Papst Franz I. - wer und wie er wirklich ist

Die „Zuspitzung der Causa Limburg" zeigt doch lediglich die „groteske Situation des Verhältnisses Kirche - Staat in Deutschland. Eine ausländische Macht (denn um eine solche handelt es sich beim Heiligen Stuhl) setzt hierzulande ihre Statthalter ein, deren durchaus auskömmliche Gehälter dann mit deutschen Steuergeldern finanziert werden. So legen es mit den christlichen Großkirchen geschlossene Konkordate und Staatskirchenverträge fest. Zusammen mit den darüber hinaus reichlich fließenden Staatsleistungen und Subventionen lässt sich so eine Menge Geld anhäufen, das dann der Erbauung dient. Da kann es natürlich passieren, dass - wie derzeit an der Lahn - die Gläubigen von einer Erbauung nicht gar so erbaut sind. Machen können sie allerdings nichts. Was ebenso auf die Steuerzahler, ja, selbst auf die Kirchensteuerzahler zutrifft". Man sieht: der Glaube versetzt zwar keine Berge, „aber die Kirche immerhin in die komfortable Lage, eine Debatte wie die Limburger auf einem Level zu halten, der jede grundsätzliche Auseinandersetzung über die Verfilzung von Staat und Kirche vermeidet" (der Journalist Ingolf Bossenz in „Neues Deutschland", 15.10.13). Auch dem neuen Papst, wiewohl er aus Südamerika hierher kam, dürfte ja bekannt sein, dass die katholische Kirche in Deutschland gleich nach dem Staat der größte Grundbesitzer ist und dass dieses Vermögen ca. 200 Milliarden Euro beträgt. Davon ließe sich schon eine gewaltige Menge für die Armen in aller Welt bereitstellen.

Wenn es der Papst mit seiner so groß proklamierten Armutsoffensive wirklich ernst meinte, dann müsste er auch die deutschen Bischöfe zur Kasse bitten, denn „der eigentliche Skandal ist doch, dass die Kirche trotz ihres Vermögens nicht darauf verzichtet, ihre Bischöfe von der öffentlichen Hand bezahlen zu lassen. Zumal auch die ganz normalen Geistlichen Zuschüsse zu ihren Gehältern und Pensionen kriegen" (Carsten Frerk, ebd., vgl. auch sein „Violettbuch Kirchenfinanzen") Es ist ein Skandal, dass die deutschen Bischöfe nicht aus ihrer eigenen Privatkasse bezahlt werden, sondern vom jeweiligen Bundesland über die Staatsleistungen an die Kirchen. So erhält Kardinal Meisner in Köln pro Monat rund 11.000 Euro Staatsgehalt. Der Erzbischöfliche Stuhl Köln verfügt schätzungsweise über drei Milliarden an Vermögenswerten.

Jedenfalls zahlt der Staat allein für das Bodenpersonal Gottes auf Erden (die „Affen der Gottheit", „Pharisäer und Falschmünzer der Wahrheit" nannte sie Schiller) 480 Millionen Euro jährlich (nach Frerk, ebd.). Man stelle sich vor: Jesus wäre ein von der jüdischen Hierarchie oder dem römischen Imperium Besoldeter gewesen. Viel wäre ja schon getan, wenn diese reichen Kirchenherren ihre luxuriösen Limousinen verkauften und den Erlös an die Armen weitergäben. Aber auch dazu, dies den Bischöfen zu befehlen, wird sich Franz I. nicht durchringen, so wie er ja sich immer noch mit einer Entscheidung in der Sache des Limburger Bischofs zurückhält.

Da nützt es auch gar nichts und wirkt auf die Dauer unglaubwürdig, dass der neue Papst private Armut vorlebt und in einem Kleinwagen fährt und nicht im Palais des Vatikans wohnt, sondern in einem - allerdings modern ausgestatteten - Gästehaus. Er könnte übrigens wenigstens seinem Vorgänger klarmachen, dass der keine vier Hausangestellten braucht. Wenn Franz I. privat so arm lebt, aber im Grunde als oberster Herr der Kirche über deren immensen Reichtum verfügt, dann erinnert das fatal an das zynische Wort Picassos: „Ich möchte reich sein, um wie die Armen leben zu können".

Die Armen trösten, bedauern, ermutigen, herzen und küssen…

Also, was haben wir zu erwarten? Der neue Papst wird mit Sicherheit weiterhin das Bad in der Menge nehmen, die Armen trösten, bedauern, ermutigen, herzen und küssen, aber nichts wirklich für sie tun. Er wird den Aberglauben der gläubigen Massen nicht dadurch abbauen, dass er auch nur eines der völlig irrationalen Dogmen widerruft. Denn diese Massen sind es doch, die ihm zujubeln. Er wird in der Gegenwart von Priestern weiterhin rigoros verkünden: „Wer nicht mit Christus ist, der ist mit dem Teufel". Er wird zwar vor Journalisten großzügig fragen: „Wer bin ich denn als Mensch, dass ich über Homosexuelle urteilen dürfte?" Aber dass er deshalb die offizielle Lehre des „Katechismus der katholischen Kirche", herausgegeben vom Wojtyla-Papst, niedergeschrieben von seinem damaligen Adlatus Ratzinger, wonach Homosexualität toleriert, homosexuelle Betätigung aber unter Sünde gestellt wird, widerrufen würde, das wird sicherlich nicht der Fall sein. Er wird auch keines der magischen Rituale, Sakramente genannt, aus der kirchenamtlichen, liturgischen Praxis entfernen und er wird bestimmt nicht bei all seiner zur Schau getragenen Demut auf das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes verzichten, geschweige denn auf das des universalen Jurisdiktionsprimats, wodurch die Kollegialität der Bischöfe zu einer Farce wird und sie im Grunde Handlanger und Sklaven des obersten Herrschers in Rom bleiben.

Das Ganze zeigt erneut und zum soundsovielten Male, dass Religion, die in den öffentlichen Raum vordringt, in ihm Geltung, Reichtum und Macht beansprucht, degeneriert und sich korrumpiert. Religion, wenn sie einer hat (man muss sie nicht haben, es kann religiös Unmusikalische geben), ist für den Betreffenden das Privateste, Innerste, Intimste, und damit soll er nicht hausieren gehen, vielmehr sich an das Bibelwort halten: „Wenn du beten willst, geh nicht auf die öffentlichen Plätze, sondern in dein Kämmerlein und sprich dort mit deinem himmlischen Vater". In der Öffentlichkeit hat Religion nichts zu suchen. Wenn sie es tut, wird sie zur kirchlichen Perversion der Religion. Im öffentlichen Raum sollen sich alle ohne Ausnahme an die Menschenrechte und die ethischen Werte des Humanismus halten (vgl. H. Mynarek, Wertrangordnung und Humanität, Essen 2013) und kein Bischof, kein Papst sollte ihnen dabei hereinreden.