„Jedes Foto erzählt eine Geschichte"

POTSDAM. (hpd) Wanderausstellung des Freidenkerbundes mit Fotografien aus Indien im Landtag

Potsdam zu sehen

 

Anke Wohlfeil-Becker steht vor dem Bild einer Frau, deren dunkles Gesicht tiefe Falten zeigt. Die ältere Inderin auf der Fotografie trägt das bunte Gewand des Lambada-Stammes aus dem Süden des Subkontinents, das über und über mit handbestickten Spiegelpailletten versehen ist. „Sie kam gerade mit ihren Kühen vom Feld und wir haben ihr Dorf angeschaut. Trotzdem sie so müde war, wollte sie sich unbedingt fotografieren lassen und zeigte uns noch ihr Haus", erzählt die Havelländerin und seufzt. „Beim Betrachten der Bilder kommen sofort die schönen Erinnerungen hoch und man möchte sofort wieder hin."

Anke Wohlfeil-Becker war am Dienstag eine der Ehrengäste, die zur Eröffnung der Wanderausstellung „Gesichter in Indien" in den Landtag Brandenburg nach Potsdam eingeladen wurden. Der Humanistische Freidenkerbund Havelland (HFH) stellte die Fotografiensammlung vor knapp zwei Jahren zusammen, bislang war sie bereits in zahlreichen öffentlichen Institutionen in Falkensee, Nauen und Rathenow zu sehen. Die 30 Fotografien sind während des deutsch-indischen Austauschprogramms des Vereins mit dem Atheistischen Zentrum in Vijayawada (Bundesstaat Andhra Pradesh) entstanden und wurden ausschließlich von den Teilnehmern gemacht. Als vorläufiger Höhepunkt ihrer Wanderschaft hängt die beeindruckende Fotosammlung nun bis zum 11. Juli im Landtag Potsdam.

„Vorher hingen hier Fotografien von Engeln aus Brandenburger Dorfkirchen, jetzt sind es Bilder aus Indien, das ist eine gute Mischung", scherzte Gunter Fritsch, der als Präsident des Landtages Brandenburg die Ausstellung eröffnete.

Die Wärme und die Gastfreundschaft, die in den Augen der fotografierten Inder strahlt, sollte für Brandenburg beispielgebend sein. „Es gibt doch leider immer wieder rechte Ausreißer", sagte der Politiker. Deshalb hoffe Fritsch, dass der Jugendaustausch, der mittlerweile schon seit zwölf Jahren besteht, weitere zwölf, 24 und noch mehr Jahre bestehen bliebe und für ein tolerantes Miteinander auf der Welt werbe. Auch Johanna Wanka, Brandenburgs Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, schaute zwischen zwei Terminen vorbei und war beeindruckt. „Die Fotografien sind sehr gut und jede einzelne sagt so viel über den Menschen in seiner für uns fremden Kultur aus. Ich freue mich, dass die Bilder hier im Landtag zu Gast sind", sagte die Ministerin.

Sechster Austauschbesuch mit indischer Jugendgruppe

Der Humanistische Freidenkerbund bereitet derzeit den sechsten Austauschbesuch einer indischen Jugendgruppe vor, die Ende August, Anfang September 2008 im Havelland weilen wird. „Auf das Austauschprogramm sind wir sehr stolz, den es geht nicht nur über die europäischen Ländergrenzen hinweg, sondern ganz weit weg, mehr als 7000 Kilometer Entfernung liegen zwischen uns und unseren Freunden", sagte HFH-Vorsitzender Volker Mueller. Ihm gefielen beim Betrachten der Bilder immer wieder die Abenteuerlust, das Selbstbewusstsein und der Stolz, die aus den Augen der Männer, Frauen und Kinder blitzten: „Jedes Bild erzählt eine Geschichte."

Alle Menschen auf den Abbildungen wurden in ihrer alltäglichen Umgebung und völlig ungestellt von den Laienfotografen abgelichtet „Ihr warmes Lächeln steckt richtig an, es ist so schön, gemeinsam mit den Indern zu lachen - das kommt ja leider in Deutschland manchmal zu kurz", sagte Anke Wohlfeil-Becker. Gemeinsam mit ihrem Mann Lothar Becker war sie 2006 auf einer Studienreise für Erwachsene, organisiert vom HFH, zu Besuch beim Austauschpartner in Vijayawada. Nun sei das Reisefieber wieder ausgebrochen, 2010 ist eine weitere Reise für ältere Vereinsmitglieder geplant. „Doch vorher genießen wir noch ein bisschen die Bilder und freuen uns auf den Besuch der indischen Jugendlichen im Spätsommer", sagte das Ehepaar und drehte noch eine Runde durch den Ausstellungsflur im Landtag.

Marie Prott