Heute wird ein gemeinsamer liberaler Gesetzentwurf zur Regelung der Suizidhilfe vorgestellt. Damit besteht die Möglichkeit, dass ein verfassungskonformes Gesetz verabschiedet wird, das für eine freie Suizidentscheidung Raum und Hilfsmöglichkeiten lässt. Der Humanistische Verband Deutschlands begrüßt dies ausdrücklich.
Bei der Bundespressekonferenz am heutigen Dienstag wird ein neuer Gesetzentwurf vorgestellt, der die beiden parlamentarischen Gesetzesinitiativen um Katrin Helling-Plahr (FDP) einerseits und um Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) andererseits in einem einzigen Gesetzentwurf zusammenfasst. Dieser ist außerhalb des Strafrechts angesiedelt und sieht bundesweit staatlich finanzierte Beratungsstellen vor. Dies hatte der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) in seinem Gesetzentwurf zur Neuregelung der Suizidhilfe bereits im Frühjahr 2020 empfohlen.
Auch in weiteren Punkten folgt der neue liberale Gesetzentwurf den Forderungen des HVD: Hilfesuchende, die von Suizidgedanken oder Sterbewünschen betroffen sind, sollen ergebnisoffen bei der Wahrnehmung ihres Rechts auf ein selbstbestimmtes Lebensende unterstützt und gegebenenfalls in ihrer Willensbildung gestärkt werden. Eine nicht entmündigende Aufklärung über Alternativen ist Teil der obligatorischen interdisziplinären Beratung. Diese entfällt, wenn behandelnde Ärzte und Ärztinnen aufgrund eines schweren beziehungsweise unheilbaren Krankheitszustands zur Suizidassistenz bereit sind.
"Wir begrüßen den Zusammenschluss der beiden parlamentarischen Gesetzesinitiativen ausdrücklich", so Erwin Kress, Bundesvorstandssprecher des Humanistischen Verbandes Deutschlands. "Damit steigen die Chancen, dass ein liberales und – vor allen Dingen – verfassungskonformes Gesetz zur Neuregelung der Suizidhilfe verabschiedet wird. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom Februar 2020 das Selbstbestimmungsrecht über das eigene Lebensende gestärkt und ein Grundrecht auf Hilfe zur Selbsttötung bestätigt, welches in der Praxis auch zu gewährleisten sein muss. Dem muss der Gesetzgeber endlich Rechnung tragen. Ein erneuter verfassungswidriger Paragraf 217, der freiwillensfähige Menschen mittels des Strafrechts bevormundet, ist unbedingt zu verhindern!"
Kress empfiehlt den Abgeordneten des Deutschen Bundestages daher dringend, gegen den zweiten, bisher vor allem von Unionsabgeordneten unterstützten Gesetzentwurf einer Abgeordnetengruppe um den Parlamentarier Lars Castellucci (SPD) zu stimmen. Dieser stelle unter einem neuen Paragraf 217 Strafgesetzbuch den Entschluss zur Selbsttötung unter den Generalverdacht einer mangelnden Willensbildung und Willensfreiheit. "Gemessen an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes von 2020 muss dieser Entwurf als verfassungswidrig eingestuft werden", betont Kress. "Die Mitglieder des Bundestages dürfen sich hier nicht in die Irre führen lassen und sollten das berechtigte Anliegen zur prozeduralen Sicherung des Lebensschutzes von einer verfassungswidrigen Bevormundung mittels des Strafrechts unterscheiden."
Erstveröffentlichung auf der Website des HVD.