Kreationismus und Evolution

DARMSTADT. (hpd) Mit einem Workshop zu Wikipedia ging am Samstag die 18. GWUP-Konferenz zuende. Seit einiger Zeit ist in der Online-Enzyklopädie die Tendenz zu beobachten, dass Quellenverweise auf die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften von einschlägig interessierten Nutzern gelöscht werden. Als Begründung wird immer häufiger angeführt, die GWUP sei keine wissenschaftlich orientierte Organisation, sondern „politisch" ausgerichtet. Gemeint ist damit das aufklärerische Engagement der GWUP.

 

Dass bei der GWUP wissenschaftlich fundierte Forschungsergebnisse ein Forum haben, davon konnten sich die Besucherinnen und Besucher der 18. Konferenz an den vorhergehenden Tagen überzeugen.

Am Freitag bestimmte der diesjährige Tagungsschwerpunkt „Kreationismus" das Geschehen. Im ersten Vortrag orientierte Thomas Waschke über die verschiedenen Strömungen unter den Kritikern der Evolutionstheorie. Anhand der Einstellung zu vier Aspekten der Debatte - Evolution als Tatsache, Deszendenz, Mechanismen der Evolution, Naturalismus als Grundlage - unterschied er amerikanische und deutsche „Junge-Erde-Kreationisten" (die davon ausgehen, dass die Bibel in engeren Sinne Tatsachen berichtet, die Erde folglich keine 10.000 Jahre alt ist) sowie Anhänger des Intelligent Design. Deutlich wurde dabei vor allem, dass die Kreationisten ein Weltbild vertreten, das seinerseits argumentativ in Frage gestellt werden kann; bei Intelligent Design hingegen handelt es sich eher um eine Argumentationsmethode, die nicht selbst Stellung bezieht, sondern sich ausschließlich darauf konzentriert, die Schwachstellen der Evolutionstheorie herauszustellen.

Empirische Daten und theoretische Grundlagen

Dittmar Graf stellte in seinem Referat die Ergebnisse der empirischen Forschung vor: Welche Einstellungen zur Entstehung und Entwicklung des Lebens herrschen in der Bevölkerung vor? Dabei zeigte sich, daß der Glaube an einen „Schöpfer" kein us-amerikanisches Problem ist, sondern daß auch in Deutschland (je nach Umfrage) 12,5 % bis 20 % der Menschen kreationistischen Vorstellungen im engeren Sinne anhängen. Im Rahmen einer eigenen Studie hat Graf an der Universität Dortmund Studentinnen und Studenten des Lehramtes befragt. Als ein wichtiges Ergebnis zeichnete sich dabei ab, daß es einen negativen Zusammenhang gibt zwischen dem Glauben an einen Designer und einer guten Kenntnis wissenschaftstheoretischer Grundlagen.

Martin Mahner stellte anschließend den (ontologischen) Naturalismus als notwendige Bedingung für Wissenschaft dar. Nur wenn die Realwissenschaften auf übernatürliche Größen - zu denen auch ein „intelligenter Designer" zählt - verzichten, kann das Projekt der Erforschung der Welt ernsthaft betrieben werden.

Mit der Frage, ob das Gute „göttlich" oder Ergebnis der Evolution sei, setzte sich Timm Grams auseinander. Tatsächlich scheint es so, daß sich kooperatives Verhalten nicht nur durchsetzt (wie die Spieltheorie bereits vor einiger Zeit zeigen konnte), sondern daß es auch evolutionär entstehen kann. Diese These untermauerte Grams eindrucksvoll anhand einer Computersimulation. Für religiöse Zeitgenossen bleibt der Trost, daß auch die Religion bei der Entstehung von Moral ihre Funktion hatte: denn für diesen Prozess ist die Abgrenzung einer Gruppe von Bedeutung, und dies wird durch das Aufkommen von Religion begünstigt. Trotzdem blieb als Fazit, dass die Natur selbst imstande ist, das Gute hervorzubringen.

Weitere Beiträge befassten sich mit der sog. Alternativmedizin und einer ihrer Lobby-Organisationen, den Versprechungen von „Global Scaling", einem jahrhundertealten Buch, das niemand entziffern kann und den Besonderheiten des österreichischen Esoterikmarktes. Wer mehr über die Tagungsergebnisse wissen will, kann dies aus dem kommenden Ausgaben der Zeitschrift Skeptiker erfahren.

Gunnar Schedel