Falschfragen und Schönrechnen

BERLIN. (hpd/Pro Ethik) Mit der bevorstehenden Entscheidung des Berliner Senats zum Termin der Volksabstimmung über den Gesetzentwurf von „Pro Reli“ nehmen auch besonders von dieser Seite Verlautbarungen zu, die widersprüchliche Ergebnisse von Repräsentativumfragen zum Ethik- und Religionsunterricht zu ihren Gunsten deuten wollen.

Dabei wird zum einen davon abstrahiert, dass unterschiedliche Fragen die Befragten zu unterschiedlichen Antworten herausfordern. Zum anderen werden Fragen so gestellt, dass sie nicht der Entscheidungssituation in der Volksabstimmung entsprechen.

Der Koordinator von „Pro Ethik“, Gerd Eggers, sagt dazu: "Nach einer von der Berliner Zeitung am 31. Januar 2009 veröffentlichten repräsentativen forsa-Umfrage vom Januar 2009 soll sich die Mehrheit der Befragten für einen Wahlpflichtbereich Ethik/Religion ausgesprochen haben (56%), während 40% eine Beibehaltung des gegenwärtigen Ethikunterrichts mit freiwilligen Zusatzfach Religion wollen. Im Januar 2008 waren es 55% zu 40% (vgl. Berliner Zeitung v. 30. Januar 2008).
Den aktuellen forsa-Daten steht das diametral entgegen gesetzte Ergebnis einer Umfrage von Infratest dimap vom Dezember 2008 gegenüber. So hatten sich vor wenigen Wochen 58% der Befragten für die Beibehaltung von Ethik als Pflichtfach und 40% für einen Wahlpflichtbereich Ethik/Religion ausgesprochen." (siehe pdf im Anhang)


Zu den vorgelegten Befunden stellt Gerd Eggers folgende Fragen
:

  • "Warum ist die Differenz der Antworten auf die forsa-Fragen vom Januar 2008 und vom Januar 2009 bei identischer Fragestellung mit nur einem Prozent Unterschied derart gering, obwohl besonders seit Mitte 2008 eine intensive Kampagne durch Pro Reli gegen den gemeinsamen Ethikunterricht und für einen Wahlpflichtbereich Ethik/Religion vorgetragen wird?
  • Sind die diametral entgegen gesetzten Ergebnisse der beiden letzten, nur wenige Wochen auseinander liegenden Befragungen von forsa und Infratest dimap auf die unterschiedlichen Fragestellungen oder/und auf die besonders heftige „Pro-Reli“-Kampagne im Dezember und Januar 2008 zurückzuführen?
  • Was verstehen die Befragten unter Religionsunterricht: allgemeinbildende Religionskunde oder bekenntnisgebundenen christlichen, islamischen oder anderen Religionsunterricht? Letzteres Verständnis, welches der Wirklichkeit an Berliner Schulen entspricht, wird z.B. durch die Infratest dimap – Umfrage angesprochen."

Diese Fragen berücksichtigen folgende Tatsachen:

Wenn Menschen gefragt werden, ob sie für Wahlfreiheit sind, sprechen sie sich erfreulicherweise meist wegen ihrer demokratischen Grundhaltung dafür aus. Ähnliches ist der Fall, wenn sie gefragt werden, ob sie für mehr Gemeinsamkeit sind. Wer ist schon gegen mehr Gemeinsamkeit? Wie beides bei Pro Reli vs. Pro Ethik zusammenhängt – das ist aber die zur Volks-Entscheidung stehende Frage.
Die forsa-Fragestellung ist methodisch nicht korrekt. Zum einen sind die Antwortalternativen nicht gleichrangig „Ja“ oder „Nein“, sondern unterschiedlich mit „Ja“ oder „Nein, die Schüler sollen sich entscheiden können“. Darin wird die Frage-Antwort-Möglichkeit auf das „entscheiden können“ ausgerichtet. Diese Aussage betrifft jedoch nicht die wirkliche Situation, vor die die Wählerinnen und Wähler gestellt sind, da „Pro Reli“ will, dass die Schüler oder deren Eltern sich entscheiden müssen. Es geht gar nicht um Wahlfreiheit, sondern um Wahlpflicht! So steht es auch im Gesetzentwurf: „Alle Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden Schulen nehmen entweder am Religions- oder am Ethikunterricht teil.“