BERLIN. (hpd) In "Making Mirrors: Von Körpern und Blicken" stellt die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) in Berlin Arbeiten von 13 Künstlern vor, Wolfram P. Kastner ist einer von ihnen. Sein Beitrag heißt: "AusWeisKontrolle" und die konzentriert sich auf eine Person, die sich möglicherweise in Deutschland illegal aufhalten könnte. Wie reagieren die Zuschauer?
Dreizehn Künstler widmen sich in ihren Arbeiten dem Leitthema der Ausstellung: Was passiert, wenn der herrschenden Normalität der Spiegel vorgehalten, was, wenn der Blick von den anderen zurückgeworfen wird?
Unser Augenmerk galt insbesondere Wolfram P. Kastner, der als Aktionskünstler eine besondere Konfrontation mit der Realität visualisiert.
Bilder der Ausstellung auf der Vernissage / Fotografie © Evelin Frerk
Der Beitrag von Wolfram P. Kastner ist als Video und mit Fotografien in der Ausstellung präsent. Kastner konfrontierte unvorbereitet die Fahrgäste mit einem massiven, dem Fahndungsmuster der Polizei nachgestellten Eingriff. Dafür betritt das Künstler-Team unauffällig wie zivile Fahnder das Zugabteil. Dann heißt es "AusWeisKontrolle" und die konzentriert sich auf eine Person, die sich möglicherweise in Deutschland illegal aufhalten könnte, genannt "Südländer Typ2. Die Intensität, die Courage der im Abteil Mitfahrenden kennenzulernen, deren Chancen, sich einzubringen und das zu dokumentieren ist das Anliegen von Kastner. Denn Zivilcourage kann und muss geübt werden, so ermutigt der Künstler.
Kastner: "Zivilcourage ist ja nicht nur erforderlich, in der S- oder U-Bahn wenn irgendwelche Rechtsextremisten oder Rassisten sich an anderen Menschen vergreifen. Natürlich ist es dann erforderlich aber hier geht es um eine Grundhaltung, die man eigentlich von klein auf an lernen sollte, zum Beispiel in der Schule, im Kindergarten, in der Familie und natürlich auch in Situationen mit Behörden, Polizei, bei Demonstrationen notwendig. Es ist eine politische Haltung, die nicht nur eine Gewalt-Prävention oder Gewalt-Verhinderung ist. Es ist wichtig, das man überhaupt eine Einstellung dazu hat und sich nicht alles gefallen lässt. Und so etwas muss man üben.
Man kann alles im Kopf gut wissen. Aber wenn man in eine ungewöhnliche Situation gerät, beispielsweise von der Polizei zu einer Vernehmung vorgeladen wird, dann muss man dazu eine Einstellung haben und wissen, was man will. Zum Beispiel will man dort überhaupt hingehen? Ich verabrede mich lieber im Café, in den Behörden ist oft die Luft so schlecht, sage oder schreibe ich dann. Und, dass in den Fernseh-Krimis die Polizei immer gleich in die Wohnung gelassen wird, verstehe ich überhaupt nicht. Natürlich muss man die richtigen Worte und auch überraschende Wendungen finden. Die Ausnahmesituation ist im voraus zu bedenken und zu üben.
Dies nicht zu üben heißt, dass man nichts in der Hand hat. In der Situation kann keiner von uns auf eine ganze Trickkiste von Verhaltensweisen zurückgreifen. Deshalb meine ich, man müsste in Rollenspielen oder Workshops wirklich Situationen mit Zivilcourage üben. Nämlich, wie verhält man sich zum Beispiel einem Behördenmenschen gegenüber und da habe ich das Gefühl, hier besteht ein großer Mangel, ein großer Nachholbedarf und man sollte diese Workshops so schnell wie möglich einrichten.
Zu dieser Einstellung musste ich zwangsläufig kommen, weil ich von klein auf mit allen möglichen autoritären Situationen in dieser Gesellschaft konfrontiert wurde. Ich hatte immer Unbehagen dabei, wurde rot im Gesicht, hatte Grimmen am Zwerchfell. Ich wusste n i c h t , mich zu verhalten. Dieses Unbehagen hat mich so stark motiviert, etwas dagegen zu tun und solche Situationen zu üben. Es ist einem nie behaglich aber inzwischen habe ich mit ‚learning by doing’ ein paar Möglichkeiten und Methoden entwickelt. Die würde ich gerne weiter geben. Ich sehe, wie andere einfach hilflos sind.“