Notizen zu Nordkorea (7)

"Ein Tyrann, keine Witzfigur"

BERLIN. (hpd) Erfreulicherweise wurde in den letzten Wochen sehr stark über Nordkorea berichtet. Im Fokus standen allerdings mehr Dennis Rodmans umstrittener Besuch zu Kim Jong Uns Geburtstag und die Eröffnung eines Skiresorts in Nordkorea. Leider lenken diese Anekdoten davon ab, dass Nordkorea eine brutale Diktatur ist. Und wie denken eigentlich die Menschen in Nordkorea darüber?

Weitere Themen: Veränderte Mentalität – weniger Nordkoreaner wollen in der Armee dienen, Bevölkerung soll Devisenreserven abgeben, angespannte Versorgungslage in den Provinzen.

"Ein Tyrann, keine Witzfigur"

Seit der Hinrichtung von Jang Song Thaek erlebt die Berichterstattung über Nordkorea und Kim Jong Un in den deutschen und internationalen Medien einen erneuten Boom. So duften wir in den letzten Wochen lesen, dass der Diktator Nordkoreas ein Basketballspiel inklusive "Happy-Birthday"-Ständchen von seinem "Freund fürs Leben" Dennis Rodman geschenkt bekommen und Kim sein Volk mit einem Ski-Resort beglückt hat.

Rodman und seine Ex-NBA-Kollegen, die von fast allen Seiten für ihre letzte Reise scharf kritisiert wurden und nun anscheinend auch ihren Sponsor verloren haben, haben mit ihrer angeblich völlig unpolitischen "Basketball-Diplomatie" mehr dem Regime als irgendwem anderes gedient.

Anfang letzten Jahres ließ Rodman noch verlautbaren, er würde den Führer Nordkoreas, oder "Kim", wie er ihn nenne, um die Freilassung Kenneth Baes bitten, einem US-Amerikaner, der seit November 2012 eine fünfzehnjährige Haftstrafe in Nordkorea absitzt. Rodman vermittelt unterdessen aber eher den Eindruck, selbst zum Werkzeug nordkoreanischer Propaganda geworden zu sein. In einem Gespräch mit CNN fuhr er den Interviewer an: "Wissen Sie denn, was er [Kenneth Bae] in diesem Land gemacht hat? Warum wird er denn hier festgehalten?" (Dafür entschuldigte sich Rodman allerdings bei der Familie von Bae – er sei betrunken und aufgewühlt gewesen. Er soll sich inzwischen selbst in eine Suchtklinik begeben haben.)

Das mediale Bild von Kim Jong Un

"Kim" wird jetzt auch – ganz nach nordkoreanischem Duktus – als "Marschall" bezeichnet, der "wirklich versucht, sein Land auf positive Weise zu verändern". Rodman hoffe, er könne der Welt zeigen, dass Nordkorea gar nicht so schlimm sei.

Ähnliche Töne kamen von zwei US-Rappern, die kürzlich ein Musikvideo in Nordkorea drehten und von ihren Erfahrungen berichteten. Pjöngjang sei viel sicherer als ihre Heimat Washington DC, man könne dort einfach Fahrrad fahren, ohne Angst haben zu müssen, ausgeraubt zu werden. "Die Leute waren fröhlich, [...] man soll also nicht alles glauben, was man so hört und sich selbst ein Bild machen." Eine löbliche Einstellung, die allerdings voraussetzt, dass man sich in einem Land frei bewegen und seine eigenen Eindrücke sammeln kann, statt diese auf einer staatlich inszenierten Rundreise serviert zu bekommen.

 

Von Boulevardmedien als "Dicktator", vom Spiegel als "Kim Jong Bumm" oder vom Time Magazine als "Lil‘ Kim" bezeichnet, scheint Kim Jong Un der neue "Lieblings-Irre" in den westlichen Medien zu sein, kritisiert die Frankfurter Rundschau. Unter der Überschrift "Ein Tyrann, keine Witzfigur" tadelt der Autor die westlichen Medien. Selbst in Klatschmagazinen sollen Kim und seine Frau Ri Sol Ju auftauchen, als seien sie ein "exotisches Adelsgeschlecht".

Unter allen skurrilen Geschichten um die Kim-Familie gerate in Vergessenheit, dass Nordkorea eine brutale, menschenverachtende Diktatur ist, die ihr Volk unterdrückt und in der es Lager für politische Gefangene und öffentliche Hinrichtungen gibt.

Skiresort und Rodman-Besuch: Was denken die Nordkoreaner?

Die Eröffnung des Skiresort am Masik-Pass wird in den nordkoreanischen Medien als persönlicher Triumph des Machthabers Kim Jong Un gefeiert. Die normale Bevölkerung reagiert allerdings eher mit Desinteresse und bezeichnet die Anlage als "Spielplatz für Kader".

Eine Quelle aus Nordkorea sagt: "Es ist ein Ort für Leute mit viel Geld. [...] Normale Bürger können sich nicht in einem Skiresort vergnügen, denn sie haben keine Freizeit. Natürlich gibt es staatliche Trips, für die man nichts bezahlen muss, aber so etwas passiert nur einmal im Leben, also ist niemand besonders aufgeregt deshalb."

Beim ersten Besuch Rodmans in Nordkorea Anfang 2013 sollen die Nordkoreaner beim Anblick des gepiercten und tätowierten Ex-Basketballspielers sehr schockiert reagiert haben. Körperschmuck wird als Symbol des Kapitalismus gesehen und in Ostasien werden insbesondere Tattoos mit Kriminellen in Verbindung gebracht. Für Nordkoreaner sahen die Basketballspieler daher aus, als seien sie von der "amerikanischen Mafia" und es war ihnen unverständlich, warum diesen "Kobolden" die Ehre zuteil wurde, den Führer zu treffen.