HVD stellt humanistische Positionen zur Sterbehilfe vor

"Das Leben des Menschen ist sein höchstes Gut."

BERLIN. (hpd) Am Mittwoch dieser Woche hat der HVD seine Positionen zur gegenwärtigen Debatte um Suizidbeihilfe verdeutlicht. In einer aktuell veröffentlichten Broschüre "Am Ende des Weges" wird das von Bundesgesundheitsminister Gröhe geplante strafrechtliche Verbot jeder organisierten Unterstützung von Sterbewilligen sowie jede Kriminalisierung von Suizidbeihilfe eindeutig abgelehnt. Stattdessen werden konkrete Vorschläge für eine wünschenswerte Praxis in Deutschland unterbreitet.

Selbstverständlich darf jeder einem freiwillensfähigen Menschen dabei helfen, das eigene Leben zu beenden, sagen die Verfasser der Positionsbestimmung, allerdings steht ein Recht darauf unter Vorbehalt. Der assistierte Suizid soll besser geregelt werden als bisher. Und eine qualifizierte und ergebnisoffene Suizidkonfliktberatung soll Alternativen zum Sterben klären und vermeidbaren Selbsttötungen vorbeugen.

HVD-Broschüre: Humanistisches Engagement und hohe Qualität

Die Autoren der Broschüre (Gita Neumann, Referentin Lebenshilfe und Leiterin der Bundeszentralstelle Patientenverfügung; Erwin Kress, Vizepräsident des Bundesverbandes und Sprecher zu Patientenautonomie am Lebensende; Michael Bauer, Vorstand des Humanistischen Verbandes Bayern und zertifizierter Berater für Ethik in der Medizin) stehen für langjähriges Engagement, hohe Empathie, große Sachkunde und bürgen für humanistische Qualität, für sorgfältiges Abwägen und umfassende Beratung von Sterbewilligen, Sie formulieren ein klares Ja zur Selbstbestimmung am Lebensende, auch dazu, den eigenen Todeszeitpunkt zu bestimmen.

“Die Autonomie des Menschen ist ein hohes Gut”, hebt Michael Bauer hervor. “Wenn ein Mensch den selbstgefassten, begründeten und gefestigten Wunsch nach Beihilfe zum Suizid äußert und man es mit dem eigenen Gewissen vereinbaren kann, sollte man diese Unterstützung nicht verweigern.” Die Autoren verweisen darauf, dass in aller Regel es sich bei den Betroffenen um Menschen mit schweren Erkrankungen und großen Schmerzen handele - aber nicht nur.

Ergebnisoffene und qualifizierte Suizidkonfliktberatung

Um Sterbewilligen Alternativen aufzuzeigen, sollte ihnen eine geregelte und qualifizierte Suizidkonfliktberatung angeboten werden. Die Autoren orientieren darauf, dass geschulte Fachkräfte aus Psychologie, Sozialarbeit, Seelsorge und anderen Bereichen künftig ergebnisoffen mit Menschen über ihre Suizidabsichten sprechen sollten. Sie betonen “Es ist davon auszugehen, dass bei guter ergebnisoffener Beratung Menschen mit Suizidgedanken oder -wünschen mehrheitlich von ihrem Vorhaben abrücken.” Eine solche Beratung gilt es zu schaffen.

Suidzidunterstützung und Hospize sind keine Gegensätze

Als dringend notwendig wird die deutliche und zügige Ausweitung der palliativen Versorgungund hospizlichen Begleitung bewertet. “Sie steht nicht im Widerspruch zur Suizidassistenz und ist auch kein Ersatz für sie”, unterstreicht Gita Neumann.

Bedeutung des Lebens, der Würde und der Selbstbestimmung

Von großer Bedeutung ist die Formulierung einer umfassend begründeten humanistischen Position. Hervorgehoben und verteidigt wird die Autonomie eines jeden Menschen, die hohe Bedeutung einer Selbstbestimmung auch am Ende des eignen Lebens. Aber nicht nur dieser Aspekt ist für die Autoren wichtig.

Gleich zu Beginn ihrer Ausführungen schreiben sie: “Das Leben des Menschen ist sein höchstes Gut. Es ist einmalig, zugleich endlich und unwiederbringlich. Doch Leben entsteht und vergeht, es ist eingebettet in den immerwährenden Prozess der Evolution. Wohl wissend, dass Altern und Sterben zum individuellen Leben gehören und ständige gesellschaftliche Realität sind, müssen wir in unserem Land Bedingungen schaffen, die Humanität und Würde gewährleisten.” Dazu gehört die Selbstbestimmung, die eigene Entscheidung eines jeden Menschen darüber, ob das eigene Leben noch “lebenswert” ist, ob man noch “bleiben” oder schon “gehen” möchte.

Den Autoren ist eine humanistische Begründung gelungen, die die Bedeutung des unwiederbringlichen individuellen Lebens und den Gesichtspunkt der Würde miteinander verknüpft und hieraus die notwendigen Folgerungen zieht: einen sorgsamen, abwägenden Umgang mit Sterbewünschen in der Erkenntnis: ein zweites Leben gibt es nicht.

Damit setzen sich die Autoren wohltuend von Begründungen ab, die ausschließlich auf liberales Gedankengut, auf Rechtspositionen fokussieren. Die Autoren zeigen aber auch eines in aller Deutlichkeit:Wirkliche “Lebensschützer” in diesem Land sind nicht die Verfechter religiöser Lehren von der Unverfügbarkeit des Lebens, die “durchleiden” lassen wollen, die unbedingt auf ihrem ideologischen Altar die Selbstbestimmung opfern wollen. Das Leben des Einzelnen wird vielmehr geschätzt und auch geschützt von Humanisten - die auf die Einmaligkeit des Lebens und dessen Würde orientieren.

Den Autoren ist ein humanistisches Bravourstück gelungen.