Ghosthunting – Geistern auf der Spur?

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Sebastian Bartoschek, Alexa Waschkau / Foto: Peter Ofenbäck

(hpd) Wie lassen sich Geister, wenn es sie denn gibt, aufspüren? Auch in Deutschland wächst die Zahl derer, die sich mit großem technischen Aufwand bemühen, Kontakt ins Jenseits aufzubauen. Zwei eher skeptische Journalisten haben nun ein Buch über die Szene geschrieben.

Alexa Waschkau, bekannt durch den Podcast Hoaxilla, und Rhein-Ruhr-Skeptiker Sebastian Bartoschek gingen unvoreingenommen an dieses Thema heran, das manchen ein Stirnrunzeln abnötigen dürfte. hpd sprach mit dem Autorenduo über Spukorte, ihre Gesprächspartner und den Einsatz von Technik bei einer Paranormalen Untersuchung.

„Ghosthunting“ – ist das ein modern klingender Anglizismus für den altbekannten Spiritismus mit Séance und Geisterbeschwörung oder verbirgt sich dahinter ein neues Phänomen?

AW: Ja und nein. Die Ghosthunter dieser Tage sitzen nicht in abgedunkelten Räumen um einen Tisch und warten darauf, dass ein Geist seine Aufwartung macht. Tischerücken und Fragen ans Ouija-Board gehören nicht zum Repertoire einer heutigen Geisterjagd.

Aber die Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Spuk nachzuweisen und zu dokumentieren, stehen schon in einer Tradition, die ihre Wurzeln genau in diesem alten Spiritismus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts hat. Oft sind sich die Ghosthunter selber gar nicht darüber im Klaren, woher die „Szene“ im Grunde stammt.

Wie viele Leute betreiben dieses Hobby?

SB: Also in Deutschland sind es derzeit über dreißig Gruppen. Die Größe variiert zwischen zwei und über zehn Mitgliedern. Der Anteil von Frauen und Männern ist interessanterweise fast gleich hoch. Die Szene wächst in Deutschland und man kann annehmen, dass in den nächsten Jahren noch einige Gruppen dazukommen werden.

In Großbritannien hat das Ghosthunting sogar noch einen höheren Stellenwert, da gehören Geister ja schon fast zum guten Ton, wenn man an alte Burgen und Herrenhäuser denkt. In den USA hat das Ghosthunting, wie wir es jetzt aus Deutschland kennen, seinen Ursprung. Dort gibt es Fernsehserien und viele viele Gruppen, die das Ganze „professionell“ betreiben, genau wie in Australien, zum Beispiel. Das Geisterjagen ist also ein internationales Phänomen.

Wie muss ich mir eure Recherchen vorstellen? Wart ihr als „teilnehmende“ Beobachter vor Ort?

SB: Ja, das auch. Ich habe einige Male Ghosthunter „bei der Arbeit“ begleitet. Ich hab mir dabei angeschaut, wie eine sogenannte Paranormale Untersuchung, kurz PU, abläuft, wie die Ghosthunter mit ihren Klienten umgehen – also den Leuten, die glauben, dass es bei ihnen spukt und die die Ghosthunter beauftragen. Und ich habe vor allem viele Interviews mit Mitgliedern verschiedener Gruppen geführt. Das war spannend, weil man schon merkt, dass die Ghosthunter zwar stark von vergleichbaren Gruppen in den USA beeinflusst sind, aber trotzdem im Detail unterschiedlich vorgehen. Einige Gruppen in Deutschland sind sich auch untereinander manchmal nicht so ganz grün.

AW: Dazu kam eine kulturhistorische Recherche, um zu schauen, wie sich der Umgang mit angeblich übernatürlichen Erscheinungen und Spuk im Laufe der Jahrhunderte verändert hat. Wir haben uns verschiedene Bereiche herausgegriffen, wie Spukorte, Spukberichte und natürlich die PU und haben uns ausführlich mit den Wurzeln und Entwicklungen auseinandergesetzt.

Was sind die heutigen Ghosthunter für Leute?

SB: Vielleicht muss man erst mal beschreiben, was sie nicht sind. Nämlich verrückte Professoren, die mit komischen Overalls bekleidet und Gespensterstaubsaugern auf dem Rücken die Nächte unsicher machen. Nein, im Ernst, die Ghosthunter sind ganz normale Leute und keine Spinner. Sie sind Handwerker, Hausfrauen und stehen meist mitten im Berufsleben.

Aber sie haben eben ein ungewöhnliches Hobby. Dahinter steckt natürlich auch eine gewisse Weltanschauung, denn wenn ich nicht ans Jenseits und die Möglichkeit von Geistererscheinungen glaube, muss ich auch nicht versuchen, Spuk auf diese Weise zu erklären.

AW: Die Ghosthunter sind auch keine Abzocker, die den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Wenn jemand sie ruft, weil er fürchtet, dass bei ihm zu Hause ein Geist sein Unwesen treibt, möchten sie in erster Linie helfen. Das ist bei den amerikanischen Gruppen so und hierzulande auch.

Verfolgen die Ghosthunter einen skeptischen Ansatz oder haben wir es mit Geistergläubigen zu tun?

SB: Im Grunde ist beides der Fall. Natürlich schließen die Ghosthunter nicht aus, dass es Geister gibt. Im Gegenteil, Viele hoffen sicher, dass sie es schaffen, den endgültigen Beweis dafür zu erbringen. Aber auf der anderen Seite sehen sie sich selbst als durchaus skeptisch. Sie sind der Meinung, bei ihren Untersuchungen, wissenschaftlich und mit großem technischem Aufwand vorzugehen. Was die Zahl der verwendeten Geräte angeht, stimmt das sogar. Es wird viel gemessen, erhoben und dokumentiert. Die Frage ist nur, wie sinnvoll diese Messungen sind.

Gibt es Plätze, an denen signifikant häufiger Erscheinungen gemeldet werden, oder ist jedes Gebäude eine potentielle Geisterherberge?

AW: Spuk ist immer eng verknüpft mit Geschichte und Geschichten. Bevor die Jagd eröffnet wird, kommt immer die Frage, was am zu untersuchenden Ort im Laufe der Zeit so alles passiert ist, wer dort gelebt, gelitten und geliebt hat, gestorben ist und solche Dinge mehr. Ganz oft stehen im Mittelpunkt des Ghosthunting menschliche Schicksale, die in manchen Fällen über einen langen Zeitraum immer weitererzählt werden. So lange, bis man gar nicht mehr weiß, was Fakt und was Fiktion ist. Die Faustregel ist, je mehr Geschichte(n), desto mehr Berichte von Spukerscheinungen. Da muss man ja nur mal an den Tower von London denken.

Wenn wir an Spukorte denken, haben wir natürlich immer erst mal eine nächtliche Burgruine oder Ähnliches vor Augen. Aber prinzipiell kann auch eine ganz normale Wohnung zum Tummelplatz für Geister werden. Seltener sind Neubauwohnungen betroffen, meist sind die Gebäude schon etwas älter.

Interessant sind auch immer Häuser, die leer stehen und langsam verfallen. Da dauert es dann ein paar Jahre und schon ranken sich Geschichten darum und die Menschen fangen an, merkwürdige Dinge zu sehen.

Und mit welchen Instrumenten versuchen die Ghosthunter, dem Spuk auf die Spur zu kommen?

SB: Da gibt es so einige. Wichtig sind immer Fotoapparat, Tonband- bzw. Diktiergerät und ein Infrarot-Thermometer. Meist haben die Ghosthunter dann auch noch EMF-Messgeräte dabei und manchmal Nachtsichtgeräte und Restlichtverstärker. Gemessen werden elektromagnetische Felder und die Temperatur an verschiedenen Punkten am Spukort. Das hängt mit der Vorstellung zusammen, ein Geist könne sich durch Schwankungen derselben bemerkbar machen. Dazu kommen viele viele Fotos und Audioaufzeichnungen, die hinterher nach ungewöhnlichen Erscheinungen durchforstet werden. Der Datenwust, den die Geisterjäger nach einer Paranormalen Untersuchung vor sich haben, ist oft riesig und die Auswertung kann Tage dauern.

OK, und jetzt mal ganz ehrlich: Wie viele Geister habt ihr bei euren Recherchen gesehen?

AW: Bei mir hat sich leider keiner persönlich vorgestellt, dabei hätte ich noch so viele Fragen! Scherz beiseite, es gibt eine Menge angebliche Geisterfotos, -videos und -stimmenaufzeichnungen, die von den Entdeckern als „der Beweis“ gehandelt werden. Aber schaut man genauer hin, entpuppt sich alles dann doch als Windei.

SB: Ich hab auch keinem Gespenst die Hand geschüttelt. Es ist auch eher de Frage, welche Phänomene man in dem Augenblick ganz klar erklären kann und welche nicht. Und selbst, wenn man Erscheinungen vor sich hat, die man nicht auf Grund der Naturgesetze erklären kann, ist immer noch die Frage, ob die Ursache deswegen ein Geist gewesen sein muss.

Die Fragen stellte Martin Bauer.

Sebastian Bartoschek / Alexa Waschkau: Ghosthunting. Auf Spurensuche im Jenseits. Aschaffenburg: Alibri 2013, 178 Seiten, kartoniert, Euro 14.-, ISBN 978-3-86569-173-6

Das Buch ist auch im denkladen erhältlich.