Rückweisung der Attacke auf „Neoatheismus“

BERLIN. (korso/hpd) Warum wird so intolerant auf den Neoatheismus reagiert und warum wird KORSO gleich mitverhaftet? Eine verwunderte Klarstellung und Rückfrage des KORSO-Vorsitzenden.

Bei einer Tagung über Neoatheismus bei einem Akademietag der Katholischen Akademie in Vallendar hat der Journalist Alexander Kissler gemäß einer Mitteilung von kath.net behauptet: „Der sogenannte „Koordinierungsrat säkularer Organisationen“, kurz KORSO, fordere weltanschaulich neutrale Bildungseinrichtungen und eine Autonomie an Lebensende und -anfang, also aktive Sterbehilfe und Abtreibung bis zur Geburt.“

Dazu möchte ich als Vorsitzender des KORSO klar stellen, dass dies nichts anderes als eine einigermaßen raffiniert formulierte Verleumdung ist: Der KORSO tritt zwar in der Tat für die Trennung von Staat und Kirchen auch im Bildungswesen ein, er ist aber keineswegs so naiv, dann auch gleich noch ein Bildungswesen zu fordern, das sich jeder weltanschaulichen Wertungen enthalten würde – er kennt das Neutralitätsgebot des Staates in Weltanschauungsfragen und versteht es nicht in dieser tendenziösen Weise falsch. Vor allem aber ist es ein durch gar nicht begründbare Unterstellung, das Eintreten für vollständige Autonomie am Lebensende (und entsprechende Forderungen in Bezug auf den Lebensanfang , wo es immer auch um das Kind geht) mit der unbedingten und uneingeschränkten Forderung nach „aktiver Sterbehilfe“ bzw. nach Abtreibung bis zur Geburt“ gleich zu setzten. Wer sich auch nur die geringe Mühe macht, die Gründungserklärung des KORSO  nachzulesen, kann sich rasch davon überzeugen, dass davon beim KORSO gar keine Rede sein kann.

Alexander Kissler scheint irgendwoher den Eindruck gewonnen zu haben, KORSO sei eine „neoatheistische“ Initiative und verknüpft dies mit allerlei Projektionen. KORSO ist aber sehr viel breiter angelegt und umfasst auch eher praktisch humanistische oder skeptische säkulare Positionen.

Ohne den Reaktionen derjenigen vorzugreifen, die hier als Neoatheisten etikettiert werden, möchte ich aber doch schon mal festhalten, dass die von ihm unterstellten Positionen auch dort nicht vorherrschen oder auch nur verbreitet sind. Ich kann mich nur wundern, warum die durchaus beherzigenswerte eigene Forderung, intellektuell ‚aufzurüsten’, d.h. argumentativ genauer und triftiger zu werden, und polemisch abzurüsten, d.h. weniger mit Unterstellungen und bösen Worten um sich zu werfen, von Alexander Kissler derart ignorant beiseite geschoben wird. Ich halte es selber für ernsthaft diskussionswürdig, was er formuliert hat: „Auch der Gottesglaube hat aufklärerische Elemente, der Glaube an Gott kann eine aufklärerische Haltung zur Welt in Gang setzen“ – jedenfalls wenn im ersten Halbsatz das Wörtchen potenziell, der Möglichkeit nach, eingefügt wird. Aber das, was Alexander Kissler u.a. gegenüber säkularen Positionen veranstalten, ist gerade kein Beispiel für einen derartigen aufgeklärten und aufklärerischen Gottesglauben.

Frieder Otto Wolf