Zur Ehre des Größten

Anatomische Merkmale

Weitere typische Merkmale stellen den Walhai in eine eigene Familie: Drei kräftige Rückenkämme ziehen sich auf beiden Seiten des gesamtes Fischkörpers nach hinten und sein Oberkörper ist mit weißen Punkten und Streifen bedeckt. Man mag sich wundern, dass der auf den ersten Blick so anders aussehende Walhai zu derselben Ordnung wie die beiden bodenlebenden Leoparden- und Ammenhaie gehört. Aber der Erstgenannte besitzt ebenfalls ein Spritzloch, ähnliche Kämme auf seinem Körper und ein Fleckenmuster, allerdings schwarz auf gelbem Grund. Letzterer hat dieselben Nasenhöhlen mit Bartel und seine Eikapseln sehen denen des Walhais sehr ähnlich.

Die inneren Organe des Walhais wurden bislang erst selten von Fischkundlern untersucht, denn zumeist war ein gefangener Walhai bereits stark verwest, bevor er der Wissenschaft zur Verfügung gestellt wurde. Man weiß aber, dass die Kehle des Walhais klein und nicht in der Lage ist, größere Stücke zu schlucken, die locker in sein Maul passen würden. Die Leber eines Walhais ist sehr groß: Bei dem 12 m Hai von Bombay wog sie über 1 Tonne! Das sind 9% seines Körpergewichts. Man schreibt den Extrakten seiner Leber eine Anti-Tumor-Wirkung zu.

Die Haut auf dem Rücken der Walhaie ist dicker und zäher als die irgendeines anderen Tieres weltweit! Die Außenhaut besteht aus nach hinten gerichteten, sich überlappenden Zähnchen, die 0,5 mm breit und 0,75 mm lang sind. Das feste Gewebe darunter kann bis zu 14 cm dick sein. Die Haut am Bauch und der Unterseite des Walhais ist wesentlich weicher und nur halb so dick. Es wurde beobachtet, dass ein Walhai, der sich von mehreren Tauchern gestört oder angegriffen fühlte, diesen abrupt den „gepanzerten“ Rücken zukehrte. Allerdings ist auch dokumentiert, dass ein Walhaiweibchen, das von einem Taucher an der Unterseite des Halses und am Bauch gekrault wurde, bewegungslos innehielt und dies offensichtlich fast eine halbe Stunde lang genoss. Die Erkenntnis: Kleiner Mensch und großes Tier reagieren auf Streicheleinheiten ganz ähnlich (!).

Haien wird eine große eigene Heilkraft von Wunden nachgesagt. Das gilt auch für den größten aller Haie, wie der Walhaiforscher Geoff Taylor an einem Tier am Ningaloo-Riff vor Westaustralien nachwies: 1986 filmte er zwei klaffende Wunden an der Körperseite und offensichtliche Haibisse an der linken Brustflosse eines Walhais. Er notierte sich auch typische Narben und seitliche Markierungen an dem verwundeten Tier. Als er denselben Walhai 1993 wieder dort vorfand, waren alle Wunden ohne Narben verheilt.

Neben dem eingeschränkten Seh- und Riechvermögen nutzt ein Walhai sicherlich seinen sechsten Sinn: Wie andere Haie auch besitzt er eine Laterallinie von empfindlichen Poren, die als Bewegungssensoren dienen. Sie beginnt an der Spitze der oberen Schwanzflosse und wandert in der Vertiefung neben dem dritten Kamm zum Kopf. Vor seinen Kiemen sind die Poren noch deutlicher zu erkennen, auch bekannt als die Lorenzinischen Ampullen, ein elektromagnetisches Sensorensystem.

Fortpflanzung

Lange Zeit gab es Irritationen unter den Wissenschaftlern darüber, wie sich Walhaie vermehren. Der Fischer Odell Freeze hatte 1953 im Golf von Mexico eine große Eikapsel im Netz und fühlte, dass sich darin etwas bewegte. Er öffnete die Kapsel mit seinem Messer und fand einen recht lebendiges Walhaibaby. Diese Mitteilung ließ Biologen annehmen, der Walhai sei ovipar, d.h. Eikapseln werden am Meeresboden abgelegt, aus denen die Jungen schlüpfen. Ganz so, wie es auch der Leopardenhai und die Katzenhaie tun. Aber zuvor und nie wieder danach hat man das Ei eines Walhais im Meer gefunden! Katzenhai-Eikapseln werden dagegen häufig angeschwemmt.

Inzwischen vermutet man, dass es sich bei der Walhaikapsel aus dem Golf von Mexico um eine Fehlgeburt gehandelt hat. Denn bei den ovo-viviparen Walhaien schlüpfen die Jungen bereits im Mutterlaib aus ihren Eikapseln und werden lebend mit einer Länge von rund 45 cm geboren. Dies wurde inzwischen mehrfach bei trächtigen Walhaiweibchen nachgewiesen. Anders als Knochenfische, die enorme Mengen an Eiern produzieren, zeugen Knorpelfische nur wenige Nachkommen.

Jugendliche Walhaie sind rund um den Erdball gefangen worden, aber nur kleine, die bis zu 1 m lang waren, sowie größere ab 3 m Körperlänge. Man rätselt immer noch, wo sich denn die Tiere aufhalten, die zwischen 1 m und 3 m lang sind. Im Gegensatz zu den Alttieren schwimmen die jungen Walhaie in Gruppen, wie verärgerte Fischer im Golf von Kalifornien feststellten: Mit offenen Mäulern rammten rund zehn kleine Walhaie, die oberflächennah in dichten Planktonwolken schwammen, vor lauter Fresssucht deren Fischerboote. Auch Prügel mit Rudern stoppte den Heißhunger der etwa 3 m langen Jungwalhaie nicht.

Die Paarung ist nur bei wenigen Haiarten in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet worden, allerdings nicht beim Walhai. Dennoch gilt als sicher, dass sie sich genauso paaren wie die anderen Knorpelfische. Wie alle Haie besitzt der männliche Walhai ein Paar Klasper, das sind zylindrische Organe, die aus modifizierten Bauchflossen gebildet wurden. Während der Kopulation (vermutlich Bauch an Bauch) wird ein Klasper in die weibliche Geschlechtsöffnung (= Kloake) eingeführt. Verbunden mit den Klaspern sind zwei muskulöse Säcke, die unter der Magenhaut nach vorne verlaufen. Vor der Kopulation werden sie mit Meerwasser gefüllt. Während des Geschlechtsakts wird dieses Wasser ausgepresst und schwemmt das Sperma in den weiblichen Eileiter. Bei einem getöteten weiblichen Walhai wurden einmal 16 befruchtete Eikapseln gezählt.

Über die Lebenserwartung des Walhais ist wenig bekannt, denn es wird ja erst seit rund zwanzig Jahren intensiv geforscht. Man vermutet Analogien zum Zyklus bereits erforschter Haiarten: Beim Hundshai dauert es etwa ein Fünftel seiner Lebensspanne, bis er geschlechtsreif wird. Das ist mit zwanzig Jahren, und man hat auch schon hundertjährige Hundshaie nachgewiesen. Vom Walhai weiß man, dass er erst mit dreißig Jahren und einer Länge von etwa 8 m geschlechtsreif wird. Somit kann man durchaus behaupten, dass der größte Fisch auch eines der am längsten lebenden Tiere auf unserer Erde ist ..., wenn man ihn denn lässt.

Taucher vom AURORA-Taucherschiff interviewen einen Fischer und zeigen dann (ab 02:57) Filme mehrerer Walhaie unterhalb des Fischer-Pontons. Unten im Rahmen rechts ist der Vollbildmodus anzuklicken.