Für einen mehr streitbaren Humanismus

BRÜSSEL. (hpd) Angesichts der ständig zunehmenden missionarischen Aggressivität der Kirchen und religiösen Gruppen wird auch in Belgien und den Niederlanden über die Notwendigkeit einer offensiveren Reaktion der humanistischen und konfessionslosen Kreise auf diese Gefahr für die gesellschaftliche Entwicklung weltweit diskutiert.

September 2009 wurde im Vorstand des belgischen HVV (Humanistische Freisinnige Vereinigung) deshalb mit freiwilligen Mitgliedern und einigen Experten offiziell eine "Atheismus-Arbeitsgruppe" gestartet. Als Hauptgrund dafür wurde formuliert, „dass der Atheismus als Weltanschauung und als ein wesentlicher Teil des säkularen Humanismus innerhalb und außerhalb des HVV mehr Aufmerksamkeit verdient.“

Die AG stellt sich u. a. folgende Aufgaben:

  1. die Interessen von Atheisten, Nichtgläubigen und Konfessionslosen zu verteidigen;
  2. teilzunehmen an die Verbreitung und Förderung des Atheismus;
  3. Initiativen zu initiieren, die dem Atheismus in einer positiven und konstruktiven Weise mehr Aufmerksamkeit verschaffen (inhaltlich, organisatorisch, kommunikativ und projektmäßig,...);
  4. kritisch religiösen und/oder kirchlichen Fanatismus, Extremismus und Fundamentalismus zu kommentieren, insbesondere wenn der demokratische Rechtsstaat infrage gestellt wird;
  5. Bekämpfung der negativen und / oder gesellschaftlich erzwungenen Facetten theistischer irrationaler Einstellungen, Weltanschauungen oder Gesellschaftsbilder;
  6. spezifische Prinzipien wie die Trennung von Kirche und Staat, freie Meinungsäußerung, das Streben nach Wissen, Wahrheit und Wissenschaft dort, wo sie bedroht sind, zu verteidigen (z. B. im Kreationismus und Intelligent Design).

Als philosophische Grundlage und Leitfaden wurde nach intensiver Diskussion auch ein so genanntes „Atheistisches Manifest“ aufgesetzt.

  1. Wir führen unser Leben ohne (zu glauben an) Gott (Götter) und halten dies für zweckmäßig und respektabel.
  2. Wir verteidigen für uns und für andere das Recht ohne Gott (Götter) zu leben.
  3. Wir ehren die Grundsätze der Demokratie, die Trennung von Kirche und Staat und die universellen Menschenrechte.
  4. Wir verteidigen die Freiheit des Individuums, die Emanzipation des Geistes / Vernunft und eine rational-wissenschaftliche Methode bei der Betrachtung von Weltanschauungen.
  5. Wir akzeptieren kein Gesetz, Verordnung oder Entscheidung auf der Grundlage eines vermeintlich göttlichen Textes oder offenbarter Aussage.
  6. Wir setzen voraus, dass keine Religion Anderen ihre Regeln aufzwingen darf.
  7. Wir sind uns einig, dass ein Zivilrecht (das für alle gilt) Vorrang vor religiösem Regeln hat und akzeptieren deshalb keine rechtlichen Ausnahmen, auf egal welchem Gesetz auf Basis religiöser Argumente.
  8. Wir sind gegen alle Formen von Unterdrückung und Diskriminierung, auch wenn dies im Namen jemandes Gottes (Götter) geschieht.
  9. Wir sind Verfechter eines säkularen staatlichen Bildungssystems, mit Bildungsinhalten zu den verschiedenen Religionen, Weltanschauungen und zum Atheismus, für alle Schüler.
  10. Wir sind der Meinung, dass die wissenschaftliche Erforschung und gesellschaftliche Interpretation von Religionen und Weltanschauungen wertvoll ist.

Zur Begleitung der Tätigkeit der AG wurde auch eine in Aufbau befindliche Wikiplattform geschaffen, unter welcher bereits die wichtigsten Texte und Aktivitäten abrufbar sind. Wichtige Themen sind: Die Trennung von Kirche und Staat, Religion/Säkularisierung, Bildung, die Finanzierung der Kirchen, Meinungsfreiheit, (A)Religiosität und Psychologie, Ethik und (A)Theismus, Kunst und Religion, Sinngebung und Atheismus, Emanzipation und Religion ...

R. Mondelaers