Kirchenfinanzierung: Fragen und Antworten

(11) Wer darf Kirchensteuer erheben?

Das Recht, von den Mitgliedern Kirchensteuer zu erheben, ist kein Sonderrecht der katholischen Kirche. Das Grundgesetz bestimmt, dass sämtliche Religionsgemeinschaften dieses Steuererhebungsrecht besitzen, sofern sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind. Bislang machen folgende Religionsgemeinschaften von diesem Recht Gebrauch:
- die (Erz-)Bistümer der Römisch-Katholischen Kirche
- die Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland
- die jüdischen Gemeinden
- das Katholische Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland
- die Freireligiösen Gemeinden
- die Unitarische Religionsgemeinschaft Freie Protestanten.

  • Wenn schon anscheinend bei wikipedia abgeschrieben wurde (Wer kennt denn sonst diese „Unitarische Religionsgemeinschaft Freie Protestanten“), dann sollte von dort auch erwähnt werden: „Dagegen erheben unter anderen die folgenden Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind und deshalb das Recht zur Erhebung der Kirchensteuer haben, keine Kirchensteuer: - die evangelischen Freikirchen, - die orthodoxen Kirchen, - die Zeugen Jehovas, - die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), - die Christian Science, - die Neuapostolische Kirche, - die Christengemeinschaft, - der Bund für Geistesfreiheit, - der Humanistische Verband Nordrhein-Westfalen, - die Freien Humanisten Niedersachsen, - die Humanisten Württemberg, - die Siebenten-Tags-Adventisten. Sie finanzieren ihre Arbeit durch freiwillige Mitgliedsbeiträge.“

 

(12) Wer muss Kirchensteuer bezahlen?

Die Bistümer dürfen nur diejenigen zur Zahlung von Kirchensteuern heranziehen, die ihr angehören. Daher sind für die Kirchensteuerpflicht in allen Kirchensteuergesetzen zwei Kriterien entscheidend: Die Kirchenmitgliedschaft und der Wohnsitz des Kirchenmitglieds. In Deutschland zahlen Kirchensteuer nur Kirchenmitglieder, die lohn- oder einkommensteuerpflichtig sind.

  • Im Großen und Ganzen zutreffend, im Detail – bei der Kirchengrundsteuer, bei dem „Besonderen Kirchgeld in glaubensverschiedenen Ehen“, bei den Pausch- und Pauschalsteuern – aber nicht richtig.

(13) Gibt es auch Mitglieder der katholischen Kirche, die keine Kirchensteuer zahlen?

Ja, denn tatsächlich zahlt nur knapp ein Drittel der Katholiken Kirchensteuer. Wer keine Lohn- und Einkommensteuer zahlt, ist auch kein Kirchensteuerzahler. Das gilt für Geringverdiener, Rentner, Arbeitslose, Kinder, Schüler und Studierende.

  • Hinsichtlich der Rentner ist diese pauschale Antwort unvollständig, denn nicht alle Rentner sind Geringverdiener. Ab Januar 2005 müssen alle Renten zur Hälfte versteuert werden, soweit sie den Jahresfreibetrag von 18.900 Euro (für Alleinstehende) übersteigen. Der zu versteuernde Rentenanteil erhöht sich für jeden neuen Rentner ab 2006 bis zum Jahr 2020 jährlich um zwei Prozent, so dass ein Neurentner im Jahr 2020 80 Prozent seiner Rente versteuern muss. Bis im Jahr 2040 die Rente dann voll versteuert wird, erhöht sich der zu versteuernde Rentenanteil jährlich um ein Prozent.“ Ist der Rentner Kirchenmitglied, muss er entsprechend Kirchensteuer bezahlen, da der einkommensteuerpflichtige Teil einer Rente zur Kirchensteuer herangezogen wird.
  • Auch wenn die Kirchengrundsteuer (10 Prozent des Grundsteuermessbetrages) nur einen sehr geringen Anteil am Kirchensteueraufkommen hat, und nicht von allen Landeskirchen und Diözesen erhoben wird, wurde sie hier vergessen. Sie schafft aber ggf. Ärger, wenn Geringverdiener unter der Steuerfreigrenze liegen,also auch keine Kirchensteuer bezahlen, dann aber für ihr Grundstück sehr wohl noch Kirchengrundsteuer entrichten müssen.

(14) Verdient die Kirche an Arbeitslosen?

Nein, die Kirche bekommt grundsätzlich keine Kirchensteuer von Arbeitslosen. Da Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger normalerweise keine staatlichen Steuern zahlen, zahlen sie auch keine Kirchensteuer.

  • Die Darstellung ist unhistorisch, da viele konfessionsfreie Arbeitslose noch sehr genau erinnern, dass ihnen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes sehr wohl Kirchensteuer abgezogen wurde. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte am 23. März 1994 entschieden: „Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, daß nach § 111 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AFG auch bei Arbeitslosen, die keiner Kirche angehören, bei der Berechnung des Nettoentgelts, nach dem sich die Höhe des Arbeitslosengeldes bestimmt, ein Kirchensteuer-Hebesatz zu berücksichtigen ist.“ Es handelt sich dabei um die gewöhnlich anfallenden Abzüge, für die vom BVerfG bestimmt wurde: „Knüpft der Gesetzgeber bei einer typisierenden Regelung an statistische Erkenntnisse an, muß er aber die weitere Entwicklung beobachten, um wesentlichen Veränderungen rechtzeitig Rechnung tragen zu können. Mit dem vom Gesetzgeber selbst gewählten Ansatz und dem Gebot der Normenklarheit wäre es nicht mehr vereinbar, die Kirchensteuer bei der Berechnung des Nettolohnes auch dann noch als ‚gewöhnlich’ anfallenden gesetzlichen Abzug in Ansatz zu bringen, wenn die Zugehörigkeit zu einer Kirche, die Kirchensteuer erhebt, nicht mehr als für Arbeitnehmer typisch angesehen werden könnte, wenn also nicht mehr eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer solchen Kirche angehörte.“ Da die Mitgliedschaft von Arbeitnehmern in einer Kirche jedoch sich stetig verringerte und statistisch an die 50-Prozent-Marke ging, also keine „deutliche Mehrheit’ mehr darstellt, wird im Zuge der Reform der Bundesanstalt für Arbeit seit dem 1.1.2005 keinem Arbeitslosen mehr die Kirchenlohnsteuer abgezogen. Dieser (fiktive) Abzug der Kirchensteuer bei allen Arbeitslosen hatte teilweise für großen Unmut gesorgt, der die Kirchen jedoch fälschlich beschuldigte, da die Kirchen tatsächlich nichts von dieser (zur Berechnung abgezogenen) Kirchensteuer erhielten. Da diese Änderung geräuschlos vonstatten ging, besteht dazu noch vielfach Informationsbedarf.

 

(15) Verdient auch der Staat an der Kirchensteuer?

Die Kirche zahlt dem Staat im Gegenzug zum Einzug der Kirchensteuer zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens. Die Bearbeitung der Kirchensteuer bedeutet keine große Mehrarbeit für den Staat. Sie reduziert vielmehr die allgemeinen Kosten der Finanzverwaltung. Für die Kirche ist diese Lösung wesentlich kostengünstiger als der Aufbau einer eigenen Steuerbehörde.

  • „Die Bearbeitung der Kirchensteuer bedeutet keine große Mehrarbeit für den Staat“, da die Arbeitgeber und Unternehmen diese Arbeit bereits als Pflicht gegenüber dem Fiskus kostenfrei zu erbringen haben, der sie sich auch als Konfessionsfreie oder Atheisten und auch Andersgläubige (z.B. Muslime) nicht entziehen können.
  • „Für die Kirche ist diese Lösung wesentlich kostengünstiger“, da die Schätzungen, wie teuer eigene Kirchensteuerämter für die Kirchen wären, nach Erfahrungen in Österreich, bis zu 25 Prozent betragen können (EKD-Schätzung: 15 Prozent), so dass das staatliche Inkasso für die beiden Kirchen eine Ersparnis von etwa 1,8 Mrd. Euro bedeutet. Bei einer fairen Geschäftspartnerschaft zwischen Staat und Kirche würde der Staat also nicht durchschnittlich drei Prozent (oder 280 Mio. Euro) für sein Inkasso erhalten, sondern die Hälfte von dem, was die Kirche einspart, d.h. rund 900 Mio. Euro. Dann würde der Staat tatsächlich an dem Inkasso „verdienen“.