Zahlen bis in alle Ewigkeit?

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Podium im Alten Kaufhaus / Foto: SPD-Pfalz
In der nun anschließenden Gesprächsrunde entgegnete Picker auf die Frage, ob die Entschädigungszahlungen tatsächlich jetzt schon den realen Gegenwert überschritten hätten, dass der Staat ja mit der Wegnahme von Kirchenvermögen gerechterweise auch einen Teil der früheren Aufgaben mit übernehmen musste. Wenn die Zahlungsverpflichtungen in der Weimarer Zeit bisher nicht abgelöst wurden, so liege es möglicherweise an der zu erwartenden hohen Ablösesumme. Jedenfalls hätten die bisherigen Zahlungen noch nicht den wirklichen Wert erreicht. Vergleichsweise sei der „übernommene Kredit“ noch lange nicht getilgt. Mit Rücksicht auf die bestehende Rechtstradition könnten die Rückzahlungen zudem nicht einseitig beendet werden.

Zum fehlenden politischen Willen, den automatischen Zahlungsmechanismus zu unterbrechen, führte Daleiden aus, es schiene so, als ob Staat und Kirche mit dem jetzigen System gut zurechtkämen, so dass keiner von beiden an den bestehenden Konkordaten und Staatskirchenverträgen rühren wolle.

Frerk warf ein, die Parteien hielten sich vermutlich an die Bedrohung von Jürgen Schmude, wonach Eingriffe in das Kirchenrecht, die die Kirchen schwächen würden, zuerst die Parteien selber treffen würden, bevor es dann die Kirchen träfe. Allerdings habe Papst Benedikt XVI. das Thema der Trennung von Kirche und Staat aufgegriffen, aber die deutschen Bischöfe hätten die Diskussion nicht angenommen.

P. Spermann wies darauf hin, dass die lange existierenden Rechtstitel nicht einfach einseitig aufgehoben werden könnten.

Picker erinnerte: auch Regierungen ohne CDU-Beteiligung hätten den verfassungsmäßigen Ablöseauftrag gemäß Weimar Verfassung Artikel 138 bzw. 140 GG nicht durchgeführt.

Daleiden sah eine Ähnlichkeit zu dem verzögerten Fortschreiten bei der Einführung einer Börsen-Transaktionssteuer. Der Interessenkonflikt zöge sich quer durch die Parteien und die Ablösesumme sei im Moment von den Bundesländern nicht zu leisten. Zudem müsse eindeutig geklärt werden, wie hoch dieser Gegenwert tatsächlich sei.

Gesprächsleiter Oliver Lösch ging weiter zur Frage der Benachteiligung anderer freier Träger gegenüber kirchlichen Sozialeinrichtungen.

Dazu machte Daleiden auf ein spezielles Problem in Rheinland-Pfalz aufmerksam: Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip hält sich der Staat zurück, wenn auch kleinere Gruppen die Aufgaben selbstbestimmt lösen können, und vergibt z. B. für Kindertageseinrichtungen finanzielle Mittel. Aber für die Bewilligung von Fördermitteln setze das Ministerium eine relativ hohe Eigenbeteiligung an den Projekten voraus, die nur allein von leistungsstarken Organisationen wie den beiden Großkirchen aufzubringen wären. Dadurch blieben kleinere freie Träger benachteiligt außen vor, weil sie die aufgestellte Hürde nicht nehmen könnten. So seien die Kirchen in der Lage, die ihnen unterstellte Absicht zur Missionierung von Kindern ungehindert zu verwirklichen.

Picker räumte ein, dass dort auch die Religion gefördert würde, betonte aber, die Kinder in Kitas würden dabei nicht unter Druck gesetzt.

P. Spermann unterstützte das mit der launischen Bemerkung, die Kindertageseinrichtungen agierten nicht Rosenkranz schwingend. Ganz im Gegenteil leisteten diese eine schwierige Integrationsarbeit und der Staat verließe sich dankbar darauf, dass zuverlässige Tagespflege stattfände. Außerdem bilde das katholische Heinrich Pesch Haus, zum Nutzen der Gesellschaft, zur Tätigkeit der staatlich anerkannten Tagesmutter aus.

Daleiden stellte klar, dass die Qualität der Kinderbetreuung bei anderen freien Trägerschaften genauso gut sei, wie bei kirchlichen. Allerdings würde auf diesem Sektor die weltanschauliche Zusammensetzung der Bevölkerung in Rheinland-Pfalz nicht angemessen repräsentiert, weil infolge des schon erwähnten Eigenanteilsvorbehalts freie Kinderbetreuungsstätten fehlen würden.

P. Spermann war der Ansicht, dass der Staat sich eben durch solche Voraussetzungen die für zuverlässig angesehenen Sondergruppen selbst auswählt, eine Bemerkung, die den Zwischenruf einer Dame aus dem Publikum auslöste, die Bevölkerung habe so nicht die Chance, sich einen säkularen Kindergarten auszusuchen, und erst recht nicht als Arbeitnehmer.