Notizen aus den Niederlanden und Belgien

Niederlande:

Ein neues Freidenkermanifest.

Weil seit 2006 in den Niederlanden Entwicklungen

festzustellen sind, durch die die Meinungsfreiheit bedroht ist und Elemente des demokratischen Rechtstaates abgebaut werden, haben die Freidenker ein Manifest publiziert, dass als ein Vorschlag zum politischen Handeln zu begreifen ist. Wichtige Themen sind z.B.: die freie Meinung, das wissenschaftliche Weltbild, die Trennung von Kirche und Staat, die Abschaffung des privilegierten juristischen Schutzes der Religionen, die Erweiterung der ethischen Felder. <Niederländisch>

Der Staat darf keine Glaubensrichtung schützen

Am letzten Tag der Winterkonferenz des Studentenvereins CSFR der reformierten Kirche sagte Prof. Manenschijn von der theologischen Universität Kampen, dass mit Recht in der Verfassung kein einziger Hinweis auf den Dekalog oder die Bergpredigt erhalten ist: „Gott gefällt es nicht, durch Zwang geliebt zu werden". Mit Sorgen sieht er aber nationalistische Tendenzen wachsen. Eine demokratische Gesellschaft kann nur existieren, wenn weltanschauliche Pluralität als öffentliches Gut verstanden wird. Der Bibeltext „ Man soll Gott mehr gehorchen als den Menschen" ist nicht gegen den Staat, sondern gegen die kirchliche Obrigkeit gerichtet. Antidemokratische Auffassungen von Gläubigen sind zwar nicht strafbar, wenn sie aber unter Berufung auf Gott gegen die gesellschaftliche Ordnung verstoßen, darf der Staat dies nicht tolerieren. <Niederländisch>

Religiosität ist nicht genetisch bedingt

D. Posthuma, Dozentin an der Vrije Universiteit (VU) zu Amsterdam, untersucht das Leben von einzelligen Zwillingen, um den Faktor Erblichkeit zu bestimmen. Fast alle Eigenschaften des Menschen sind ihrer Meinung nach teilweise genetisch bedingt. Die Gene seien aber nur ein Rahmen, in welchem wir selbst unsere Lebensgestaltung eigenverantwortlich wählen können. Klar zeigt sich dabei, dass Religiosität auf keinen Fall genetisch bedingt ist. Hier wirken nur soziale Umfeldbedingungen. <Niederländisch>

Versicherung ist unchristlich

Vor allem in der Region, die ironisch "Bible Belt" genannt wird (Gelderland, Zuid Holland, Utrecht und Zeeland), gibt es eine große Zahl von Menschen, die sich jeder Versicherung verweigern. Es sind meistens Mitglieder der so genannten „bevindelijk" reformierten Kirche. Insgesamt sind das etwa 500.000 Menschen die sogar durch eine eigene politische Partei vertreten werden (Staatkundig Gereformeerde Partij - SGP), die für die Niederlande eine Theokratie anstrebt. Ebenso wie Impfungen wird jede Versicherung abgelehnt, weil das gegen die göttliche Vorsehung verstoße. <Niederländisch>

Neue Erweckung in Europa verlangt

In der protestantischen Kirche wird intensiv über die Frage diskutiert, warum es in den letzten hundert Jahren im Westen keine Erweckungen mehr gegeben hat, warum durch die Predigt keine neuen Gläubigen gewonnen werden konnten. Die Predigten von heute scheinen dafür zu nüchtern und berechnend zu sein und sollten durch echte Erweckungspredigten ersetzt werden: Nicht das, was die Menschen heute hören wollen sei das Thema, sondern das, was der heilige Geist sage. <Niederländisch>

Bischof gegen Pissoir

Der Bischof von Den Bosch widersetzt sich dem Bau eines Pissoirs gegenüber seiner Wohnung. Das ist keine sehr „frische" Idee, meint er. Er bedauert allerdings, dass seine Bitte um Neudisponierung der Bauarbeiten öffentlich gemacht worden ist. <Niederländsich>

Psychologische Hilfe für die Frau des Pastors

Ehefrauen von Pastoren sind auf Grund spezieller Bedingungen der Privatsphäre häufig zwischen den Interessen der Gemeinde, des Ehemanns und der Kinder eingeklemmt. Sie fühlen sich öfters unverstanden und einsam. Um diese konfliktreiche Situation zu erleichtern richtet die Kirche nun einen speziellen Dienst zur psychologischen Unterstützung der Pastorenfrauen ein. <Niederländisch>

Kredite für Amsterdamer Bordelle?

Der Niederländische Bankenverein (NVB) will diese Woche mit dem Bürgermeister von Amsterdam über die offizielle Finanzierung von Prostitutionsbetrieben reden. Der Bürgermeister will über diesen Weg die Branche sowohl moralisch als auch finanziell sanieren und reagiert damit auf die Proteste gegen Schließungspläne (hpd berichtete). Als größtes Problem stellen sich die mangelhafte Transparenz der Buchhaltung und die schwierige Risikohaftung heraus. Um den „rosa Kiez" zu retten sollten aber auch die dortigen Wohnungsbaugenossenschaften das Projekt unterstützen. <Niederländisch>

 

Belgien:

Muslimische Gefängnisgeistliche werden bezahlt

Der belgische Staat entlohnt ab diesem Jahr 27 moslemische Gefängnisgeistliche. Zurzeit werden sie noch durch die Staatssicherheit „gescreent". Bis jetzt arbeiteten sie auf freiwilliger Basis. <Niederländisch>

Die Flämische katholische Kirche bestattet durch Sterbehilfe Verstorbene

Nach den Konflikten um die Bestattung von Piergiorgio Welby in Italien, erklärte der Sprecher von Kardinal Danneels, dass flämische Priester auch Menschen bestatten, die durch Sterbehilfe gestorben sind. Auch der Papst habe dazu keine gegenteiligen Richtlinien bekannt gegeben, ließ der Kardinal verlauten. <Niederländisch>

Besuch des Anne Frank-Hauses als Strafe

Zehn junge Menschen türkischer Herkunft aus Beringen, die jüdische Jugendliche mit Steinen angegriffen hatten, haben einen Tag ihrer Strafe von einer Woche gesellschaftlicher Arbeit für einen Besuch des Anne Frank-Haus in Amsterdam genutzt. Sie wurden vom flämischen Arbeitsminister begleitet. <Niederländisch>

 

Rudy Mondelaers