BERLIN. Kinder haben etwas zu sagen? Sie dürfen mitreden?
Sie haben eigene Rechte? Die körperliche Züchtigung ist moralisch verwerflich? Solches Urteil ist noch gar nicht alt! Um 1900 schockierte Ellen Key alle bürgerlichen Eltern und Anhänger der damals noch nicht so genannten „schwarzen Pädagogik“ mit der Mitteilung, das „Jahrhundert des Kindes“ breche aus. Das ist tatsächlich so gekommen, wenn auch anders als von der schwedischen Freidenkerin Ellen Key gedacht. 1924 beschloss die Generalversammlung des Völkerbundes in ihrer „Genfer Erklärung“ erstmals Kinderrechte. Das Grundgesetz übernahm Teile davon in den Grundrechten und beim Schutz der Familie.
Vieles entwickelte sich langsam: Erst 1973 wurde in der Bundesrepublik die körperliche Züchtigung an Schulen verboten (was in Bayern nach einem OLG-Urteil aber gewohnheitsrechtlich fortbestand).
Die Kinderrechte sind in 54 Artikeln der „UN-Konvention über die Rechte des Kindes“ festgeschrieben. Sie fixieren, wie die Menschenrechte, universelle Werte als Orientierung für das Leben aller Kinder.
"Fit für Kinderrechte in Entwicklungsländern und bei uns" nannte sich in diesen Tagen ein aktuelles Projekt im Lebenskundeunterricht, das der Humanistische Verband Deutschlands mit Unterstützung von InWent (Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH) durchführte. Acht Lebenskundegruppen haben sich in den letzten Monaten mit diesem Thema beschäftigt.
Dieses Projekt wurde in diesem Jahr bereits zum dritten Mal durchgeführt und fand im Rahmen der Aktionstage des HVD, Landesverband Berlin, gegen Armut und soziale Ausgrenzung unter dem Motto „Wir bekennen Farbe“ vom 19. bis 25. März statt. Die Auswertung, alle Schüler/innen füllten dazu Fragebögen aus, liegt jetzt vor.
120 Zehn- bis Zwölfjährige aus acht Lebenskundegruppen verschiedener Berliner Grundschulen widmeten sich in einem Langzeitprojekt diesem Thema. Für sie ganz wichtig war die Frage, ob es dabei allein um die Realisierung von Kinderwünschen geht. Dass hier nicht das neueste Handy, das aktuellste Computerspiel oder moderne Markenjeans gemeint waren, wurde allen schnell klar. Geht es doch viel mehr und vielerorts um das Recht auf Überleben, auf Nahrung, Entwicklung, Bildung, auf Schutz vor Vernachlässigung und Missbrauch, vor Armut, Ausgrenzung und Gewalt. Dabei lernten die Schüler/innen die Kinderrechtskonvention der UN kennen, bezogen die Kinderrechte auf die Situation von Kindern in Entwicklungsländern, verglichen diese mit Erfahrungen aus ihrem eigenen Lebensumfeld und überlegten, wie man andere Kinder und Erwachsene auf die Umsetzung der Kinderrechte aufmerksam machen kann.
Der 22. März war Höhepunkt und zugleich feierlicher Abschluss des Projektes „Fit für Kinderrechte in Entwicklungsländern und bei uns“.
Hierzu trafen sich alle beteiligten Schüler/innen und Lehrer/innen zu Workshops wie „Pantomime“ und „Akrobatik“, in denen auf „körperlich-kreativem Weg“ die Kinderrechte thematisiert und präsentiert wurden. Großer Andrang herrschte auf dem „Markt der Möglichkeiten“, bei denen jede Lebenskundegruppe ihre Arbeitsergebnisse aus dem Unterricht in Form von Aktivitäten darboten. Bei einem Rundgang konnten die Schülerinnen und Schüler unter vielen Angeboten auswählen, zum Beispiel ihr eigenes Kinderrechte-Buch anfertigen, Bild 4, Bälle aus Wegwerfmaterialien basteln, Quizfragen an einer Kinderrechte-Mauer beantworten. Ein Nachempfinden von Kinderarbeit bot sich bei der Herstellung von Papiertüten, Bild 3. Sich in die Situation von blinden Menschen hinein zu versetzen und die Kinderrechte aus der Gebärdensprache zu übersetzen, war ein sehr interessantes Angebot der Lebenskundegruppe einer Schule für Gehörlose.
Was für unsere Kinder besonders wichtige Kinderrechte sind, zeigten die Ergebnisse der Kinderrechte-Wahl, Bild 2: „Das Recht auf eine Familie“ und „Das Recht auf Schutz im Krieg und auf der Flucht“.
Für die Schüler/innen war das gesamte Projekt eine Bereicherung. Besonders gut angekommen ist die spielerische Vermittlung des Themas. Lernen kann man eben auf so vielfältige Weise und das macht Spaß.
Eva Ellerkmann