Was heißt Selbstbestimmung im Alltag? (II)

Initiativen

Demokratische Schule X
Am Infostand der Schule X. Wer sind sie? Was machen sie?
Zwei Lehrer, drei Wissenschaftler und einige Eltern. Seit ungefähr ein und halb Jahren sind sie aktiv dabei, eine Schüle zu gründen. Sie treffen sich zwei Mal pro Woche, haben Arbeitsgruppen gebildet. Die einen sind für den Finanzplan zuständig, die anderen organisieren Veranstaltungen, wieder andere suchen nach Gebäuden, oder haben das Konzept zusammengestellt. Schon beim zweiten Anlauf wurde es genehmigt, von 1.- 10.Klasse. Sie hätten Glück gehabt, denn normalerweise werden so viele Freiräume in einer Schule nicht gebilligt. Nur noch das Gebäude fehle, eins mit Außengelände – das sei wichtig.

Was ist ihre Motivation? Genügt ihnen nicht das schon bestehende Angebot an freien, alternativen Schulen in Berlin?

Ihr Vorbild ist das Sudbury Model, was in seiner radikalen Form hier jedoch nicht durchsetzbar ist.

Als sie ein Buch über Sudbury durchgelesen habe, war das wie eine Offenbarung, so Iris, die Mutter.

Schon von Anfang an sei ihr klar gewesen, dass die Regelschule nicht optimal für ihren Sohn sei. Er sei relativ selbstständig aufgewachsen und diese Eigenständigkeit solle er nicht verlernen.
Quer durch Deutschland seien sie gereist auf der Suche nach freien Lernmöglichkeiten und seien schließlich in Berlin gelandet.

Freie Lernmöglichkeiten bedeute aber nicht automatisch ein gutes Miteinander. Etwas, das sie an dem Sudbury Model schätze. Es gehe um den einzelnen, aber gleichzeitig gebe es den Rahmen der Gemeinschaft, die Schulversammlung als höchste Entscheidungsinstanz.

In einer weiteren freien Schule in Berlin lief es ebenfalls schief. In einem kurzen, undemokratischen Prozess wurden mehrere Kinder und Mitarbeiter hier herausgeschmissen. Und nun dränge die Gründung der neuen Schule, denn es gebe kaum freie Plätze für Jungs in anderen freien Schulen und auf der Regelschule fühle sich ihr Sohn gar nicht wohl.

Das freie Lernen sei nicht nur für die Kinder wichtig, sondern auch für die Mitarbeiter, so Martina, Lehrerin der Schule X. Sie sei kurz davor gewesen, in die Erwachsenenbildung zu gehen, denn sie wollte nicht andere dazu zwingen zu lernen, nicht bestimmen, was zu tun sei. Dann sei sie auf das demokratische Schulmodell gestoßen. Auch für sie eine Freiheit, zusammen mit den Kindern neues lernen zu können, und nicht immer den gleichen Stoff jedes Jahr durchkauen zu müssen..

Ob die Schule antiautoritär sei? Nein, so Jürgen, ebenfalls Mitarbeiter, die Autorität liege ganz einfach nicht bei nur einem Erwachsenen, sondern bei der gesamten Schulgemeinschaft. Das habe nicht nur einen positiven selbst erziehenden Effekt bei den Kindern, sondern verhindere auch, dass die Gräben zwischen den Generationen immer tiefer werden.

Inzwischen hat die Schulinitiative Schule X ein schönes Gebäude gefunden und startet im Dezember. Es sind noch Plätze frei.