FRANKFURT/M. (hpd) Zum Internationalen Frauentag hatten der Zentralrat der Ex-Muslime Deutschland und „Equal Rights Now – Organisation gegen die Frauendiskriminierung im Iran“ zur Tagung „Arabischer Frühling, weibliche Revolution und Säkularismus - Nein zu den Sharia Gesetzen“ an die Universität Frankfurt/Main geladen.
Das Podium der Veranstaltung, die von Nazanin Borumand vom Zentralrat der Ex-Muslime moderiert wurde, war mit prominenten Islamkritikerinnen besetzt. Englischsprachige Beiträge übersetzte Patty Debonitas. Mit mehr als 200 Teilnehmenden war die Konferenz sehr gut besucht.
Im Foyer gab es eine Ausstellung mit Fotos über den weltweiten Kampf von Frauen gegen ihre Unterdrückung.
Zwei der angekündigten Referentinnen, Nawal al Sadawi und Taslima Nasrin, konnten nicht persönlich anwesend sein.
Islam hat keinen Aufklärungsprozess durchlaufen
Die 82jährige ägyptische Feministin Nawal al Sadawi hatte eine Videobotschaft gesandt. Sie hält es für geboten, nicht nur den Islam, sondern jede Religion zu kritisieren. In Europa und den USA konzentriere sich die Kritik auf den Islam als unterdrückerische Religion. Das sei richtig, aber nicht nur der Islam, sondern alle Religionen dienten der Unterdrückung, richteten sich gegen die Frauen und gegen Demokratie. Wichtig sei auch der Kampf gegen Klassenherrschaft. Weltweit müssten die revolutionären Bewegungen zusammenfinden, das sei Feminismus.
Taslima Nasrin, aus Bangladesh stammende Atheistin und Islamkritikerin, lebt zur Zeit in Indien. Der Grund ihrer Abwesenheit: Sie hat Ausreiseverbot aufgrund der Anzeige eines Islamisten und eines infolgedessen vorliegenden Haftbefehls gegen sie. Von ihr wurde ein Brief an die Konferenzteilnehmer verlesen. Sie grüßte ihre iranischen Schwestern – die Organisatorinnen stammen zum überwiegenden Teil aus dem Iran – und betonte, ihre Geschichten seien die gleichen. Seit 25 Jahren seien islamische Fundamentalisten hinter ihr her. Der Islam müsse, wie andere Weltreligionen auch, durch einen Aufklärungsprozess gegen. „Wir sind nicht frei, so lange nicht alle Frauen frei sind.“
Feminismus ist nicht islamisch
Als erste Podiumsteilnehmerin sprach dann die kurdische Frauenrechtlerin Houzan Mahmoud, die aus Irakisch-Kurdistan stammt und in Großbritannien lebt. Sie berichtete, die meisten Jahre ihres Lebens habe sie im Krieg verbracht. Ihre Kritik richtete sie gegen die von ihr so bezeichneten islamofaschistischen Regime, prangerte Kinderheirat und die in Ägypten verbreiteten Jungfräulichkeitstests an. Frauen hätten immer wieder eine wichtige Rolle in bewaffneten Befreiungskämpfen gespielt, aber nach deren Sieg seien sie von der Macht verschwunden. Scharf griff sie den Westen an: Dieser habe keine Probleme mit der Sharia, wenn es den eigenen Interessen diene. Die Forderung nach Abschaffung der Sharia sei allerdings nur in Verbindung mit einem Angriff auf das System sinnvoll. Im Kontext sei auch das angeblich säkulare Regime Saddam Husseins in Wirklichkeit faschistisch gewesen. Houzan Mahmoud wandte sich auch gegen den sogenannten „islamischen Feminismus“, der bei westlichen Feministinnen so beliebt sei. Es werde versucht, Frauen aus muslimischen Kulturkreisen auf ihre Rollen als Musliminnen festzulegen. Aber sie brauche keine Muslimin zu sein, um Feministin zu sein. Wenn Frauenrechte gut für Europäerinnen seien, dann seien sie es auch für andere Frauen. Ausdrücklich griff sie den Kulturrelativismus an und outete sich als Atheistin.
Ohne Religionskritik keine Aufklärung
Die aus der Türkei stammende Necla Kelek war die bekannteste Podiumsteilnehmerein. Von 2005 bis 2009 war sie Mitglied der Deutschen Islam Konferenz. Sie las aus ihrem Buch über den arabischen Frühling und zitierte Journalisten, die im Zusammenhang mit dieser Bewegung von der „Zärtlichkeit der Massen“ sprachen. Nach Marx sei eine Revolution eine grundlegende Umgestaltung. Der Islam sei nicht nur eine sinnstiftende Kraft, also eine Privatangelegenheit, sondern alltagsprägend. Ohne Religionskritik sei Aufklärung nicht möglich.
Schlagwort „Islamophobie“ soll Menschen zum Schweigen bringen
Maryam Namazie, die aus dem Iran stammt und in Großbritannien lebt, ist Bloggerin und Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime Großbritanniens. Vor ihrem Redebeitrag blendeten die Veranstalter ein Video ein, das von ihr mit organisierte Protestaktionen in England gegen Mordanschläge des iranischen Regimes zeigte. In ihrem Vortrag bezeichnete sie Relativismus und Multikulturalismus als faschistisch, eine bei aller notwendigen Kritik an diesen dann doch inflationäre Verwendung des Begriffs „faschistisch“. Die arabischen Revolutionen seine nicht von Islamisten getragen worden. Die islamistischen Forderungen seien vielmehr Ausdruck der Konterrevolution. Die Diskussion um sogenannte „Islamophobie“ sei ein Spezifikum des Westens. In den islamischen Staaten würden die Auseinandersetzungen unter anderen Vorzeichen geführt. Dort müssten Islamkritiker zum Beispiel mit der Todesstrafe rechnen. Gegner des Islam kämen zwar angeblich in die Hölle, aber in Saudi-Arabien könnten Frauen nicht in die Hölle kommen, denn sie seien schon drin.
Alle Religionen seien frauenfeindlich. „Religion tötet!“ müsse man in Anlehnung an Warnungen vor dem Rauchen sagen. Das Christentum habe die Inquisition gehabt, der Islam habe sie. Der Islam sei eine Rechtsaußenbewegung. Das Recht auf Religionsfreiheit sei ein persönliches Recht. Sobald sich der Staat der Religion annehme, bedeute das hingegen das Ende jeder Freiheit. Den Islam charakterisierte sie als vielfältig. Gerade die Islamisten propagierten jedoch die Homogenität der Moslems. Es dürfe kein Appeasement gegenüber dem Islamismus geben. Das Schlagwort „Islamophobie“ sei erfunden worden, um Menschen zum Schweigen zu bringen.
Frauenrechte keine Menschenrechte zweiter Klasse
Zana Ramadani sprach als Vertreterin des internationalen Netzwerks Femen, dessen Aktivistinnen mit flashmobartigen Aktionen patriarchale und sexistische Strukturen anprangern. Aufmerksamkeit erregen sie vor allem durch Auftritte mit nackten Brüsten und auf die nackten Körper aufgemalte Parolen. Gegründet wurde die Bewegung 2008 durch zwei Frauen in der Ukraine. Allerdings wurde Femen wegen fragwürdiger Aktivitäten zu Recht massiv kritisiert, weil sie beispielsweise die Situation von Prostituierten mit der der Juden im Dritten Reich und Bordelle mit Ghettos gleichsetzte. Solche die Vernichtungspolitik der Nazis relativierenden Gleichsetzungen bezogen sich sogar ausdrücklich auf Prostitution generell und nicht nur auf Zwangsprostitution. Ein vorab eingespieltes Video zeigte beispielhaft einige Femen-Aktionen.
Zana Ramadani, Mitbegründerin von Femen Deutschland, stammt aus einer albanischen muslimischen Familie, ist 29 Jahre alt und mit einem deutschen Mann verheiratet. Ihr ist es wichtig, für die Freiheit aller Frauen einzutreten. Nackte Brüste im Kontext der Femen-Aktionen zu zeigen sieht sie als Mittel, das Bild des weiblichen Körpers zu verändern. Das sei ein aggressiver, aber gewaltfreier Protest. Zugleich versteht sie diese Aktionsform als einfachen, aber legitimen Marketingtrick. Kritisch darauf angesprochen, in Berichten über die Aktionen seien immer nur Frauen zu sehen, die dem gängigen patriarchalen Schönheitsideal entsprächen, verwies sie auf die Auswahl durch die Medien, die sich gezielt die entsprechenden Bilder heraussuchten. An den Aktionen selbst seien nämlich auch Frauen beteiligt, die nicht dieses Körperideal repräsentierten.
Sie nannte einige Beispiele für Aktionen, so auf der Berlinale gegen Genitalverstümmelung von Frauen oder Solidaritätsbekundungen für arabische Frauen. Ramadani zählte eine Reihe von Frauenrechtsverletzungen in islamischen Ländern auf. In vielen arabischen Ländern seien Kinderehen normal. Im Iran sei Geschlechtsverkehr mit einem Mädchen erlaubt, sobald sie das siebte Lebensjahr vollendet habe. Die Opfer könne man in den Krankenhäusern sehen. In Marokko werde ein Vergewaltiger nicht bestraft, wenn er sein Opfer heirate, wodurch dann das Martyrium fortgeschrieben werde. Sichtbarer Ausdruck der Unterdrückung sei die Vollverschleierung. Frauenrechte seien aber keine Menschenrechte zweiter Klasse.