Wofür stehen… die Freireligiösen?

Beispielbild
Ute Janz / Foto (c) Evelin Frerk
Wichtiger sind uns die Kontakte zu den Mitgliedsverbänden des DFW zum Beispiel zu den Humanistischen Freidenkern Brandenburg, zur IHEYO (International Ethical and Humanist Youth Organisation). Wir rufen auf zur Teilnahme an (Jugend)kongressen des Bündnisses für Demokratie und Toleranz oder der EHF (European Humanist Federation) und arbeiten insgesamt in enger Kooperation mit der EHF. Wenn es zu den „JuHus“ noch keine direkten Kontakte gab, dann hat das vielleicht mit personellen Dingen zu tun.

Aber wir arbeiten in der Tat international in zwei sehr unterschiedlichen Verbänden mit: in der IHEU(International Ethical and Humanist Union) und in der IARF (International Association for Religious Freedom). Beides hat seine je eigene Tradition.

Es ist schon äußerst beeindruckend wie das gemeinsame Anliegen der religiösen Freiheit z.B. bei einem der Weltkongresse geeignet ist, Menschen unterschiedlichster, religiöser und kultureller Herkunft und Überzeugung, in respektvoller, vertrauensvoller aber auch kritischer Zusammenarbeit zusammen zu führen.

Es geht uns ja nicht um eine Abschaffung der Religionen schon gar nicht der Religiosität, die wir, verkürzt gesagt, als das Staunen vor dem Unbegreifbaren verstehen. Wir halten religiöse Menschen nicht per se für geistig zurückgeblieben.

Was wir wollen ist „nur“, dass Religionen den Menschen in seiner geistigen Freiheit nicht gängeln, dass sie die Menschenwürde und die Menschenrechte uneingeschränkt gelten lassen, dass sie anders Glaubende und andere Standpunkt nicht diskriminieren oder gar verfolgen und dass sie sich aus dem Staat heraushalten.

Da ist es durchaus sinnvoll auch nach Verbündeten innerhalb der Religionsgemeinschaften zu suchen, Menschen, die ihre Religionen für entwicklungs- und diskursfähig halten und daran arbeiten.

Wenn Sie die praktische Arbeit der Freireligiösen Jugend in den Blick nehmen, dann werden Sie sehen, dass religiöse Themen und Standpunkte da weniger wichtig sind. Die Veranstaltungen der Jugend – wie übrigens auch der Erwachsenenorganisationen – sind immer offen für alle Menschen. Wichtiger als die religiöse Überzeugung eines Teilnehmers ist die Begegnung, die möglichen Gemeinsamkeiten, gemeinsames Tun, der Mensch.

Natürlich ist unsere Haltung anderen Überzeugungen gegenüber geprägt durch ein kritisches Hinterfragen derselben, aber bei einer Freizeit für Kinder und Jugendliche steht das nicht im Vordergrund. Da geht es um gemeinsame Freizeitgestaltung, kreativ und selbstbestimmt mit viel viel Spaß am Zusammensein: nicht „interreligiös“ sondern zwischenmenschlich. Eine prägende Erfahrung für alle.

Danke, das klärt für mich zumindest einiges. Nun noch eine letzte Frage: Die Freireligiösen in Bayern haben sich schon vor langer Zeit für den Schritt in die Umbenennung „Bund für Geistesfreiheit“ entschieden und ebenso hat sich vor wenigen Jahren – nach einem mehrjährigen internen Diskussionsprozess – die „Freireligiöse Gemeinde Württemberg“ in „Die Humanisten Württemberg“ umbenannt und ist schließlich vor kurzem – nach der Erweiterung als „Die Humanisten Baden-Württemberg“ Landesverband des Humanistischen Verband Deutschlands (HVD) geworden. Das hat auch nach außen die historische Entwicklung und die internen Diskussion deutlich werden lassen. Warum ‚verharren’ die übrigen Freireligiösen Gemeinden auf ihrer Traditionsbezeichnung aus dem 19. Jahrhundert?

Wer sagt denn, dass wir „verharren“? (Ha,ha) Im Ernst. Wir haben an uns selbst als Religionsgemeinschaft von Anfang an den Anspruch gestellt unsere Weltanschauung immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und neuen Erkenntnissen anzupassen. Das macht, wie man an den von Ihnen genannten Beispielen sieht, vor dem Namen nicht Halt.

Im BFGD (Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschland) ist es im Augenblick aber eher so, dass man nach vielen Jahren, in denen die Namensdiskussion eine große und unschöne Rolle gespielt und auch zu Abspaltungen geführt hat, keine Lust mehr auf diese Debatte hat. Ob wir uns freireligiös oder freigeistig, oder freireligiös-humanistisch oder wie auch immer nennen, das bringt uns weder Mitglieder, noch bringt es uns inhaltliche Impulse.

Eine andere Sache ist es, sich, wie die Württemberger, einem anderen Verband anzuschließen – oder geschluckt zu werden? - So ein Zusammenschluss kann sinnvoll sein. Aber man muss auch genau hinsehen, welche Interessen dabei eine Rolle spielen, und sich dann entscheiden, ob man das will.

Wir haben uns vor vielen Jahren mit der Mitgliedschaft im DFW (Dachverband freier Weltanschauungsgemeinschaften) für einen anderen Weg entschieden: nicht Aufgehen in einen anderen Verband, sondern Zusammenschluss gleichberechtigter Verbände und Zusammenarbeit auf allen Ebenen, auf denen sich Synergien nutzen lassen. Bisher sind wir damit sehr gut gefahren. Es hat sich da eine überaus loyale und fruchtbare Zusammenarbeit entwickelt, die getragen ist von einem offenen und vertrauensvollen Dialog. Das werden wir auf keinen Fall aufgeben. – Warum wird eigentlich der HVD nicht Mitglied im Dachverband?

Danke für das Interview

Die Fragen stellte Carsten Frerk