Paradox der Freiheit konfessionsfreier Menschen

tielman_1-_ret_-290911.jpg

Prof. Dr. Robert Tielman / Foto: HVD

OLDENBURG. (hpd/hvd-nds) Eine hohe Resonanz hatte der Vortrag „Motive und Ziele konfessionsfreier Menschen und Organisationen“ von Professor Dr. Robert Tielman, der am 24. September im Kulturzentrum PFL in Oldenburg stattfand.

 

Tielman, emeritierter Hochschullehrer und ehemaliger Präsident der International Humanist Ethical Union (IHEU), unterstützte in den 1990er Jahren den Aufbau des Humanistischen Verbandes Deutschland in Berlin und war dort u. a. auch als Gastprofessor für Humanistische Lebenskunde tätig.

In seinem Vortrag sprach Tielman über die Grundsätze des Humanismus und die Notwendigkeit zur Organisation konfessionsfreier Menschen. Viele konfessionsfreie Menschen definieren Freiheit lediglich als Abwesenheit von Zwängen und als Unabhängigkeit von religiösen oder weltanschaulichen Organisationen.

Tielman zeigte jedoch deutlich auf, dass dieses Verständnis von Freiheit die Gegner der Freiheit stärkt, da diese Haltung den organisierten Institutionen, wie z.B. den Kirchen, ein Machtpotenzial gibt, das letztendlich zur Einschränkung der individuellen Selbstbestimmungsrechte aller führt. Das sei aber fernab von dem, was man eigentlich mit der Entscheidung für die Konfessionsfreiheit erreichen wollte. Er forderte in seiner Rede deshalb konfessionsfreie Menschen dazu auf, sich der Humanistischen Bewegung anzuschließen, um diese Rechte besser zu vertreten. „Humanisten haben einen positiven Freiheitsbegriff, indem sie Regeln akzeptieren, die das Selbstbestimmungsrecht gesellschaftlich sicherstellen und gestalten. Positive Freiheit kann nur existieren, wenn man sich engagiert und organisiert. Das ist das Paradox der Freiheit!“, so Tielman. Der Weg dahin führe für Humanisten über die Einforderung der Gleichberechtigung und in Solidarität mit allen, die für das Recht ihrer individuellen Selbstbestimmung kämpfen.

Durch den Zusammenschluss konfessionsfreier Menschen zu dem Humanistisch Verbond in den Niederlanden hat die humanistische Weltanschauung dort mittlerweile eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung und Gleichberechtigung auf vielen Gebieten erreichen können. Dazu gehört z.B. die humanistische Beratung als weltlicher Gegenpart zu kirchlichen Seelsorgern, humanistische Bildung in Schulen als Alternative zu Religionsunterricht, die Einrichtung einer humanistischen Universität für die Ausbildung der Lehrer und Berater sowie die Gleichberechtigung bei Sendezeiten im öffentlichen Rundfunk. Zu den Aktivitäten humanistischer Organisationen gehört auch die Kritik an irrationalen Dogmen, wie z.B. das kirchliche Kondomverbot oder an der Sexual- und Entwicklungspolitik der Kirchen.

Nach einer lebhaften Diskussionsrunde im Anschluss an den Vortrag bedankte Tielman sich bei den Gastgebern in Deutschland. Er werde gern wiederkommen, um den Ausbau der humanistischen Weltanschauung in Deutschland zu unterstützen, von der er sich erhoffe, dass sie genauso erfolgreich sein wird wie auf internationaler Ebene.

Lutz Renken, Inke Winter