Ein Zwischenruf von Johannes Neumann.
OBERKIRCH. „Christliche Werte!" und „Kruzifixe in die Klassenzimmer." So war und ist es wieder
von CDU- Politikern zu hören. Dabei haben sich die modernen Staaten nach leidvollen Erfahrungen und mit guten Gründen von religiösen Geboten und Vorstellungen emanzipiert: Was die Kreuze in Schulzimmern betrifft, so hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) durch Beschluss des Ersten Senats vom 16. Mai 1995 das Anbringen solcher Zeichen in öffentlichen Schulräumen als Verstoß gegen Art. 4 Abs. 11 GG untersagt.
Daraufhin überschütteten nicht nur „kirchlich" gesinnte Politiker und Juristen das Gericht mit schmähenden Vorwürfen (dokumentiert u.a. in: Gerhard Czermak, Staat und Weltanschauung Band 2 (1993 - 1997) Aschaffenburg 1999, 78-88), sondern erließ der Bayerische Gesetzgeber ein neues Gesetz, das die vom BVerfG gezogenen Grenzen zu umgehen und auszudehnen versuchte. Mit ihm versuchte der Gesetzgeber die Quadratur des Zirkels. Gefragt ist ein Staat, der sich neutralitätswidrig verhält, ohne seine Bekenntnisneutralität aufzugeben.
Rechtsbeugung in bestimmter Richtung
Die Neutralitätswidrigkeit ist verfassungskonform, solange sie nicht beanstandet wird. Dadurch schafft die bayerische Schulgesetznovelle eine Konfliktlage, die sie durch die Einräumung und Schaffung einer Widerspruchsmöglichkeit sogleich entschärft. Aus ihr spricht der Wille, das Recht in einer bestimmten Richtung zu beugen. Sie ist der untaugliche Versuch, mit einer Menge halber Wahrheiten und kompletter Irrtümer das Kreuz als vorgeblich kulturelle Ausdrucksform dem bekenntnisneutralen Staat aufzudrängen. (vgl. Ludwig Renck, „Der Bayerische Verfassungsgerichtshof und das Schulkreuz-Gesetz" vom 01.08.1997 in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) 1999, 994-999).
Es ist erstaunlich, wie in diesem Kontext von bestimmten Politikern apodiktisch behauptet wird, „in bayerische Klassenzimmer gehören Kruzifixe und keine Kopftücher:" So die Auslassungen des Generalsekretärs der CSU insbesondere im Dezember 2005 und wiederum vom April 2007. Auch der Generalsekretär der CDU Pofalla erklärte kürzlich, dass die CDU „christliche Symbole wieder stärker in den Mittelpunkt" stellen will.
Verblüffend ähnliche Verhaltensmuster
Die religiösen Fanatiker jeglicher Genese - also die christlichen ebenso wie die muslimischen oder jüdischen - zeigen verblüffend ähnliche Verhaltensmuster:
1. Sie instrumentalisieren ihre religiösen Vorstellungen und setzen sie absolut.
2. Sie verweigern anderen Meinungen die Rechte, die sie für sich beanspruchen.
3. Sie fordern „Anstand und Rücksichtnahme," und „eine Renaissance der bürgerlichen Tugenden, die sie anderen absprechen.
Die auf solch verlogenen Behauptungen gründenden Forderungen tragen nicht zum Frieden in unserer Gesellschaft bei sondern spalten sie noch mehr!