Braucht Werterziehung Religion?

Das Forschungsinstitut für Philosophie Hannover (FIPH) verleiht seinen Preis für das Jahr 2006.

Das Thema der diesjährigen Preisfrage lautete: Braucht Werteerziehung Religion?

Das neutral firmierende Institut ist das erste Institut für Philosophie in kirchlicher Trägerschaft. Finanziert wird es vom Bistium Hildesheim und sachbezogenen Spenden von - nach Nennung des Institutes - der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, der Fritz-Thyssen-Stiftung, der Stiftung Niedersachsen, der Nord-LB und der Commerzbank.

Das FIPH möchte einen Beitrag zu den gegenwärtigen kontroversen Fragen um Werteerziehung leisten, wie sie sich zum Beispiel in den Debatten um den Religionsunterricht an deutschen Schulen zeigen. Zentrale Diskussionspunkte wie "Was ist Erziehung?", "Was sind Werte?" und "Wie wird die menschliche Freiheit vor dem Hintergrund eines Wertesystems definiert?" werden dabei von den diesjährigen Preisträgern auf bemerkenswerte Art beantwortet.

Das FIPH lädt alle Interessierten - also auch alle Humansisten aus dem Raum Hannover/Hildesheim - herzlich ein, im Rahmen der Preisverleihung mit zu diskutieren:

ZEIT: Samstag, 09. September 2006, 10:30 bis 13:15 Uhr
ORT: Dombibliothek der Diözese Hildesheim, Domhof 30, Hildesheim, 31134

Der Forschungspreis in Höhe von insgesamt 10.000 Euro geht in diesem Jahr an:

1. Hans Nutzinger und Anja Stöbener, erster Preis in Höhe von 5000 Euro,
2. Stefan Meyer-Ahlen, zweiter Preis in Höhe von 3000 Euro und
3. Douglas McGaughey, dritter Preis in Höhe von 2000 Euro.

Douglas McGaughey ist Professor für Religion an der Williamette Universi-ty in Salem, Oregon (USA). Laut McGaughey stellt Religion eine Ausübung menschlicher Freiheit dar, und da auch nur vermittels menschlicher Freiheit normative Begriffe wie "sollen" einen Sinn haben, muss Religion selbst für moralische Entwicklung stehen. McGaughey sieht daher die Rolle der Religion in der moralischen Entwicklung in der Aufgabe, eine Kultur zu etablieren, die alle Mitglieder dazu erzieht, verantwortlich zu sein.
Stefan Meyer-Ahlen promoviert gerade an den katholisch-theologischen Fakultäten der Universitäten Würzburg und Erfurt. Er sieht Werteerziehung als staatliche Pflicht, die im schulischen Kontext durch Religion eröffnet werden müsste, weil Religion eine zentrale Rolle bei sechs Dimensionen der Werteerziehung spiele: Verantwortlichkeit, Relation, Freiheit, Akzeptanz, Versöhnung und Orientierung.
Anja Stöbener ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin bei Hans Nutzinger, Professor für Theorie öffentlicher und privater Unternehmen am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel. Sie betrachtet Religion als "Stein des Anstoßes", an dem Jugendliche ihre Werte kritisch überprüfen sollen. Religion bleibt als "Schatz an Lebenserfahrung" hilfreich für die Werteerziehung, ist aber keine notwendige Bedingung für sie: Auf humanistische Weise ist Werteerziehung auch ohne Religion möglich.