BONN. (hpd) Der Publizist Josef Braml macht in seinem Buch "Auf Kosten der Freiheit. Der Ausverkauf der amerikanischen Demokratie und die Folgen für Europa" insbesondere auf den Einfluss der Wirtschaft auf die Politik in den USA aufmerksam. Informativ und sachlich entsteht dabei ein anschauliches Bild von den Erosionsprozesses, die auf eine Ersetzung der Demokratie durch Klientelpolitik hinauslaufen könnten.
Beim Blick auf den Entscheidungskampf über die Präsidentschaftskandidaturen sollten die Erosionsprozesse in der amerikanischen Demokratie nicht ignoriert werden. Nach wie vor stehen die USA als bedeutendstes Land mit einem demokratischen Verfassungsstaat für den Westen. Um so größere Aufmerksamkeit bedürfen daher dortige Entwicklungen, die sich zwar nicht direkt, aber indirekt gegen die Basis für Demokratie und Pluralismus richten. Auf solche macht Josef Braml aufmerksam.
Er ist seit 2006 USA-Experte der "Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik" und Redaktionsleiter des bekannten "Jahrbuchs Internationale Politik". Demnach hat man es hier nicht mit einem "linken" Publizisten mit allzu amerika- und kapitalismuskritischem Einschlag zu tun. Braml arbeitete zuvor für einen bedeutenden amerikanischen Think Tank und war Consultant der Weltbank. In seinem neuen Buch "Auf Kosten der Freiheit. Der Ausverkauf der amerikanischen Demokratie und die Folgen für Europa" geht es um bedenkliche Geldherrschaft und wachsende Ungleichheit.
Gleich zu Beginn macht der Autor die Rahmensituation deutlich: "Steigende soziale Ungleichheit, sinkende soziale Mobilität, eine Regierung von überwiegend Millionären, die im wirtschaftlichen Interesse ihrer noch betuchteren Wahlkampffinanciers Laisser-faire-Politik betreiben, sowie die politische Ohnmacht eines Großteils der Bevölkerung prägen die heutige Realität der USA" (S. 10).
Die damit einhergehende Entwicklung, die auch als "Post-Demokratie" (Colin Crouch) bezeichnet wird, habe zu einem schleichenden Prozess des sozioökonomisch begründeten Ausschlusses vieler Bürger aus der politischen Entscheidungsfindung und Willensbildung geführt. Das demokratische Fundament ist für Braml bereits ausgehöhlt worden. Damit sei auch indirekt die Freiheit einem Auflösungsprozess ausgesetzt: Politiker verstünden sich mehr als Diener von Einzelinteressen denn als Vertreter des Volkes. Die geringe soziale ginge mit der geringen politischen Teilhabe einher: "je geringer das Einkommen, desto niedriger die Wahlbeteiligung" (S. 54).
Dem folgend macht Braml den Einfluss auf die Politik durch die Wirtschaft deutlich. Diese Entwicklung habe – etwa über die Rücknahme staatlicher Regulierungen im Finanzsektor - mit zur Finanz- und Wirtschaftskrise geführt. Außerdem meint er: "Politik wird in den USA nicht – wie in parlamentarischen Regierungssystemen üblich – von de Parteien formuliert und gesteuert, sondern über 'Themennetzwerke' oder 'Tendenzkoalitionen' ausgehandelt …" (S. 121).
Wie dies genau geschieht, beschreibt der Autor anhand verschiedener Beispiele. Dabei geht es um die Finanzierung von Kandidaten über die "Super-PACs" ebenso wie die Initiierung von angeblichen Bürgerbewegungen wie der "Tea-Party". Auswirkungen haben diese Entwicklungen auch auf die Außenpolitik: "Wenn nötig, werden die demokratischen Werte pragmatisch den wirtschaftlichen und Sicherheitsinteressen untergeordnet" (S. 184). Damit schwinde aber auch die Glaubwürdigkeit der Werte westlicher Demokratien.
Bramls Buch kommt ohne Dramatisierung und Hysterie aus. Nüchtern und sachlich macht er auf die bedenklichen Entwicklungen aufmerksam. Für Kenner der Materie mag dies alles nicht neu sein. Eine Doppel-Moral gegenüber den Menschenrechten in der Außenpolitik hat es zuvor immer wieder gegeben. Und der Einfluss der Großkonzerne auf die Politik ist nicht erst in letzter Zeit stark angewachsen. Derartige Entwicklungen haben aber noch einmal einen besonderen Schub erhalten. Gerade darauf macht Braml gut verständlich aufmerksam.
Insgesamt entsteht ein düsteres Bild für die Zukunft der Demokratie in den USA. Braml hätte aber auch auf gegenläufige Entwicklungen aufmerksam machen können. Immerhin hat es der Bewerber um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Demokraten Bernie Sanders nur mit Kleinspenden von einfachen Leuten weit gebracht. Bramls Ausführungen zu "Unseren Hausaufgaben" (S. 230), also dazu "was getan werden muss" (S. 205), bleiben darüber hinaus etwas blass. Insgesamt handelt es sich aber um ein beachtenswertes Buch.
Josef Braml, Auf Kosten der Freiheit. Der Ausverkauf der amerikanischen Demokratie und die Folgen für Europa, Köln 2016 (Quadriga-Verlag), 270 S., ISBN: 978-3-86995-086-0, 22,00 Euro
2 Kommentare
Kommentare
Stefan Dewald am Permanenter Link
Die USA sind doch schon lange „die beste Demokratie, die man für Geld kaufen kann“. Und das wird auch schon länger erfolgreich nach DE importiert. http://lachsdressur.de/shame-on-you/
Hans Maier am Permanenter Link
Aber dass die USA eher eine Plutokratie als eine Demokratie sind, ist so neu nun auch nicht.