Religionsfreie Zone 2012 in Köln

hpd20120410b.jpg

Foyer im Filmhaus Köln / Fotos: Christian Brücker

KÖLN. (hpd) Zum fünften Mal fand am Karfreitag im Filmhaus zu Köln eine Religionsfreie Zone statt. Sie war gut besucht und blieb unbehelligt von der Staatsgewalt. Letzteres war nicht selbstverständlich, denn die Feiertagsgesetze werden mittlerweile zunehmend buchstabengetreu umgesetzt.

Wo sich noch vor zehn Jahren niemand dafür interessierte, ob in einer Gaststätte am Karfreitag Musik lief oder der Flipperautomat eingeschaltet war, hagelt es heute Bußgeldbescheide. Selbst die Versammlungsfreiheit muss hinter den christlichen Vorstellungen, wie dieser Tag abzulaufen hat, zurückstehen: In Gießen und Frankfurt wurden Demonstrationen der Piratenpartei gegen das Tanzverbot verboten.

Die vom nordrhein-westfälischen Landesverband des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) ausgerichtete Religionsfreie Zone in Köln hingegen konnte stattfinden. Das Medieninteresse im Vorfeld war groß, die Veranstalter schafften es bis in die Tagesschau.

An der Frage der „Stillen Tage“ entbrennt derzeit ein weiteres Mal der Konflikt darüber, inwieweit der Staat all seinen Bürgerinnen und Bürgern Handlungsvorschriften auf der Grundlage des christlichen Glaubens machen darf.

Gegen „Bevormundung des nichtreligiösen Bevölkerungsanteils“

Denn darum dreht sich die Debatte im Kern, auch wenn der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, in einem Interview behauptete, es gehe nicht um „kirchliche Wünsche“, sondern ganz allgemein um eine „Feiertagskultur“ und an anderer Stelle den Karfreitag als „Gedenktag für die Opfer dieser Welt“ bezeichnet.

Rainer Ponitka, Landessprecher des IBKA NRW, hingegen sprach in seiner Begrüßungsrede auf der Religionsfreien Zone von einer „Bevormundung des nichtreligiösen Bevölkerungsanteils“.

Nach einer Forsa-Studie bekennen sich immerhin 56 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen zu einem selbstbestimmten Leben ohne Religion. Ponitka wandte sich gegen die Pflicht zur Besinnlichkeit, die dieser Bevölkerungsgruppe jeden Karfreitag verordnet wird. Der Protest gegen die Feiertagsgesetzgebung richte sich nicht gegen die Gläubigen. „Alle sollen diesen freien Tag so verbringen können, wie sie wollen“, sagt Ponitka später im Gespräch, wer am Karfreitag in die Kirche gehen möchte, solle dies ungestört tun können. Doch müssten auch diejenigen berücksichtigt werden, die Entspannung beispielsweise bei einem Theaterbesuch finden.

Religulous und „Enttaufung“

Trotz des schönen Wetters waren die beiden Filmvorführungen – „Religulous“ von Bill Maher und der Monty Python-Klassiker „Das Leben des Brian“ – fast ausverkauft. Im Foyer gab es Infostände des Deutschen Freidenker-Verbands und des IBKA, denkladen.de hatte einen Büchertisch aufgebaut. In der Pause zwischen den Filmen fand eine – mittlerweile ebenfalls schon traditionelle – „Enttaufung“ statt, mit der darauf hingewiesen wurde, dass die beiden großen christlichen Kirchen einen Vereinsaustritt bis heute streng genommen nicht akzeptieren und an der Vorstellung, die Taufe sei nicht rückgängig zu machen, festhalten.

Martin Bauer
 

Dazu auch ein kurzes Interview mit Rainer Ponitka