Nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes zeigen die umfangreichen Bedenken des Bundesrates gegenüber dem Gesetzentwurf der Regierungskoalition zur Bekämpfung von Kinderehen, dass es noch Änderungsbedarf im Sinne des Kindeswohls gibt.
Diese Bedenken sollten im weiteren parlamentarischen Verfahren aufgenommen werden und zu Änderungen am Gesetzentwurf führen. "Bei Gesetzesänderungen, die derart massiv in die Rechte von Kindern eingreifen, muss eine sorgfältige Abwägung der Kindeswohlinteressen stattfinden. Das ist bisher aus unserer Sicht nicht ausreichend erfolgt. Die angestrebte Regelung, dass Ehen im Regelfall nur dann anerkannt werden, wenn beide Partner 18 Jahre alt sind, ist im Grundsatz richtig. Das gilt auch für die Möglichkeit, durch eine familiengerichtliche Entscheidung Ausnahmen zuzulassen, wenn einer der Eheleute 16 oder 17 Jahre alt ist. Das entspricht den Empfehlungen des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes.
Allerdings sind die Ausnahmetatbestände zu eng gefasst. Hier sollte es eine Regelung geben, nach der bereits geschlossene Ehen, bei der ein Ehepartner oder eine Ehepartnerin 16 oder 17 Jahre alt ist, dann anerkannt werden können, wenn Kindeswohlaspekte im Sinne des Artikels 3 der UN-Kinderrechtskonvention dies erfordern. Entscheidend muss aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes auch die Meinung der oder des Minderjährigen sein, die bei der Ermittlung des Kindeswohls unbedingt zu berücksichtigen ist. Dazu muss das Kind eine entsprechende Reife besitzen, eine so weitreichende Entscheidung zu treffen", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, im Vorfeld der heutigen Bundesratssitzung.
Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes sollte der Bundestag allerdings nicht allen von den Bundesratsausschüssen empfohlenen Änderungen am Gesetzentwurf folgen. So sollte aus Sicht des Verbandes eine Ehe, bei der ein Ehepartner bei Eheschließung unter 16 Jahre alt war, ausnahmslos aufgehoben werden. Die von den Bundesratsausschüssen vorgeschlagene Untergrenze von 14 Jahren ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes nicht sachgerecht.
Der Bundestag sollte aber jenseits der Diskussion über eine Altersuntergrenze die Bedenken der Bundesratsausschüsse dahingehend berücksichtigen, dass Kinderehen nicht pauschal als nichtig angesehen werden, sondern in jedem Einzelfall von einem Familiengericht aufgehoben werden müssen. Das ist angesichts der geringen Fallzahlen problemlos möglich. Im Falle der Nichtigkeit ergeben sich weitreichende Folgen für die Betroffenen. Zum Beispiel können Unterhalts-, Erbschafts- und Versorgungsansprüche verloren gehen, und Kinder aus solchen Ehen würden als nichtehelich angesehen. Das darf nicht sein.