CANBERRA. (hpd) Die australische Premierministerin Julia Gillard von der Labor-Partei gewann nach der Wahlschlappe am 21. August den Machtkampf gegen ihren konservativen Rivalen Tony Abbott und regiert nun mit knapper Stimme das Land. Gillard ist nicht nur bekennende Atheistin, sondern auch Feministin. Ihr Lebenswandel wie auch ihre Ansichten sind Konservativen ein Dorn im Auge.
1961 in Wales geboren, zog Gillard im Alter von fünf Jahren mit ihren Eltern nach Australien. Sie studierte Rechtswissenschaften und Kunst, engagierte sich in der Gewerkschaft und wandte sich nach einer juristischen Karriere im Arbeitsrecht der Politik zu. Seit Oktober 1998 ist Gillard als Abgeordnete der Partei Australian Labor Party im australischen Parlament vertreten. Nach dem überwältigenden Wahlsieg von Labor um Kevin Rudd bei den Bundeswahlen von 2007 wurde sie Stellvertretende Ministerpräsidentin sowie Ministerin für Bildung, Arbeit und sozialen Ausgleich.
Ihr Freimut sowie ihre Ehe- und Kinderlosigkeit stoßen vor allem bei Konservativen auf wenig Gegenliebe. Sie selbst meinte, sie bewundere Frauen, die Kinder und Karriere unter einen Hut brächten, glaube aber nicht, dass sie das gekonnte hätte. Zudem bezeichnet sich Julia Gillard auch öffentlich als „nicht praktizierende Baptistin“ und „nicht religiös“ und sprach bei der Amtsübernahme gegenüber der General-Gouverneurin Quentin Bryce eine „Affirmation“, das heißt keinen Amtseid mit religiöser Referenzierung. Sie ist zudem die erste Frau und die erste unverheiratete Person, die das Amt des Premierministers bekleidet – sie lebt mit ihrem Lebenspartner, dem Friseur Tim Mathieson, zusammen in Melbourne. Eine starke Frau, die sich dank ihrer Intelligenz und harter Arbeit aus kleinsten Verhältnissen bis ganz nach oben gearbeitet hat.
Gillard hatte erst im Juni die Ablösung ihres zunehmend unpopulären Vorgängers Kevin Rudd herbeigeführt, den sie mit einer parteiinternen Revolte aus dem Amt drängte. Ihr war klar, dass sie kein Mandat des australischen Volkes hatte, so dass sie als erstes durch eine Wahl dessen Vertrauen gewinnen musste. Nachdem die Wahl in einem Patt resultierte, konnte die Premierministerin nun mehr unabhängige Abgeordnete von ihrer Politik überzeugen als ihr konservativer Kontrahent Tony Abbott: Zwei von drei unentschlossenen Abgeordneten haben sich nach zähen Verhandlungen auf die Seite der jetzt bestätigten Regierungschefin geschlagen.
Man darf gespannt sein, wie sich die ungewöhnlichen Voraussetzungen der 48jährigen in ihrer Politik niederschlagen werden. Gillard kündigte bereits an, dass ihre zukünftige Regierung Milliarden in die Regionalförderung stecken werde, vor allem in die Renovierung von Krankenhäusern, in die ländliche Infrastruktur und in Bildung. Sie sei darüber hinaus "nicht ängstlich" und habe für die zukünftigen Herausforderungen des Landes "große Ambitionen". Auf jeden Fall wird die Regierung auf Grund der schwachen Mehrheit von einer Stimme fragil sein.
Fiona Lorenz
Premierministerin Julia Gillards erstes Interview nach der Wahl auf ABC News