Kirchenfinanzierung: Fragen und Antworten

(7) Was zählt zu den Finanzquellen der Kirche?

Wichtigste Finanzquelle der Kirche sind die Abgaben ihrer Mitglieder: die Kirchensteuer. Die Kirchensteuer wird von den Kirchenmitgliedern aufgebracht. Hinzu kommen Spenden und Kollekten. Außerdem gibt es Staatsleistungen in Form von Dotationen und abgabenrechtliche Vergünstigungen. Eine weitere Finanzquelle sind Vermögenserträge (z. B. aus Immobilienbesitz). Allerdings sichert allein das Vermögen der Kirche nicht die Durchführung ihrer Aufgaben, da kein ausreichender Kapitalstock vorhanden ist und das Vermögen im Wesentlichen aus kaum realisierbaren Objekten wie Kirchen, Pfarrhäusern, Gemeindezentren usw. besteht.

  • Wenn es nicht so traurig falsch wäre, könnte man sich darüber amüsieren, dass sogar in den Stabsstellen der katholischen Bischofskonferenz das beträchtliche kirchliche Grundvermögen, die Fonds des Immobiliensondervermögens, der Aktienbesitz und die umfangreichen Rücklagen der Bistümer und das Vermögen der Bischöflichen Stühle nicht bekannt sind.
  • Die wie nebenbei erwähnten „abgaberechtlichen Vergünstigungen“ belaufen sich auf rund 3 Mrd. Euro durch die Absetzbarkeit der Kirchensteuer als Sonderausgabe und weitere 2,9 Mrd. Euro durch Steuerbegünstigungen und steuerliche Absetzbarkeit von Spenden.

(8) Was versteht man unter der Kirchensteuer?

Die Kirchensteuer ist ein Finanzbeitrag der Kirchenmitglieder für ihre Kirche. Sie ist keine staatliche Subvention, sondern ein Mittel der Selbstfinanzierung der Kirche durch ihre Mitglieder. Der Steuereinzug durch die staatlichen Finanzämter wird bezahlt und ist kein Geschenk. Die Kirchensteuer beträgt in der Regel neun Prozent der Lohn- und Einkommensteuer (in einigen Bundesländern acht Prozent). Sie wird über das Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Der Staat erhält für diesen Dienst zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens.

  • Vergessen wurde die kostenlose Berechnung und Überweisung der Kirchensteuern durch die Arbeitgeber und die Verletzung des Grundgesetzgebotes, dass niemand seine religiöse Überzeugung offenbaren muss.

(9) Seit wann gibt es die Kirchensteuer? Weshalb wurde sie eingeführt?

Im Zuge der Neuordnung weiter Teile Europas durch Napoleon wurde die Kirche auf deutschem Gebiet im Jahr 1803 weithin enteignet (auch bekannt als Reichsdeputationshauptschluss). Ihr Besitz ging als Entschädigung an die Landesfürsten, die ihre eigenen Güter an Frankreich abtreten mussten (Säkularisation). Im Gegenzug mussten sich die einzelnen Länder verpflichten, die Versorgung der Kirchen zu übernehmen.

  • Diese Darstellung ist in mehrfacher Hinsicht falsch, entspricht aber dem, was überall zu lesen ist, auch beim Bundesministerium des Innern.
  • Die Kirchengemeinden und alle Einrichtungen der Kirchen, die der Wohlfahrtspflege dienten, behielten 1803 ihren Besitz. Was heißt also „Versorgung der Kirchen“ Gemeint ist die Versorgung der Kirchenfürsten?
  • Die Gebietsverluste an Frankreich sind keine „Säkularisation“.
  • Was hier als „enteignet“ bezeichnet wird, ist die Aufhebung („Säkularisation“) der letzten zwanzig katholischen „geistlichen Territorien“, die als Lehen an das Reich zurückfielen und neu verteilt wurden. Dabei wird von der Bischofskonferenz nicht unterschieden zwischen der „Herrschaftssäkularisation“ der Aufhebung der politischen, weltlichen Herrschaft und der Rücknahme von Gütern, die den Bischöfen zur persönlichen Disposition zur Verfügung standen.
  • Die Verpflichtung der Länder betraf nur den Erhalt der Hohen Domkirchen (Baupflicht) und einer persönlichen Apanage bis zum Lebensende für die „depossidierten“ Fürstbischöfe. Weitere Verpflichtungen wurden im Reichsdeputationshauptschluss nicht fixiert.
  • Spätere Regelungen (Bayern Konkordat 1817) entsprangen den Nützlichkeitserwägungen der nunmehr souverän gewordenen Monarchen (Alimentierung gegen Legitimation), die Bischöfe zur Salbung und Krönung brauchten („Wir von Gottes Gnaden“) anstelle der Belehnung durch den Römischen Kaiser.
  • Mit dem Beginn der republikanischen Demokratie in Deutschland 1918/19 waren diese feudalen Regelungen hinfällig geworden. Die Demokratie in Deutschland beruht auf der „Volkssouveränität“ (Art. 20, 2 GG) und nicht auf religiöser Weihung oder Segnung.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts entschlossen sich die meisten deutschen Länder dazu, diese direkte Pflicht auf die einzelnen Kirchenmitglieder zu übertragen. So entstand die Kirchensteuer nicht als Privileg für die Kirchen, vielmehr entlasteten sich die Länder, indem sie die Kirchenmitglieder belasteten. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde das Kirchensteuerrecht einheitlicher: Die Kirchensteuer orientierte sich nun an staatlichen Steuern wie der Einkommen- und der Vermögenssteuer.

  • Vor Einführung der Kirchensteuer (auf der Gemeindeebene) finanzierten sich die Kirchengemeinden im Wesentlichen aus drei Quellen: Einen Teil musste sich der Pfarrer aus der eigenen Pfründe erwirtschaften (Garten, Acker, Vieh), einen weiteren gab es aufgrund von Kirchenstiftungserträgen und Gebühren (Stolgebühren – von Stola, die der Pfarrer sich für rituelle Amtshandlungen um den Hals hängte) sowie kommunalen Zuschüssen und der dritte Teil bestand aus Spenden. Mit der Industrialisierung begann eine große Arbeitsmigration, z. B. von polnischen Bergarbeitern ins Ruhrgebiet. Für diese Neuankömmlinge wurden auch neue Kirchengemeinden gegründet, die aber keinerlei Pfründe besaßen. In dieser Situation der Knappheit wurde in Preußen (und anderen Ländern) um staatliche Genehmigung einer zusätzlichen Umlage gebeten, die der Staat gewährte. Damit begann die Geschichte der Kirchensteuer, und zwar in unterschiedlichster Bedarfshöhe und als jeweilige Defizitfinanzierung, wenn die übrigen Einnahmen und Spenden nicht reichten.

(10) Welche rechtliche Grundlage hat die Kirchensteuer heute?

Das Recht zur Erhebung der Kirchensteuer ist in der Verfassung niedergelegt.
„Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.“ (Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 137, Abs. 6 Weimarer Reichsverfassung).

  • Das ist richtig, aber diese Verfassungsbestimmung stellt Regeln auf:
  • Kein staatliches Inkasso, nur Zurverfügungstellung der Steuerlisten der Kirchenmitglieder;
  • es ist eine Vergangenheitssteuer (die erst im Nachhinein aufgrund der staatlichen Steuerlisten berechnet werden kann;
  • keine Mitwirkung der Arbeitgeber, d. h. kein Eintrag der Religion auf der Lohnsteuerkarte;
  • Empfänger sind die Ortskirchengemeinden.

Außerdem enthalten vertragliche Absprachen zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften (so genannte Staatskirchenverträge) Regelungen zum Kirchensteuerwesen. Die einzelnen Bundesländer regeln schließlich in speziellen Kirchensteuergesetzen die konkreten Umsetzungsfragen. Die Kirchensteuergesetze der Länder sind Rahmengesetze, die von den Kirchen durch ihre eigenen kirchensteuerlichen Gesetze (Kirchensteuerordnung, Kirchensteuerbeschlüsse) ausgefüllt werden.

  • Ja, es ist schon ein „finanzverfassungsrechtliches Unikat“, die Kirchensteuer in Deutschland. Denn es ist äußerst ungewöhnlich bzw. einmalig, dass der Staat für eine private Organisation deren Zwangsbeiträge eintreibt.
  • Diese internen Regelungen der Kirche als „Gesetze“ zu bezeichnen, grenzt an Größenwahn. Gesetze sind durch ein Parlament zu beschließen und durch eine Verwaltung durchzuführen.