und Selbstbestimmung vieler Frauen ein. Ich kann nicht eines morgens als Kopftuchträgerin aufstehen und mich entscheiden heute "mal keins zu tragen", denn ich muss mich dieser patriarchalischen Vorstellung Allahs über meinen Körper unterwerfen. Es ist Allah, meine Familie oder meine islamische Gesellschaft, die mich fremdbestimmen und entscheidet, was ich tragen soll. Wer sich entscheidet den Hijab abzulegen, dem droht in Deutschland der Bruch mit der Familie, eine soziale Isolation bis hin zu Ehremorden.
"Alman Sabine" versteht danach: "Dabei will ich doch nur frei sein und halbnackt herumlaufen und mich ausziehen, so wie es sich gehört. Denn nur Nacktheit kann Freiheit sein, sonst nichts anderes." Zur Wahrheit gehört, dass niemand zum Ausziehen beziehungsweise Nacktsein gezwungen wird, zum Hijabtragen jedoch schon. Da hätte ein einfacher Blick in die Nachrichten über den Freiheitskampf der iranischen und afghanischen Frauen gereicht.
Die Misogynie
Im FUNK-Video wird der Gegensatz zwischen Hijab und Nacktheit für Frauen dargestellt, genau das, was mir als junges Mädchen beigebracht wurde. Das Kopftuch wurde mir als Schutz verkauft – ein Schutz vor Belästigungen der Männer für mich als Frau. Dies propagierte FUNK vor zwei Jahren im Video "Mein Kopftuch, meine Wahl" auf YouTube, ironischerweise im Jahr nach der Eroberung Afghanistans durch die Taliban, wonach Frauen keine Wahl hatten und dies keine Beachtung von den "Datteltätern" von FUNK findet.
Meine strenggläubige Tante weigerte sich, mit mir vor die Tür zu gehen, wenn ich nicht meinen gesamten Körper bedeckte. Es war ihr peinlich, mit einem Mädchen gesehen zu werden, das "so wenig" anhatte, weshalb ich gezwungen war, eine Jacke über mein T-Shirt zu ziehen. Damals war ich die halbnackte Sabine.
Die islamistischen Narrative
Viele Frauen begründen das Kopftuchtragen mit Moral, so auch die TikTokerin "Islamijabi", die sagte: "Wir wollen mit Respekt behandelt werden." All das impliziert, dass Nicht-Kopftuchträgerinnen unmoralisch handeln und durch ihr "Halbnacktsein" zur Respektlosigkeit und zur Belästigung einladen. Ich frage mich, ob ich als Ex-Muslimin von FUNK als "Alman Sabine" wahrgenommen werde, wenn ich tatsächlich der Meinung bin, das Kopftuch sei eine frauenfeindliche Unterdrückung.
Die Videos von FUNK reihen sich ideal in die Erzählung der Islamisten ein. So predigte einer der bekanntesten islamistischen Influencer auf TikTok Abul Baraa: "Die schlimmsten unter euren Frauen sind diejenigen, die freizügig herumlaufen…Sie sind die Heuchlerinnen." (YouTube, 31:53). Der Wert der Frau hängt für Abul Baraa vom Grad der Freizügigkeit ab, wobei diese Freizügigkeit von FUNK als Nacktheit diffamiert wird.
Man stelle sich vor, eine Ex-Muslima bei FUNK hätte ein Satirevideo über das Kopftuchtragen veröffentlicht und sich über den Freiheitsgedanken dieser Fremdbestimmung lustig gemacht. Sie wäre als "islamophobe" Rassistin beleidigt worden, abgesehen davon, dass ein öffentlich-rechtlicher Sender sowieso keine satirischen Beiträge über den Islam herausbringen würde.
Doch die Dreistigkeit des Ganzen ist, dass ich gezwungen werde, einen Ex-Muslim-feindlichen und aufklärungsverspottenden Kanal zu finanzieren, der die Sichtweise der Islamisten befeuert. Es ist nicht FUNKs erster Griff ins Klo. Daher ist die Definanzierung dieses Kanals nötiger denn je.
- FUNK definiert sich selbst als "das Content-Netzwerk von ARD und ZDF." Es ist der Versuch des ÖRR, junge Menschen zu erreichen, die mit dem linearen TV-Programm nicht mehr erreichbar sind. ↩︎
12 Kommentare
Kommentare
Roland Fakler am Permanenter Link
Danke, liebe Zeinab, für diesen sehr interessanten, aufklärerischen Insiderbericht.
Angelika Wedekind am Permanenter Link
Das wusste ich gar nicht. Ich kenne Funk nicht. Aber das gehört auch auf die aktuelle politische Agenda. Alle Saekularen, alle Humanisten sollten etwas tun. Es kann alles so nicht weitergehen.
Klaus Weidenbach am Permanenter Link
Vor kurzem war in der Stuttgarter Zeitung zu lesen, dass eine islamistische Vereinigung in den Niederlanden mit Namen "Moslems in Dialoog" sich zu einer Schulveranstaltung folgendermaßen geäußert habe: "
Menschen aus islamischen Ländern kommen nach Europa als Flüchtlinge, als Gäste, als Einwanderer. Es geht aber die "Gäste" nichts an, ob die einheimische Gesellschaft christlich, gläubig oder ungläubig ist, wie viele Götter verehrt werden oder ob Musik und "andere Ausschweifungen mit Alkohol" gestattet sind. Wer es nicht ertragen kann, dass andere Menschen in seiner Nähe eine andere Lebensart als die "islamische" haben, muss in ein islamisches Land auswandern. Dann geh mit Allah, aber geh, kann ich da nur sagen. Religion ist für zivilisierte Menschen Privatsache und kein Zwang, der auf andere Menschen ausgeübt werden darf. Das ist ein großartiger Erfolg der Aufklärung in Europa, und das lassen wir uns von niemand, und sei er noch so religiös, nehmen.
Jörn am Permanenter Link
Ich habe mir das Video mit Aischa angesehen.
Im übrigen stelle ich fest, dass die junge Frau im Video auch nach dem Entfernen des Tuches immer noch dieses Oberteil mit Kapuze trägt und damit dem Gebot der Abschirmung gerecht wird, was ich als Respekt gegenüber dem Gebot interpretiere und ein weiteres Indiz gegen den Vorwurf des "sich Lustigmachens".
Ich zahle gern meine Rundfunkgebühren, auch wenn ich mit vielen Sendungen und Formaten nicht einverstanden bin - Fernsehgarten, Traumschiff etc. ihr seid gemeint! Verschlingt Unsummen an Geld mit dem man z.B. mal vernünftige Kinderserien machen sollte! Andere Menschen würden mir widersprechen und sagen, eigentlich sind es grade Traumschiff und "ein Fest der Volksmusik" oder wie der Mist heißt, die sie bei Gebührenzahllaune halten wärend sie die Satiresendungen grundsätzlich linksgrünversifft finden und sie Kinderfernsehen gar nicht interessiert. Der ÖRR ist wichtig, auch wenn er nicht immer genau das bringt, das einem gefällt. Als Alternative kann ich einen hübsche geschlossene Filterblase im Internet empfehlen, da wird immer genau das gebracht, was man hören und sehen will.
pi am Permanenter Link
Danke für diese authentische und erfrischend differenzierte Stellungnahme. Nur bei dem Punkt „Rundfunkgebühren / Definanzierung“ stimme ich nicht zu.
SG aus E am Permanenter Link
Wenn ich Zeit habe, sehe ich mir auch 'rechte' Medien an – natürlich nur zur Information. Damit ich mitkriege, worüber 'die' sich aufregen.
Zeinab Herz kritisiert, "dass ein öffentlich-rechtlicher Sender sowieso keine satirischen Beiträge über den Islam herausbringen würde". Nun, die 'Datteltäter' sind voller Satire. Allerdings weniger gegen 'den' Islam, da hat die Autorin recht. Satirisch aufs Korn genommen wird alles mögliche, besonders aber alles, was muslimische Jugendliche in Deutschland bewegt. Die kämpfen mit Vorurteilen und Zuschreibungen, die ihnen entgegengebracht werden, aber auch mit ihren Eltern und deren althergebrachten Vorstellungen von dem, was sich angeblich gehört und was nicht. Und so weiter.
Die 'Datteltäter' sind ein Kanal für muslimische Jugendliche in Deutschland und er macht seine Arbeit gut, wenn er die jungen Leute zum Nachdenken und zum Austausch mit anderen anregt. Davon bekommt die Leserschaft des 'hpd' natürlich wenig mit. Spuren davon kann man in den Kommentaren zu den einzelnen Videos nachlesen. Die sollte lesen, wer keinen Kontakt zur Zielgruppe hat, sich aber trotzdem eine Meinung bilden will.
Nochmal zu den Rundfunkgebühren: Ich habe zwar keine Ahnung, könnte mir aber vorstellen, dass das Team der 'Datteltäter' gewiss nicht überbezahlt wird. Der Verlust für Frau Herz dürfte sich in Grenzen halten.
malte am Permanenter Link
Die Forderung, "Funk" die Rundfunkgebühren zu entziehen, finde ich auch überzogen. Und es mag sein, dass "Datteltäter" auch gute Beiträge bringt. Es geht hier aber um ein konkretes Video.
SG aus E am Permanenter Link
Eines vorweg: Das Video "Sabine kommt zur Rettung!" hat mich jetzt nicht gerade vom Hocker gerissen. Ich gehöre aber auch nicht mehr zur Zielgruppe der – in diesem Fall – wohl eher jüngeren Jugendlichen.
Inhaltlich geht es um 'Zuschreibungen'. Attribution ist ein Begriff und Verhalten, das zu durchschauen für die rassismuskritische Jugendarbeit wichtig ist, den Jugendlichen aber erstmal erklärt werden muss.
Zur Methodik: Die 'Datteltäter' machen öfters Videos, in denen einer Gruppe Thesen vorgestellt werden und gefragt wird: Stimmt oder stimmt nicht? Die Teilnehmenden sollen sich dann rechts oder links positionieren und jede/r soll anschließend sagen, warum er oder sie sich auf diese oder jene Seite gestellt hat. Nehmen Sie also die Vierzehn- bis Sechzehnjährigen Ihrer Nachbarschaft und fragen Sie:
a) Kopftuchträgerinnen werden von ihren Vätern gezwungen. – Wie steht ihr dazu?
b) Nur Nacktheit kann Freiheit sein. – ...
c) Kopftuchträgerinnen sehnen sich danach, befreit zu werden. – ...
These A gibt ein in Deutschland populäres Vorurteil wieder, das die Betroffenen (so nehme ich an) differenzierter sehen.
These C ist interessant formuliert: "sehnen sich danach, befreit zu werden"? Diese Frage könnte man glatt einigen Pädagoginnen stellen.
Mit These B komme ich nicht ganz zurecht. Wieso gleich Nacktheit als Gegensatz zum Kopftuch? Zuerstmal geht es doch nur darum, 'den Kopf frei zu haben'. Bauchfrei als Gegensatz zum Kopftuch hätte nicht gereicht? Wollte man auf den 'Pirelli-Kalender-Blick' anspielen, der in unserer immer noch männerdominierten Gesellschaft für Mädchen mitunter auch unangenehm sein kann? Vielleicht ging es aber auch nur darum, darauf hinzuweisen, dass es Zuschreibungen in beide Richtungen gibt. Jedenfalls passe ich und überlasse es den jungen Leuten, etwas aus der These zu machen.
‹malte› fragte: "Finden Sie es in Ordnung, dass so etwas von einem durch Rundfunkbeiträge finanzierten Format veröffentlicht wird?" – Antwort: "Ja."
malte am Permanenter Link
Die Aussage "Kopftuchträgerinnen werden von ihren Vätern gezwungen" ist sicher verkürzt.
Mit der Frage "Wieso gleich Nacktheit als Gegensatz zum Kopftuch?" sind Sie schon auf der richtigen Spur. Dass Frauen ohne Kopftuch als "halbnackt" bezeichnet werden, zeigt, dass es sich bei den Machern des Clips um religiöse Fanatiker handelt. Anders ist eine solche absurde Aussage nicht zu erklären. Und das wollen Sie anscheinend nicht sehen.
Stellen Sie sich mal folgenden Clip vor: Eine christliche Fundamentalistin im hochgeschlossenen Kleid beschwert sich über die "verlotterten Sitten" und dass die Mädchen heutzutage ja alle "halbnackt rumlaufen" würden. Würden Sie so etwas im öffentlich rechtlichen Rundfunk akzeptieren? Und wenn nicht: Wo ist der Unterschied zum "Alman-Sabine"-Clip?
SG aus E am Permanenter Link
Zu a): "Kopftuchträgerinnen werden von ihren Vätern gezwungen [...] Hier allerdings von einem 'Vorurteil' zu sprechen, halte ich für eine krasse Verharmlosung." — Ich glaube, hier ging es den '
Zu b): Welche Rolle spielt (weibliche) Nacktheit in der mitteleuropäischen Kultur? Die Frage ist gar nicht so dumm: Bedeutet FKK mehr Freiheit oder ist das nur eine randständige Subkultur? Was bedeutet Nacktheit für die Frauen, die in Köln mit bloßem Oberkörper gegen den Muezzin-Ruf demonstrierten? Sollen Hotpants an Schulen verboten werden?
Zu c): Zur These, Kopftuchträgerinnen sehnten sich danach, befreit zu werden haben Sie sich noch nicht geäußert. Sollen wir 'Terre des Femmes' fragen, was die dazu sagen?
—
Ihr Vorschlag, versuchsweise ein anderes Video über Mädchen, die halbnackt herumlaufen, zu konzipieren ist interessant. Spielen wir des doch durch:
Titel: "Sabine kommt zur Rettung!"
Chantal sagt: "Ziemlich kalt heute" (die Szene spielt wohl eher im Winter ... ;-)
Und dann folgt: "Was Sabine versteht ..."
Haben Sie Vorschläge für Vorurteile / Zuschreibungen / Thesen, die anhand dieser Ausgangslage diskutiert werden sollten?
malte am Permanenter Link
Sie reden am Kern der Sache vorbei. Der wesentliche Kritikpunkt an dem Clip ist: Er verbreitet ein islamistisches Narrativ. Es geht nicht um tatsächliche Nacktheit.
Zur These "Kopftuchträgerinnen sehnen sich danach, befreit zu werden": Nein, ich glaube nicht, dass das zutrifft. Und ich denke auch nicht, dass irgendjemand das glaubt, das ist ein Strohmann. Generell sehnt sich niemand danach, (passiv) von einem "edlen Retter" befreit zu WERDEN. Was ich glaube: Wenn eine Frau Kopftuch trägt, ist das in der Regel ein Hinweis darauf, dass sie in unfreien Verhältnissen lebt. Wie eine Frau darauf reagiert, ob sie diese Unfreiheit überhaupt realisiert oder einfach als Selbstverständlichkeit hinnimmt bzw. sogar als Überlegenheit umdeutet, ist individuell verschieden.
bluewhitedotinthesky am Permanenter Link
Dieses Stück Stoff um den Kopf wäre grundsätzlich nicht notwendig ist, ausser fürs Gebet.
diese falschen Dichotomien ehrverletzend für alle sind.