Der 20. Juli 1944

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Gedenkstätte Stauffenbergstraße
Gedenkstätte Stauffenbergstraße, Foto: © Evelin Frerk

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Innenhof des Bendler-Blocks
Innenhof des Bendler-Blocks, Foto: © Evelin Frerk

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Gedenkstein an der Erschießungsstelle
Gedenkstein an der Erschießungsstelle, Foto: © Evelin Frerk

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Gedenkstätte Stauffenbergstraße
Gedenkstätte Stauffenbergstraße, Foto: © Evelin Frerk

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Gedenkstätte Stauffenbergstraße
Gedenkstätte Stauffenbergstraße, Foto: © Evelin Frerk

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Gedenkstätte Plötzensee
Gedenkstätte Plötzensee, Foto: © Evelin Frerk

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Gedenkstätte Plötzensee
Gedenkstätte Plötzensee, Foto: © Evelin Frerk

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Gedenkstein auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof Berlin
Gedenkstein auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof Berlin, Foto: © Frank Nicolai

HAMBURG. (hpd) Gestern jährte sich der 20. Juli 1944 zum 70. Mal. Über den Verlauf dieses historischen Tages muss vermutlich kein Leser mehr informiert werden. Der Attentatsversuch auf Hitler scheiterte, die Putschisten wurden noch in der Nacht oder in den kommenden Monaten hingerichtet. Das Deutsche Reich hatte noch fast ein Jahr Bestand, in dem es seine Kriegsverbrechen in ungeminderter Härte fortsetzte.

Dem interessierten Leser bleiben höchstens kleine Details verschlossen, einen groben Überblick über “Operation Walküre” hat er. Spannend ist nur noch die Frage nach der Bewertung der Männer des 20. Juli, allen voran der Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Vor mir hat sich beim hpd bereits der Potsdamer Freidenker Frank Baier an einer solchen Bewertung versucht. Mein Vorredner geht mit den Männern des 20. Juli hart ins Gericht. Ja, ein Urteil darf streng sein – aber eben nicht pauschal. Ja, Baiers Ausführungen sind in weiten Punkten korrekt Viele der Männer des militärischen Widerstands hatten eine antidemokratische Gesinnung, sie begrüßten Hitlers Aufstieg zur Macht, sie verübten selbst massive Kriegsverbrechen und waren erst spät dazu bereit, den Führer auszuschalten. Dennoch ist das Bild, das Baier von den Männern des 20. Juli zeichnet, zu schwarz. Genauso gibt es entlastende Argumente.

Eine antidemokratische Gesinnung wird heute negativ bewertet. Aber wir gelangen nur deshalb zu diesem Schluss, weil wir die Demokratie positiv bewerten. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert bot sich ein anderes Bild. Leuchtende demokratische Vorbilder gab es nur in Nordeuropa. Großbritannien und die USA (Stichwort Kolonialismus und Rassentrennung) wären nach heutigen Maßstäben nur eingeschränkt als Demokratien zu bezeichnen. Die meisten Staaten Ost- und Südeuropas, schließlich dann Deutschland waren zu Autokratien hinabgerutscht. Auch Frankreich erlebte in den 30er Jahren schwere parlamentarische Zerreißproben. Demokratie war für viele Menschen der damaligen Zeit ein Inbegriff der Instabilität. In der Weimarer Zeit jagte eine Neuwahl die nächste. Der Wunsch nach Stabilität war also nur logisch.

Viele Angehörige der Reichswehr wünschten sich die Monarchie zurück. Aus heutiger Sicht ein schwerer Fehler. Man denke nur an Kaiser Wilhelm II., der mit seinem unsicheren Auftreten auf der Weltbühne eine Mitschuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs trägt. Fairerweise muss man aber berücksichtigen, dass die Zustimmung zum abstrakten Konzept der Monarchie etwas anderes ist als die Bejahung konkreter Verfehlungen des einzelnen Monarchen. Monarchistische Gegner Hitlers sahen sich in ihrer Haltung bestätigt, denn dieser hätte die Macht ohne Zustimmung des Volkes nicht an sich reißen können. Ein starker Kaiser war in ihren Augen der beste Schutz vor einem brutalen Diktator. Natürlich ist eine Monarchie unserer heutigen Demokratie weit unterlegen.

Aber nicht die Bundesrepublik kann der Maßstab sein, wenn wir die Motive der Widerstandskämpfer beurteilen, sondern nur das Dritte Reich. Verglichen mit dem terroristischen NS-Staat wäre eine Monarchie eindeutig das geringere Übel gewesen. Gänzlich undemokratisch war das Kaiserreich zudem nicht, eine (vergleichsweise schwache) Parteienlandschaft gab es.

Doch nicht alle Männer des 20. Juli trauerten Wilhelm II. hinterher. Einige von ihnen, darunter auch Stauffenberg, begrüßten 1933 die Machtergreifung Hitlers. Inhaltlich gab es große Überschneidungen. Von der geplanten Wiederaufrüstung hätten die Offiziere am meisten profitiert. Die Rückforderung der in Versailles verlorenen Gebiete fand im Militär großen Anklang. Natürlich betrachten wir diese Positionen Stauffenbergs heute mit Sorge. Zustimmung zu Vernichtungskrieg und Völkermord dürfen wir jedoch nicht aus ihnen herauslesen. Stauffenbergs Sympathien für Hitler waren kein Verbrechen, sondern Fehler. Fehler, von denen man sich reinwaschen konnte, wenn man aus ihnen lernte und die entsprechenden Konsequenzen zog.

Indirekt gibt auch Baier dies zu, denn er erwähnt die Geschwister Scholl als die besseren Helden. Hans Scholl war jedoch in den 30er Jahren überzeugter Nationalsozialist, der mit Freude in der Hitlerjugend diente. Angesichts der ungeheuren Verbrechen war er dazu gezwungen, seine Position zu überdenken. Er und seine Schwester bezahlten ihr mutiges Eintreten gegen das Regime mit dem Leben. Stauffenberg als Helden zu ehren, bedeutet keineswegs, ihn als perfekten Übermenschen einzustufen. Es bedeutet vielmehr die Fähigkeit des Menschen zu ehren, aus den eigenen Fehlern zu lernen.

Viele der militärischen Verschwörer zeigten sich von den Verbrechen Hitlers angewidert und beschlossen, Menschenleben zu retten. Natürlich gab es Menschen, die aus edleren Motiven Hitler ablehnten, die keineswegs ein antidemokratisches Verständnis hatten. Aber ohne den entsprechenden Mut zur Tat blieb ihre Gesinnung wertlos. Die Männer des 20. Juli als bloße Opportunisten hinzustellen, die nur Deutschland vor der totalen Niederlage retten wollten, greift zu kurz. Immerhin war allen Beteiligten klar, dass sie ihr Leben riskierten. Eine rein egoistische Haltung wäre es gewesen, bis zur totalen Niederlage treu dem Führer zu dienen. Nur die wenigsten Wehrmachtsoffiziere mussten nach 1945 Strafe fürchten.

Die Geschwister Scholl hatten edle Motive und sie hatten Mut. Aber welche Chancen hatten sie, das NS-Regime zu stürzen? Nur diejenigen, die vorher Teil des Systems waren, wären in der Lage gewesen, das System von innen zu stürzen. Hitler zu töten wäre noch das geringste Problem gewesen. Nach seinem Tod eine neue Regierung zu installieren war nur dem Militär möglich. Gänzlich undemokratisch wäre diese hypothetische Regierung übrigens nicht gewesen. Die Verschwörer in der Wehrmacht unterhielten auch Kontakte zur zivilen Opposition. Mitglieder der SPD, des Zentrums und gemäßigte Angehörige der DNVP waren für wichtige Regierungsämter vorgesehen. Daran zeigt sich, dass die Klassifizierung Stauffenbergs als antidemokratisch nicht falsch, aber doch zu einfach ist. Genau wie er angesichts des Vernichtungskrieges seine anfängliche Haltung überdenken musste, erkannte er, dass eine Neugestaltung Deutschlands nur in Verbindung mit demokratischen Kreisen gelingen konnte.

Kam das Attentat vom 20. Juli 1944 zu spät? Ihm waren fünf Jahre Krieg vorausgegangen, knapp ein Jahr harter Kämpfe sollte noch folgen. Im Sommer 1944 war die militärische Situation aussichtslos, eine Niederlage Deutschlands erschien nicht mehr zu vermeiden. Natürlich entsteht der Eindruck, die Attentäter hätten nur in letzter Minute versucht zu retten, was noch zu retten war. Ein Blick auf die Opferstatistik ergibt jedoch ein anderes Bild. In Europa starben durch den Zweiten Weltkrieg etwa 40 Millionen Menschen. Ca. die Hälfte davon waren bis zum Sommer 1944 umgekommen, die anderen 20 Millionen starben erst im letzten Kriegsjahr, in dem Propaganda und Rüstungsbemühungen sich noch weiter radikalisierten. Auch wenn diese Betrachtung die Behauptung, das Attentat wäre erst spät gekommen (tatsächlich wurde es auf dem Höhepunkt des Krieges verübt), widerlegt, ruft sie zwangsläufig ein Gegenargument hervor: Ein früheres Attentat hätte mehr als 20 Millionen Menschen das Leben retten können. Im Herbst 1941 konnte kein Zweifel mehr an Hitlers verbrecherischen Absichten bestehen, zu diesem Zeitpunkt begann der Vernichtungskrieg. Hätte man ihn schon damals gestoppt, wären ca. 35 Millionen Menschen am Leben geblieben.

Baier geht leider nur kurz darauf ein, dass es bereits vor 1944 Pläne zum Umsturz gab. Schon 1938 erwog der militärische Widerstand die Absetzung Hitlers. Der enge Kreis der Verschwörer um Ludwig Beck, Henning von Tresckow und Erwin von Witzleben hatte schon weit vor der sich abzeichnenden Niederlage den verbrecherischen Charakter des Nationalsozialismus erkannt. Verschiedene Putsch- oder Attentatspläne scheiterten 1940–44 jedoch an organisatorischen Schwierigkeiten oder Zufällen. Eine Bombe, die im März 1943 an Bord von Hitlers Flugzeug geschmuggelt wurde, explodierte wegen technischer Mängel nicht. Wäre aber der schnelle Tod des Führers überhaupt wünschenswert gewesen? Spielen wir das Szenario durch. Bumm. Hitler ist tot. Sein Stellvertreter Hermann Göring übernimmt formal die Kontrolle, während SS-Chef Heinrich Himmler im Hintergrund vermutlich noch mehr Macht an sich reißt.

In einem solchen Szenario wäre nicht viel gewonnen, ob sich der Gang der Geschichte dadurch grundlegend verändert hätte, lässt sich nicht sagen. Hitler, der keinen Anschlag aus den eigenen Reihen befürchtete, legte keinen Wert auf strenge Sicherheitskontrollen. Diesen Gefallen hätten Göring und Himmler den Widerständlern kein zweites Mal getan. Sie hatten also nur den einen Versuch, der unbedingt gelingen musste. Entweder musste man ein enges Zeitfenster abpassen (und nicht zu jeder Lagebesprechung hatten die Verschwörer Zugang), um neben Hitler auch weitere NS-Größen zu töten oder genug Verschwörer auf seiner Seite haben, um direkt nach dem erfolgten Attentat einen Militärputsch zu starten.

Angesichts der immer klarer drohenden Niederlage nahmen immer mehr Offiziere Kontakte zum militärischen Widerstand auf. Erst so war die Möglichkeit gegeben, das große Netzwerk der Verschwörer aufzubauen. Zeigte sich ein Offizier noch 1944 felsenfest vom deutschen Endsieg überzeugt, war er nicht für ein Attentat zu gewinnen. Äußerte er sich besorgt über die Situation an der Front, war er vielleicht ein Kandidat für den militärischen Widerstand. Zum Zeitpunkt seiner größten Siege war es kaum möglich, Hitler zu hinterfragen. So erklärt sich, dass erst zu einem relativ späten Zeitpunkt genug Verschwörer für einen Militärputsch bereitstanden.

Dieses Argument bedeutet natürlich nicht, dass viele Männer des 20. Juli erst spät halbwegs offen über ihre humanistischen Motive sprechen konnten. Viele derjenigen, die nicht von Anfang an skeptisch gegenüber Hitler waren, sahen in ihm weniger einen Verbrecher als einen Dilettanten. Nicht der Mord an Millionen Zivilisten besorgte das Offizierskorps, sondern dass sich durch sinnlose Befehle des Führers die deutsche Niederlage abzeichnete. Manche Militärs wollten Hitler vor allem deswegen beseitigen, weil sie hofften, dass Deutschland bei einer schnellen Kapitulation Österreich, das Sudetenland und Westpreußen behalten und weiterhin eine prägende Rolle in Europa spielen könnte.

Anfangs spielten tatsächlich einige Militärs mit dem Gedanken, ein besserer Feldherr als Hitler könne den Krieg gewinnen. Andere waren der Meinung, dass nach dem Tod des Diktators ein Separatfrieden mit den Westmächten möglich wäre, der es der Wehrmacht ermöglicht hätte, bei vollem Einsatz an der Ostfront die Sowjetunion niederzuringen. Nicht alle Verschwörer haben Zeugnis hinterlassen, wie sie im Falle eines erfolgten Militärputsches gehandelt hätten. Mancher, der im frühen Kriegsstadium noch glaubte, dass ein Sieg ohne Hitler möglich wäre, hatte diese Position bald darauf revidiert. Und selbst wer 1944 noch glaubte, dass ein Bündnis mit den Westmächten möglich war, hätte angesichts einer Verweigerungshaltung in London und Washington seine Position überdenken müssen. Leider interessieren Baier diese vielen Details nicht. Für ihn ist klar, dass Stauffenberg die Ostfront halten wollte.

Aus einem Memorandum Helmuth James Graf von Moltkes aus dem Jahr 1943 geht hervor, wie der Plan aussah. Die Westfront sollte geöffnet, die Ostfront gehalten werden. Jedenfalls so lange, wie es brauchen würde, bis das gesamte Deutschland von der amerikanischen Armee besetzt wäre. Damit wäre eine Zerteilung Deutschlands unwahrscheinlich gewesen. Natürlich fügt sich diese Überlegung in das imperialistische Bestreben, den deutschen Großmachtstatus zu retten, ein. Genauso wahr ist aber auch, dass dieser Plan hunderttausende Menschen vor dem Zorn der Roten Armee gerettet hätte. In Moltkes Memorandum ist aber ebenso zu lesen, dass die meisten Militärs sich auf eine deutsche Niederlage eingestellt hatten und sogar die bedingungslose Kapitulation akzeptierten.

Auch wenn der harte Kern der Verschwörer um Beck, Tresckow und Witzleben sich von den Kriegsverbrechen Hitlers abgestoßen zeigte, waren viele andere der Verschwörer, vor allem jene, bei denen der Kriegsverlauf den Gesinnungswechsel bewirkte, am Vernichtungskrieg beteiligt. Arthur Nebe, Chef der Kriminalpolizei, war als Leiter einer Einsatzgruppe für Mordaktionen gegen Juden und Deportationen von Sinti und Roma verantwortlich. Generaloberst Erich Hoepner war vom jüdisch-bolschewistischen Feindbild überzeugt und erfüllte den völkerrechtswidrigen Kommissarbefehl noch konsequenter als von Hitler vorgesehen, da er eigenmächtig die vorgesehenen Opferkategorien ausweitete. General Eduard Wagner stellte das Flugzeug zur Verfügung, das Stauffenberg zuerst in die Wolfsschanze und dann zurück nach Berlin brachte, von wo der Militärputsch gesteuert werden sollte. Erfolg oder Misslingen der Operation Walküre hingen maßgeblich auch von ihm ab.

Als Generalquartiermeister des Heeres spielte er jedoch eine unrühmliche Rolle. In dieser Funktion war er für die Kriegsgefangenen der Wehrmacht verantwortlich. Millionen Rotarmisten verhungerten auf seinen Befehl hin. Analog regte er an, eine Hungerblockade gegen die Stadt Leningrad zu verhängen, da dies günstiger sei, als die Stadt einzunehmen und ihre Bevölkerung zu versorgen. Wer wie Wagner Verantwortung für den Tod von 5 Millionen Menschen trägt, kann sich nicht durch den Wechsel zur richtigen Seite im richtigen Augenblick von aller Schuld reinwaschen.

Auch bei Stauffenberg lassen sich Grautöne ausmachen. In privaten Briefen an seine Frau äußerte er sich abfällig und nationalistisch über Polen. Ihm daraus aber den Vorwurf zu machen, er hätte die NS-Rassenideologie geteilt, ist falsch. Stauffenberg erkannte, dass seine Haltung falsch war, als er mitansehen musste, welche Menschheitsverbrechen aus ihr erwuchsen. Die Feststellung, dass die Mehrheit der Verschwörer des 20. Juli entweder selbst Kriegsverbrecher oder Opportunisten waren, ist korrekt. Aber man darf sie nicht zu einem Pauschalurteil umdeuten, das außer Acht lässt, dass der harte Kern des Widerstands den Nationalsozialismus ablehnte. Ein ebenso pauschales Urteil ist es, wenn die Bundeswehr die Männer des 20. Juli nutzt, um von der eigenen unrühmlichen Kontinuität abzulenken. Denn selbst als sich der Verschwörerkreis angesichts der drohenden Niederlage vergrößert hatte, machte er nur eine Minderheit im Offizierskorps aus.

Viele Generale glaubten fest an den Endsieg. Und selbst wenn nicht – ihr soldatischer Gehorsam ließ auch bei den Realisten niemals zu, dass sie sich dem Widerstand zuwandten. Beck, Stauffenberg, Tresckow, Witzleben und viele weitere sind Helden. Aber sie machen die Wehrmacht genau sowenig zum Kern des Widerstands, wie die Geschwister Scholl die Studentenschaft zum Kern des Widerstands machten. Auch die evangelischen und katholischen Geistlichen Bonhoeffer und Lichtenberg machen ihre jeweiligen Kirchen nicht zu Gegnern des NS-Staates. Die Bischöfe beider Konfessionen bejahten Hitler.

Diese Differenzierungen finden sich bei Baier nicht. Für ihn gilt nur eine Wahrheit, was sich auch darin zeigt, dass er vom Faschismus und nicht vom Nationalsozialismus spricht. Mit dieser Begriffsverschleierung wollte die marxistische Geschichtsschreibung das sozialistische im Nationalen unter den Tisch fallen lassen, um die Ähnlichkeiten von linker und rechter Ideologie zu verwischen. Genauso wie auch der militärische Widerstand nicht nur aus Helden bestand, hat auch die KPD eine Schattenseite.

In der Weimarer Republik beschimpfte sie die SPD als Faschisten. Ihre linken Positionen seien nur vorgespielt, insgeheim sei sie ein Werkzeug der kapitalistischen Klasse. Eine einheitlich linke Front gegen die NSDAP war damit nicht möglich. Gleichermaßen behauptete die KPD, Hitler sei ein Agent jüdischer Industrieller – der Antisemitismus diene nur dem Zweck, seine Auftraggeber zu verschleiern. Das linke Spektrum erteilte dem Antisemitismus auch nach der Erfahrung des Holocaust keine klare Absage. So unterschied die DDR zwischen Opfern und Kämpfern gegen den Faschismus. Opfer waren diejenigen, die von Hitler dazu erklärt wurden, Gegner aber hatte sich selbst gegen den Diktator gestellt. So wurden die verfolgten Kommunisten als Märtyrer glorifiziert, während der unterschwellige Vorwurf an Juden lautete, nicht “aus eigener Leistung” gestorben zu sein.