MIZ 1/2013 erschienen

ASCHAFFENBURG. (hpd) Mit dem Thema Blasphemie befasst sich Heft 1/2013 der Zeitschrift MIZ, das gerade ausgeliefert wurde. Im Zentrum steht die Funktionalisierung der Gottesvorstellung zur Verhinderung gesellschaftskritischer Diskussionen - auch in christlich geprägten Ländern.

Chefredakteur Christoph Lammers steckt in seinem Editorial das Terrain ab: Blasphemie ist kein Phänomen des Islam, auch in christlich geprägten Ländern gehört sie zur politischen Realität: als Instrument der Herrschenden oder konservativer Gruppen, um emanzipatorische Forderungen zu stigmatisieren. Die tatsächlich existierenden religiösen Gefühlen von Teilen der Bevölkerung werden benutzt, um Debatten zu emotionalisieren und von ihrem sachlichen Kern abzulenken. Theologische und politische Kategorien werden dabei vermischt: Wer die Forderung nach der Gleichberechtigung der Frauen erhebt oder die Autorität der Eltern in Zweifel zieht, stellt damit gleich die ganze göttliche Ordnung in Frage und kann somit als „Gotteslästerer“ etikettiert werden. In Europa gewinnt die Verfolgung von „Blasphemie“ sogar an Bedeutung, obwohl immer weniger Menschen religiös sind.

Lob der Blasphemie

Gegen diesen Trend zeichnet der Kunstpreis „Der Freche Mario“ blasphemische Kunstwerke aus. Im Februar wurde er zum dritten Mal verliehen und aus diesem Anlass sprach MIZ mit Assunta Tammelleo, die den Preis zusammen mit Wolf Steinberger ins Leben gerufen hat. Dabei geht es um die Frage, ob Geschmack der Freiheit der Kunst Grenzen setzen darf, die Schere im Kopf und die Humorlosigkeit der säkularen Szene.

Dass Blasphemie nicht überall als Problem gesehen wird, zeigt ein Blick nach China. Heiner Jestrabek erläutert die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und die philosophischen Traditionen, die dazu geführt haben, dass im Reich der Mitte Religionen seit je viel deutlicher kritisiert werden konnten als in Europa. Im 18. Jahrhundert war der Laizismus der Chinesen sogar Vorbild für die europäischen Aufklärer.

Schule als Konfliktfeld

Bereits in MIZ 2/2012 war über einen bizarren Fall berichtet worden, in dem ein Gericht zwei konfessionslose Kinder zum Besuch des Religionsunterricht verurteilte. In der aktuellen Ausgabe schreibt Rainer Ponitka den zweiten Akt dieses Dramas, denn das OLG Köln hat dieses Urteil bestätigt. Dabei weist er nach, dass das Oberlandesgericht hinter die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zurückfällt.

Dass auch in anderen Bereichen von „Schule“ Handlungsbedarf besteht, wird in dem Interview, das MIZ mit Rainer Ponitka in seiner Funktion als Leiter der „Schul“-Kampagne geführt hat, deutlich. Die Kampagne wird mit dem Erscheinen des Ratgebers „Konfessionslos in der Schule“ im Juni anlaufen und zielt vor allem darauf ab, konfessionslose Lehrer, Eltern und Schüler darüber aufzuklären, wie sie ihre Rechte durchsetzen können.

Einen völlig anderen Aspekt öffentlicher Lehranstalten nimmt sich Roland Ebert vor. Er untersucht die Bemühungen des Berliner Kardinals Rainer Maria Woelki, eine theologische Fakultät in der Hauptstadt zu installieren.

Fragmentierter Antisemitismus

Aktuelle Befunde der Antisemitismusforschung präsentiert der Soziologe Peter Ullrich. Zentral erscheint dabei die Erkenntnis, dass explizit judenfeindliche Positionen auf Einstellungen fußen, die in der Mitte der Gesellschaft weit verbreitet und salonfähig sind. In einem eigenen Kasten setzt sich der Autor mit der Frage auseinander, welche Erklärungen sich für die hohen Antisemitismus-Werte auch bei Konfessionslosen anführen lassen.

In weiteren Beiträgen schreibt Theodor Ebert über die neuesten Entwicklungen im Verfahren über die Konkordatslehrstühle in Bayern (die katholische Kirche hat angekündigt, auf ihre Mitspracherechte bei der Besetzung dieser Professorenstellen zukünftig zu verzichten). und Gunnar Schedel berichtet über den im Januar gegründeten bundesweiten Arbeitskreis der säkularen Grünen.

Daneben gibt es Berichte über säkulare Veranstaltungen und Publikationen, Buchbesprechungen sowie die Internationale Rundschau mit einschlägigen Kurzmeldungen aus aller Welt.

Martin Bauer

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