"Aufstände" in der islamischen Welt

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Collage: F. Nicolai

BERLIN. (hpd) In den letzten Tagen machte die islamische Welt wieder mit Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Dieses Mal allerdings nicht mit revolutionären Parolen, sondern mit Protesten gegen die USA und andere westliche Länder. Warum? Was war geschehen?

Im fernen Amerika dreht irgendein ehemaliger Pornoproduzent im Auftrag evangelikaler Christen ein grottenschlechtes Video und stellt Teile davon ins Netz.  Tage, ja Wochen später wird das zum vermeintlichen Anlass genommen für einen neuen "Aufstand" in der islamischen Welt. Ein Vorgehen, das genau dem Muster im Karikaturenstreit entspricht.

Hier wie da wird eine ziemlich dumme – nichtsdestotrotz legitime – Meinungsäußerung eines Einzelnen zu einer Aussage des gesamten "Westens" heraufstilisiert. Und – wie damals – mit erheblicher Zeitverzögerung. Es ist kein Zufall, dass die blutigen Proteste am elften September "ausbrachen".  Dieses Datum wird nicht nur im Westen als historisch erinnert.

Etliche Tage spekulierten die Medien noch über die Macher des Videos und dessen Hintermänner sowie über die, die die "Aufstände" planten. Denn schon allein die Tatsache, dass die "Protestierenden" mit Panzerfäusten und Handgranaten bewaffnet waren, spricht gegen die ersten Vermutungen, dass es sich um spontane Proteste handeln könnte. Und so lag es nicht fern, dass bald die Agenturen meldeten, dass hinter allem Al-Kaida stecken würde; eine These, die bisher noch nicht bewiesen werden konnte.

Dabei wurde nur eines klar; vor allem, wenn man die Stimmen hörte, die in diverse Kameras sprachen: die arabische Revolution hat es noch längst nicht geschafft, den Menschen nahezubringen, was es mit der Demokratie auf sich hat. Denn wenn in den "Stimmen von der Straße" gefordert wird, dass die USA schon das Drehen des Filmes hätte verbieten sollen, dann zeigt das vor allem eines: dass das Recht auf freie Meinungsäußerung noch nicht verstanden wird. Umso weniger das Recht auf künstlerische Freiheit. Hier wird es noch eines langen Lernprozesses bedürfen.

Der Film mit seiner primitiven und rein provokatorischen Botschaft hat genau dass erreicht, was er erreichen wollte: Er wird von ebenso einfach gestrickten Religioten dazu missbraucht, die Werte der Demokratie in Misskredit zu bringen.

Das s,cheint das wirklich Gefährliche an dieser brisanten Situation zu sein. Es macht Angst zu wissen, dass es nur einiger Weniger an den politischen Außenrändern der Gesellschaft benötigt, um Unruhe in die Gesellschaft zu bringen. Was nicht nur die vorsichtigen Demokratisierungsversuche im Nahen Osten gefährdet; sondern auch den Westen daran zweifeln lassen könnte, dass dieser lange Weg zur Demokratie von islamischen Staaten gegangen werden kann.

Wenn Hamed Abdel-Samad in einen Interview sagt: "Wir müssen die Erziehung zum Hass in der muslimischen Welt endlich stoppen", dann gilt das auch in gewissem Umfange für die andere Seite. Insofern ist es ausnahmsweise einmal richtig, wenn Innenminister Friedrich erklärt, die Aufführung des Filmes verhindern zu wollen. Denn Demokratie bedeutet auch, sie zu schützen.

F.N.