Aktive oder passive Sterbehilfe

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Symbolbild / Foto: Verena N. (pixelio)

DEUTSCHLAND. (hpd/fowid) Von der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) wurden in den letzten zehn Jahren mehrere Umfragen zum Thema Sterbehilfe gestartet. Zum einen ging es um die generelle Meinung zu aktiver und passiver Sterbehilfe, zum anderen, ob und welche gesetzlichen Regelungen dafür notwendig sind und wie es sich mit dem Berufsethos der Ärzte in diesem Fall verhält. Die Ergebnisse sind eindeutig.

Im Jahr 2002 äußerte sich eine große Mehrheit der Befragten (82 Prozent) zustimmend zu einer gesetzlichen Regelung der Sterbehilfe in Deutschland. Auch Ältere, Katholiken und Anhänger der CDU/CSU stimmen diesen Fragen mehrheitlich, wenn auch etwas verhaltener zu (ca. 75 Prozent).

Da die Frage nach einer gesetzlichen Regelung auch die Möglichkeit eines Verbotes beinhalten kann, hatte DGHS zwei weitere Fragen stellen lassen, um u. a. auch diesen Aspekt abzuklären.

Zum einen war es die Frage, ob Schmerztherapie und Sterbegleitung als ausreichend angesehen werden, und zum anderen die Frage, an welchem Sterbehilfe-Modell sich die Befürworter einer gesetzlichen Regelung orientieren würden.

Dabei zeigte sich, dass von den Befürwortern einer gesetzlichen Regelung der Sterbehilfe ca. fünf Prozent ein generelles Verbot der Sterbehilfe meinten. Mit anderen Worten: Die Anzahl der Befürworter einer gesetzlichen Regelung und Erlaubnis der aktiven Sterbehilfe beläuft sich auf ca. drei Viertel (78 Prozent) der Bevölkerung.

Drei Viertel (74 Prozent) sprechen sich für weitergehende Möglichkeiten der Sterbehilfe aus und halten die bisherigen Regelungen nicht für ausreichend. Nur ein Fünftel der Bevölkerung (20 Prozent) ist der Auffassung, dass Schmerzlinderung und Sterbegleitung ausreichend seien.

Schweizer Modell eher Vorbild

Hinsichtlich der weiteren Möglichkeiten der Sterbehilfe haben die Schweiz und die Niederlande unterschiedliche gesetzliche Regelungen, an denen sich eine deutsche gesetzliche Regelung orientieren könnte. Bei einer weiteren Umfrage wurde im Jahr 2003 das Schweizer Modell eher als Vorbild für eine deutsche Gesetzgebung angesehen, als das Niederländische.

Die DGHS hat zur weitergehenden Klärung - welche Regelungen in einem deutschen Gesetz den Ansichten der Bevölkerung entsprechen würden - im September 2003 vier verschiedene Regelungen zur Auswahl gestellt.

Sie reichen vom generellen Verbot einer Sterbehilfe, weil es immer bessere Alternativen gäbe, bis zum Tod auf Verlangen und ärztlicher Entscheidung bei einem diagnostizierten Leidensprozess Schwerstkranker, die sich nicht mehr äußern können.

Dabei fand der Vorschlag, die aktive Sterbehilfe auf seltene Extremfälle, also unheilbar Schwerstkranke zu begrenzen, eine eindeutige Mehrheit (61 Prozent). Alle weiteren Regelungsvorschläge fanden geringere Zustimmung. Die Verlagerung in die Kompetenz des Arztes bei Schwerstkranken, die sich nicht mehr äußern können, fand ebenso wenig Zustimmung (26 Prozent) wie die generelle Erlaubnis, wenn der Patient es so wünscht (23 Prozent). Eine Beibehaltung des grundsätzlichen Verbotes wurde 2003 von nur 16 Prozent der Befragten gewollt.

Unseriosität der Deutschen Hospiz Stiftung

Bereits im Jahr 2000 hatte sich die Deutsche Hospiz Stiftung sehr entschieden gegen vorherige Umfrageergebnisse der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben gewandt: „Für Wirbel gesorgt hatte kürzlich eine Forsa - Umfrage, nach der angeblich 81 Prozent der Befragten für aktive Sterbehilfe sind. Dabei waren jedoch die Begriffe Sterbehilfe und aktive Sterbehilfe durcheinander geraten, außerdem wurde suggestiv gefragt.“ Die Deutsche Hospiz Stiftung hatte dazu selber eine Umfrage (bei Emnid) in Auftrag gegeben und kam zu der Aussage: „Die Mehrheit der Deutschen ist gegen aktive Sterbehilfe. 56,6 Prozent wollen stattdessen den Einsatz von Palliativmedizin und Hospizarbeit.“

Leider gibt es in den Hintergrundinformationen zu dieser Umfrage keinerlei Information über die Frageformulierung. Und Auswertungsbeispiele, die unter den Befürwortern der aktiven Sterbehilfe in Abhängigkeit der Parteipräferenz als größte Gruppe 52,0 Prozent „Rechte“ ausweist, disqualifiziert sich selbst, da für diese Gruppe die Fallzahlen (ca. 16 - 18 Befragte) zu gering für eine seriöse Auswertung sind.

Zum anderen unterstützt die Deutsche Hospiz Stiftung indirekt die Umfragen der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben, in dem eine von ihr selbst veranlasste Studie (Emnid-Umfrage 2003) belegt, dass 81 Prozent der Menschen in Deutschland „schnell und plötzlich“ sterben möchten.

Patientenverfügungen

Im Jahr 2007 ging es bei der Forsa-Studie (von der DGHS initiiert) um die Frage nach der Wirksamkeit der Patientenverfügung. Insgesamt hält nur etwa ein Drittel der Befragten die Patientenverfügung für ausreichend, um das Lebensende und das Sterben zu regeln. Über die Hälfte bis zu zwei Drittel halten diese Regelungen nicht für ausreichend. Erstaunlich ist der zwischen 10 und 15 Prozent liegende Anteil derer, die es nicht wissen, entweder weil sie sich mit dem Thema noch gar nicht befasst haben (dies könnte bei den Jüngeren der Fall sein) oder weil sie die verschiedenen Formulierungen und welche davon tatsächlich rechtssicher sind, nicht verstehen.

Auch parteiübergreifend ist eine Mehrheit der Meinung, dass die Patientenverfügung allein nicht ausreicht. Wobei die Mitglieder von SPD, FDP und Linkspartei dort deutlicher Mängel feststellen. Aber andererseits ist ca. ein Drittel der zu den einzelnen Parteien zugehörigen der Meinung, dass dies ausreichend wäre (außer Linkspartei: da sind es nur ca. ein Fünftel).

Hier bedarf es weiterer Aufklärung und einheitlicher Formulierungen, die dann auch von den Ärzten nicht anders interpretiert werden können und dürfen.

Berufsethos von Ärzten und Suizid

Auch im Jahr 2012 wurde vom Forsa-Institut eine Umfrage zur Sterbehilfe gemacht. Hier ging es um den Aspekt, inwieweit Ärzten erlaubt sein sollte, das Leben Schwerstkranker auf Wunsch zu beenden und wie es sich dabei mit dem Berufsethos verhält.

Dabei sind ca. drei Viertel der Bevölkerung grundsätzlich für die Möglichkeit des Eingreifens des Arztes in dieser Hinsicht. Im Osten sind es sogar vier Fünftel. Zudem sind es doch eher die Männer, die dem zustimmen (80 Prozent) als die Frauen (73 Prozent). Bei der Altersstruktur ist auffällig, dass gerade bei den Jüngeren und bei den über 60-Jährigen die Zustimmung etwas verhaltener ist (70 und 72 Prozent).

Für die Jüngeren scheint dieses Thema zeitlich doch zu weit vom gefühlsmäßig natürlichen Tod entfernt zu sein und für die Älteren doch wohl schon zu nah. Der Anteil im mittleren Alter zwischen 45 und 59 kann vermutlich am ehesten zustimmen, weil sie zum Teil bereits diesbezügliche Erfahrungen bei der Betreuung, Pflege und Sterbebegleitung der Eltern/Großeltern gemacht haben.

Und, obwohl die beiden Groß-Kirchen sich vehement gegen eine Sterbehilfe einsetzen, ist die „Gemeinde” wohl realitätsnäher und es sind ebenfalls ca. drei Viertel der evangelischen (76 Prozent) und mehr als zwei Drittel der katholischen Christen (69 Prozent) für eine passive Sterbehilfe durch den Arzt.

Bei der Frage, ob es mit dem Berufsrecht vereinbar sei, dass Ärzten die Möglichkeit gegeben wird, einen Schwerstkranken beim Suizid zu unterstützen, sind es auch mehr als zwei Drittel der Bevölkerung, die der Meinung sind, dass der Arzt dies nach eigenem Wissen und Gewissen entscheiden sollte. Hier sind es vor allem die Älteren (77 Prozent) und die Frauen (72 Prozent), die sich auf den Arzt verlassen möchten. Aber auch Religionszugehörigkeit zu einer der beiden großen Konfessionen hindert die Menschen nicht daran, dem Arzt die Gewissensfreiheit zu überlassen.

Elke Schäfer

Fowid-Datenblatt zum Thema.