Papst Franz I. - wer und wie er wirklich ist

papa_francisco_recien_elegi.gif

Papst Franz beim ersten öffentlichen Auftritt nach seiner Wahl, 13. März 2013 / Foto: Tenan (CC BY-SA 3.0)

ODERNHEIM. (hpd) In Klerikerkreisen recht bekannt ist eine mittelalterliche Anekdote: Ein einfacher, naiver Mönch kommt voller Demut, Unterwürfigkeit und Ergebenheit zum Papst und sagt ihm, wie sehr er ihn bewundere, weil doch auf seinen Schultern die ganze Last der Weltregierung ruhe. Ach, antwortet der Papst, da machst du dir ganz falsche Vorstellungen und viel zu viel Sorgen. Die Machtausübung über die Welt ist gar nicht kompliziert, denn "die Welt will betrogen werden".

Ein Kommentar von Prof. Dr. Hubertus Mynarek

Es klingt angesichts der fast lückenlosen Lobeshymnen auf den neuen Papst in allen Print- und elektronischen Medien fast schon wie eine Blasphemie, wenn ich hier behaupte, dass es sich auch der neue Papst leicht macht, indem er einfach nur lächelt. In dieser Hinsicht hat es der Papst wirklich leichter als die gewöhnlichen Menschen. Wenn diese lächeln, ernten sie nur selten eine freundliche Reaktion oder sie werden für Narren gehalten. Das Lächeln des Papstes aber wirkt magisch, bewegt die Massen zu Begeisterungsstürmen, Nonnen zu Ekstasen mit anschließenden Ohnmachtsanfällen und alle zum Glauben, die Menschheit habe einen neuen Erlöser geschenkt bekommen.

Das päpstliche Lächeln wird auch schon als Tat hingenommen, als echt reformerische Aktion. In der Talkshow zur Affäre des Limburger Bischofs Tebartz-van Elst in der ARD-Sendung vom 13.10.2013 wurde eine katholische Journalistin von Günther Jauch gefragt, welche Reformen denn nun schon tatsächlich von Papst Franz I. durchgeführt worden seien. Die entwaffnende Antwort: Er lächelt nicht nur, er lacht aus ganzem Herzen. Und das sei doch schon eine echte Reform gegenüber dem griesgrämigen, gezwungenen Lächeln seines Vorgängers.

Kein Zweifel, Franz I. ist aktiv, äußerst aktiv. Er tätschelt mit Hingabe Kinder, küsst sie intensiv, lässt sich von Frauen abbusserln und wäscht Obdachlosen die Füße. Das alles wirkt ganz spontan, ursprünglich, herzlich, geboren aus reiner Freundlichkeit und Liebe, völlig ohne hintergründige Absichten oder Pläne. Trotzdem muss diesem Anschein widersprochen werden. Lächeln, Gestik, Küsse, Umarmungen, Streicheleinheiten des neuen Papstes sind Teil eines gut durchdachten, gründlichen Stategiewechsels in der Kirche, der allerdings nicht gänzlich neu ist, sondern immer wieder mal in der Geschichte der Päpste routiniert und raffiniert praktiziert wurde, nicht zuletzt, ja besonders in der Papstgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts.

Nach einem kühl oder kalt erscheinenden Papst, der auch die Gesamtkirche erstarren lässt, kommt ein warmherzig und liebenswürdig scheinender Papst, der das vom Vorgänger zerbrochene Porzellan wieder kitten muss. Nach dem gestrengen, distanzierten, fast unnahbaren, aristokratisch-majestätischen Pius XII. wählten die Kardinäle den gütig lächelnden, gemütlichen Pykniker Johannes XXIII., der die Massen seinerzeit ebenso faszinierte wie jetzt Franz I. Nach dem rigorosen, fast ununterbrochen mit Skrupeln kämpfenden, ängstlich-schüchternen Paul VI., der auch noch den letzten Rest seiner Popularität durch seine Anti-Pillen-Enzyklika verlor, kam (lediglich mit einer Unterbrechung von praktisch nur einem Monat durch den unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommenen Johannes Paul I.) der Wojtyla-Papst Johannes Paul II., der mit seinem Charme wahre Begeisterungsstürme auslöste, und zwar selbst bei Nichtkatholiken und sogar manchen Atheisten. Seiner Charme-Offensive schadete nicht einmal, dass er in dogmaticis ein eiskalter Fundamentalist und in puncto Zölibatsgesetz hartherziger reagierte als alle seine Vorgänger, obwohl er doch aus seiner polnischen Heimat wissen musste, wie viele Priester dort - Zölibatsgesetz hin oder her - mit Frauen zusammenleben. Er selbst war übrigens in dieser Hinsicht auch kein Kind von Traurigkeit gewesen. Und nun erlebten wir gerade vor kurzem, wie nach dem steifen Ratzinger-Papst, der fast unaufhörlich alle Relativismen dieser Welt mit seinem freudlosen Pessimismus geißelte, der neue Sonnenschein auf dem Papstthron erschien: der Italo-Argentinier und Jesuit Bergoglio alias Franz oder Franziskus I.

Trotz seines bezaubernden Lächelns und der permanent durchgehaltenen Liebenswürdigkeit des neuen Papstes ist dieser natürlich auch mit einer gehörigen Prise jesuitischer Schläue ausgestattet. Dem altehrwürdigen Orden der Franziskaner, viel älter als der der Jesuiten, aber oft mit diesen in Rivalitätskämpfe verstrickt, verpasste der neue Papst gleich eine schmerzliche Ohrfeige, indem er sich den Namen des Ordensgründers der Franziskaner zulegte.

Ausgerechnet ein Jesuit nennt sich Franziskus

Außenstehende können kaum ermessen, was das für ein Schlag für die armen Brüder des hl. Franz von Assisi ist. Da haben sie Jahrhundertelang seit dem Mittelalter an der Kultfigur dieses Heiligen gearbeitet, haben ihn durch einen gewaltigen Aufwand in Tausenden von Predigten und Missionsschriften zu einem der größten Heiligen der katholischen Kirche hinaufkatapultiert, haben erreicht, dass er zum alles überstrahlenden Symbol und Patron fast aller Ökologiebewegungen des 20. und 21. Jahrhunderts wurde, dass er sogar von Theologen als starkes Argument benutzt wird, um zu zeigen, dass die Kirche trotz ihrer hochmütigen Lehre vom Menschen als der Tiere und Pflanzen ausbeuten dürfenden Krone der Schöpfung doch etwas für die Ökologie übrig habe und dass vom Glanz des Franz von Assisi zwangsläufig auch eine ganze Portion der Sympathie der gläubigen Massen auf Franziskaner und Kapuziner übergeht, denn auch letztere führen sich auf den Heiligen zurück. Und da kommt nun ausgerechnet ein Mitglied des Jesuitenordens, der seine Aufgabe fast nur der Bekehrung der Intelligenz, in der Mission für die höheren Schichten sah und dem Bettelorden der Franziskaner die Arbeit für die Schwachen und Kranken der Gesellschaft gern überließ, und macht sich zum Anwalt der Armen, der Flüchtlinge, der Obdachlosen, indem er den Franziskanern den Namen ihres Ordensgründers sowie dessen und ihren Ruhm stiehlt.

Das ist also schon ein Meisterstück jesuitischer Schläue und Taktik, aber die beherrschen ja die Jesuiten, die ein paar Jahrhunderte lang der einflussreichste Orden in der Kirche waren, Päpste, Kaiser und Könige berieten und deren Beichtväter stellten, wodurch sie nachgewiesenermaßen oft einen negativen Einfluss auf deren Politik ausübten. Das Wohlwollen der Päpste hatten sie sich ergattert, indem sie den drei Gelübden der Armut, Keuschheit und des Gehorsams, die für alle Orden gelten, noch ein spezielles viertes hinzufügten, nämlich das des absoluten, uneingeschränkten Gehorsams gegenüber dem Papst.

Kein Orden, keine Kongregation hat den Befehl des mittelalterlichen Papstes Innozenz III. („Jeder Kleriker muss dem Papst gehorchen, selbst wenn er Böses befiehlt; denn niemand kann über den Papst urteilen") derart in die Tat umgesetzt wie der Jesuitenorden auf Grund dieses vierten Gelübdes. Das begann gleich mit dem Ordensgründer Ignatius von Loyola, der nach der Devise lebte und handelte: „Um zu der Wahrheit in allen Dingen zu gelangen, sollten wir immer bereit sein zu glauben, das, was uns weiß scheint, sei schwarz, wenn die hierarchische Kirche es so definiert". Als die Generalkongregation der Jesuiten während des Pontifikats Pauls VI. dem Papst ein den modernen Zeiten angepassteres Konzept der Ordensform und -tätigkeit vorlegte und der Papst dieses Konzept kategorisch ablehnte, stellte man dem Obersten der Jesuiten, dem Jesuitengeneral Pedro Arrupe, die Frage, ob dieses Vorgehen des Papstes nicht doch falsch sein könnte. Seine Antwort: „Für uns ist der Papst die Wahrheit".

Der Jesuit Prof. Alighiero Tondi, ein hervorragender Kenner und Funktionär des Vatikans, berühmt geworden durch seinen Ausstieg aus dem Jesuitenorden und seine Flucht vor den Verfolgern in die damalige DDR, schrieb in seinem 1961 im Aufbau-Verlag Berlin herausgegebenen Buch „Die Jesuiten": „Beim Entwurf der Konstitution des Ordens war es das Ziel des Ignatius, dem Vatikan einen klerikalen Organismus zu schaffen, der militärisch aufgebaut und mit einheitlicher Befehlsgewalt, mit blindem, absolutem Gehorsam, mit Wendigkeit in den Bewegungen und starker Schlagkraft ausgestattet ist. Bis zu jener Zeit gab es in der Kirche nichts Derartiges... Deshalb nannte der Gründer diesen Organismus ,Kompanie Jesu'. Aber nach der Lehre des Katholizismus heißt Jesus dienen: dem Vatikan dienen; der Orden ist also eine Kompanie von Soldaten im Dienste des Vatikans". Von den Regeln des Jesuitenordens sagt Tondi, dass diese Regeln, die Art, sie zu interpretieren und zu leben, das alles spiegle „energisch diesen Geist wider, dessen wesentliche Merkmale die Ersetzung der natürlichen Persönlichkeit durch die Persönlichkeit eines Exaltierten, die völlige Einseitigkeit sowohl der Bedürfnisse als auch der Bestrebungen der Menschen, die Unbeugsamkeit und Strenge in der Auffassung und im praktischen Leben und der Fanatismus sind".

Kadavergehorsam

Alle Jesuiten werden gedrillt nach der Regel 32 der Konstitutionen des Ordens: „Alle sollen die freie Verfügung über sich selbst und über ihre Angelegenheiten dem Superior in wahrem Gehorsam überlassen, ihm nichts, auch nicht das eigene Gewissen, verborgen halten, ihm nicht widerstreben, nicht widersprechen und keinesfalls ein seiner Ansicht entgegengesetztes Urteil zeigen.".

Noch schlimmer klingt die Regel 36: „Jeder sei überzeugt, dass, wer unter dem Gehorsam lebt, sich von der göttlichen Vorsehung durch die Superioren so führen und leiten lassen muss, als wäre er ein Leichnam, der sich auf jede Weise drehen und wenden lässt; oder der Stab eines Greises, der dem, der ihn in der Hand hält, überall und zu jedem beliebigen Gebrauch dient".

Wer nach solchen Regeln indoktriniert und manipuliert wird, der kommt aus dieser Zwangsjacke kaum mehr heraus. Tondi hat es am eigenen Leib erlebt. Obwohl er der in aller Öffentlichkeit gefeierte Aussteiger aus dem Jesuitenorden war und in der DDR mit allen möglichen Ehrungen überhäuft wurde, kehrte er dem Arbeiter- und Bauernstaat plötzlich den Rücken und landete wieder reumütig zu Füßen des Heiligen Vaters.

Glaubt irgendjemand, der noch normal und real denken kann, wirklich, dass der Jesuit Bergoglio alias Papst Franziskus I. nach so vielen Jahren des Studiums und der Disziplinierung durch die Oberen seines Ordens weniger indoktriniert und dressiert ist als der ihm intelligenzmäßig überlegene Tondi?

Man sollte auch nicht vergessen, dass sich die Jesuiten immer als die Missionare des Vatikans verstanden, dass es ein wichtiges Motiv ihrer Entstehung war, die wichtigste Waffe des Papstes im Kampf der Gegenreformation gegen Luther, Calvin und Zwingli zu werden und dass ihnen auch tatsächlich von vielen Kirchenhistorikern das Lob zu Teil wurde, am meisten dazu beigetragen zu haben, dass die Reformation territorial und mental zurückgedrängt wurde.

Es kann auch nicht übersehen werden, dass es gerade in diversen Kreisen der Jesuiten spürbar rumorte, weil der Ratzinger-Papst das Kirchenschiff derart in den Sand gesteuert hatte. Also war die beste Lösung, nach der Abdankung Ratzingers einen Jesuiten zum Papst zu machen, der mit enormer Entschlossenheit und dem überwältigenden Charme seines Lächelns den Massen nun das positive Antlitz der Kirche nahe bringt, als Gegenbild zum strafenden, drohenden, verurteilenden Antlitz der Kirche in der Ära Ratzinger. Aber mit Sicherheit haben auch noch die den Jesuiten Bergoglio wählenden Kardinäle ihm zur Bedingung gemacht, dass er als Papst die Kirche retten müsse, indem er ihre Fassade rosiger und blumiger streicht.

Zwei Heiligsprechungen

In seiner ganzen bisherigen Amtszeit von über 100 Tagen hat Franziskus I. seinem Auftrag in jeder Hinsicht entsprochen, ja, er hat ihn sogar überboten, indem er es gleich allen recht macht, selbst den Ultra-Orthodoxen. Hat er doch erklärt, dass er zu Beginn des nächsten Jahres die Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. gemeinsam heilig sprechen werde, womit er zwei Fliegen mit einer Klappe erledigt. Den Erzkonservativen serviert er den Wojtyla-Papst als heilige Kunst- und Kultfigur, den sogenannten Progressiven liefert er den liberaleren Johannes, obwohl auch der in Wirklichkeit die Institution Kirche nicht verändert hat, keine dogmatischen Abweichungen von der „Ewigkeitslehre" der Kirche plante oder beabsichtigte, sondern lediglich durch die Einberufung des II. Vatikanischen Konzils das Aggiornamento, die ‚Verheutigung’ der hoffnungslos veralteten Lehre der Kirche im Auge hatte. Fassadenstreicherei auch da!

Aber vielleicht hatte Franziskus I. neben allen Auftragsdirektiven, die er erhielt, auch noch eine kleine Eigenmotivation für seine Ausrichtung der Kirche auf eine Liebenswürdigkeitsoffensive. Es blieb ihm doch nur eine Alternative zu Ratzinger. Theoretisch, theologisch kann es er mit dem allerdings zu Unrecht so apostrophierten „brillantesten Theologen" Ratzinger nicht aufnehmen. Der hat promoviert, habilitiert, wurde als Professor von einer Universität zur anderen ruhmreich transferiert und hat eine Unmenge Bücher geschrieben. (Vgl. H. Mynarek, Papst-Entzauberung, Norderstedt 2007). Bergoglio, heute Franz I., aber hat nicht einmal seine Dissertation beendet. Folglich blieb dem frisch gewählten Papst nur der Weg des praktischen Erfolges, also der direkte Weg zu den Massen, vor denen der Theoretiker Ratzinger stets eine innere Aversion hegte. Wie sagte es doch einer der besten Kenner des Vatikans Marco Politi in einem Interview: „Ratzinger ist Theologe, Franz Politiker".

Gestenreiche Scharlatanerie

Und als „Politiker" erledigt Franz seinen Auftrag perfekt. Die Medien auf dem ganzen Globus feierten ihn frenetisch, als er zu den mit Mühe und Not geretteten Bootsflüchtlingen auf Lampedusa eilte. Ein Akt tätiger und prompter Nächstenliebe! Falsch! In Wirklichkeit ein Akt verbaler und gestenreicher Scharlatanerie ohne die leiseste Ankündigung realer Hilfsleistungen. Warum öffnet er nicht die fast zahllosen kirchlichen Räume für die Flüchtlinge, die Paläste, geräumigen Altbauwohnungen der kurialen Beamten, die ohnehin nur wenig frequentierten Kirchen, die vielen Vortragssäle, über die die Kirche in Italien verfügt? Allein in Rom soll der Vatikan zwischen 60 und 70 % der Grundstücke dieser Stadt besitzen. Warum spricht Franz I. kein Machtwort zu den reichen Kirchen des Nordens mit Deutschland an der Spitze, deren bequem und luxuriös daherlebenden Bischöfen der Papst aufgrund seines universalen Jurisdiktionsprimats befehlen könnte, den Flüchtlingen, den Obdachlosen, den Ärmsten der Armen kircheneigenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Das wäre eine echte Offensive der Liebe, der Hinwendung zu den Armen! Alles andere ist nur Fassade, Glitzerwerk, substanzloser Rauch. Den Politikern in aller Welt, den Wirtschaftsbossen, den Institutionen der UNO und der EU redet dieser „Prophet" machtvoll ins Gewissen, die Kirche selbst hält er da raus!

Auch Geld stünde ja massenweise zur Verfügung. Denn so verkünden es doch die Herren der Kirche evangeliumsgetreu: „Wo dein Schatz ist, dort ist auch dein Herz" und „Du kannst nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon". Also, wenn Bergoglio alias Franz I. keine leeren Worte versprühen, sondern den Armen tätig helfen will, dann möge er schnellstens als Herr der Kirche und „Stellvertreter Gottes" den Verkauf der milliardenschweren Kunstwerke der vatikanischen Museen anordnen, getreu der Devise seines Meisters: „Wenn du vollkommen sein willst, verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen"!

Auch die Herren Pastoren und Pfarrer, von denen ein großer Teil in Deutschland in großzügig gebauten Pfarrhäusern residiert, könnten ohne weiteres ihre Türen für die Armen öffnen. Nicht zu vergessen die vielen großen Klöster, in denen oft nur noch eine Handvoll Mönche ihr Wesen oder Unwesen treibt.

Wird der neue „Reformpapst" Franz an dem sich abkapselnden Vermögensstatus der Kirche etwas ändern? Mit absoluter Sicherheit nicht. Wie sagte es doch der Gründervater und Chef der italienischen Loge P2, Lucio Galli, der sich rühmen konnte, dass seiner freimaurerischen Loge hohe Kirchenfürsten, Erzbischöfe und Kardinäle, Angehörige des Militärs und führende Geheimdienstleute, zahlreiche italienische Wirtschaftsbosse, Bankiers, Diplomaten wie der christdemokratische Ministerpräsident Andreotti und Journalisten angehörten: „Wie man weiß, nimmt die Kirche, aber sie gibt nicht. Wenn überhaupt, dann empfängt die Kirche Barmherzigkeit, sie gibt sie aber nicht anderen". (Zitat und Kontext dazu bei Mynarek, Der polnische Papst, Kap. „Geldjongleure und Krämerseelen")

Man könnte ja direkt schon ein bisschen Mitleid mit dem Limburger Bischof Tebartz-van Elst haben, der wegen der 31 Millionen Baukosten für sein Bischofspalais in die Bredouille geraten ist und auf den sich jetzt große Teile des Kirchenvolks und auch hohe Kirchenvertreter mit aggressiver Lust stürzen, obwohl letztere damit eigentlich nur von der Tatsache ablenken, dass die meisten Bischöfe in Deutschland noch viel teurere Residenzen bewohnen und obendrein mit noch viel größeren Geldsummen hantieren, die ihnen von unserem Staat bereitwillig zur Verfügung gestellt werden.

Die „Zuspitzung der Causa Limburg" zeigt doch lediglich die „groteske Situation des Verhältnisses Kirche - Staat in Deutschland. Eine ausländische Macht (denn um eine solche handelt es sich beim Heiligen Stuhl) setzt hierzulande ihre Statthalter ein, deren durchaus auskömmliche Gehälter dann mit deutschen Steuergeldern finanziert werden. So legen es mit den christlichen Großkirchen geschlossene Konkordate und Staatskirchenverträge fest. Zusammen mit den darüber hinaus reichlich fließenden Staatsleistungen und Subventionen lässt sich so eine Menge Geld anhäufen, das dann der Erbauung dient. Da kann es natürlich passieren, dass - wie derzeit an der Lahn - die Gläubigen von einer Erbauung nicht gar so erbaut sind. Machen können sie allerdings nichts. Was ebenso auf die Steuerzahler, ja, selbst auf die Kirchensteuerzahler zutrifft". Man sieht: der Glaube versetzt zwar keine Berge, „aber die Kirche immerhin in die komfortable Lage, eine Debatte wie die Limburger auf einem Level zu halten, der jede grundsätzliche Auseinandersetzung über die Verfilzung von Staat und Kirche vermeidet" (der Journalist Ingolf Bossenz in „Neues Deutschland", 15.10.13). Auch dem neuen Papst, wiewohl er aus Südamerika hierher kam, dürfte ja bekannt sein, dass die katholische Kirche in Deutschland gleich nach dem Staat der größte Grundbesitzer ist und dass dieses Vermögen ca. 200 Milliarden Euro beträgt. Davon ließe sich schon eine gewaltige Menge für die Armen in aller Welt bereitstellen.

Wenn es der Papst mit seiner so groß proklamierten Armutsoffensive wirklich ernst meinte, dann müsste er auch die deutschen Bischöfe zur Kasse bitten, denn „der eigentliche Skandal ist doch, dass die Kirche trotz ihres Vermögens nicht darauf verzichtet, ihre Bischöfe von der öffentlichen Hand bezahlen zu lassen. Zumal auch die ganz normalen Geistlichen Zuschüsse zu ihren Gehältern und Pensionen kriegen" (Carsten Frerk, ebd., vgl. auch sein „Violettbuch Kirchenfinanzen") Es ist ein Skandal, dass die deutschen Bischöfe nicht aus ihrer eigenen Privatkasse bezahlt werden, sondern vom jeweiligen Bundesland über die Staatsleistungen an die Kirchen. So erhält Kardinal Meisner in Köln pro Monat rund 11.000 Euro Staatsgehalt. Der Erzbischöfliche Stuhl Köln verfügt schätzungsweise über drei Milliarden an Vermögenswerten.

Jedenfalls zahlt der Staat allein für das Bodenpersonal Gottes auf Erden (die „Affen der Gottheit", „Pharisäer und Falschmünzer der Wahrheit" nannte sie Schiller) 480 Millionen Euro jährlich (nach Frerk, ebd.). Man stelle sich vor: Jesus wäre ein von der jüdischen Hierarchie oder dem römischen Imperium Besoldeter gewesen. Viel wäre ja schon getan, wenn diese reichen Kirchenherren ihre luxuriösen Limousinen verkauften und den Erlös an die Armen weitergäben. Aber auch dazu, dies den Bischöfen zu befehlen, wird sich Franz I. nicht durchringen, so wie er ja sich immer noch mit einer Entscheidung in der Sache des Limburger Bischofs zurückhält.

Da nützt es auch gar nichts und wirkt auf die Dauer unglaubwürdig, dass der neue Papst private Armut vorlebt und in einem Kleinwagen fährt und nicht im Palais des Vatikans wohnt, sondern in einem - allerdings modern ausgestatteten - Gästehaus. Er könnte übrigens wenigstens seinem Vorgänger klarmachen, dass der keine vier Hausangestellten braucht. Wenn Franz I. privat so arm lebt, aber im Grunde als oberster Herr der Kirche über deren immensen Reichtum verfügt, dann erinnert das fatal an das zynische Wort Picassos: „Ich möchte reich sein, um wie die Armen leben zu können".

Die Armen trösten, bedauern, ermutigen, herzen und küssen…

Also, was haben wir zu erwarten? Der neue Papst wird mit Sicherheit weiterhin das Bad in der Menge nehmen, die Armen trösten, bedauern, ermutigen, herzen und küssen, aber nichts wirklich für sie tun. Er wird den Aberglauben der gläubigen Massen nicht dadurch abbauen, dass er auch nur eines der völlig irrationalen Dogmen widerruft. Denn diese Massen sind es doch, die ihm zujubeln. Er wird in der Gegenwart von Priestern weiterhin rigoros verkünden: „Wer nicht mit Christus ist, der ist mit dem Teufel". Er wird zwar vor Journalisten großzügig fragen: „Wer bin ich denn als Mensch, dass ich über Homosexuelle urteilen dürfte?" Aber dass er deshalb die offizielle Lehre des „Katechismus der katholischen Kirche", herausgegeben vom Wojtyla-Papst, niedergeschrieben von seinem damaligen Adlatus Ratzinger, wonach Homosexualität toleriert, homosexuelle Betätigung aber unter Sünde gestellt wird, widerrufen würde, das wird sicherlich nicht der Fall sein. Er wird auch keines der magischen Rituale, Sakramente genannt, aus der kirchenamtlichen, liturgischen Praxis entfernen und er wird bestimmt nicht bei all seiner zur Schau getragenen Demut auf das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes verzichten, geschweige denn auf das des universalen Jurisdiktionsprimats, wodurch die Kollegialität der Bischöfe zu einer Farce wird und sie im Grunde Handlanger und Sklaven des obersten Herrschers in Rom bleiben.

Das Ganze zeigt erneut und zum soundsovielten Male, dass Religion, die in den öffentlichen Raum vordringt, in ihm Geltung, Reichtum und Macht beansprucht, degeneriert und sich korrumpiert. Religion, wenn sie einer hat (man muss sie nicht haben, es kann religiös Unmusikalische geben), ist für den Betreffenden das Privateste, Innerste, Intimste, und damit soll er nicht hausieren gehen, vielmehr sich an das Bibelwort halten: „Wenn du beten willst, geh nicht auf die öffentlichen Plätze, sondern in dein Kämmerlein und sprich dort mit deinem himmlischen Vater". In der Öffentlichkeit hat Religion nichts zu suchen. Wenn sie es tut, wird sie zur kirchlichen Perversion der Religion. Im öffentlichen Raum sollen sich alle ohne Ausnahme an die Menschenrechte und die ethischen Werte des Humanismus halten (vgl. H. Mynarek, Wertrangordnung und Humanität, Essen 2013) und kein Bischof, kein Papst sollte ihnen dabei hereinreden.