Schwangerschaftsabbruch

Ärztin wegen Vorwurfs der Werbung für Abtreibungen verurteilt

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Kristina Hänel (rechts) im Amtsgericht Gießen

Die Ärztin Kristina Hänel wurde verurteilt, weil sie auf ihrer Website Werbung für Schwangerschaftsabbrüche gemacht haben soll. Das Gießener Amtsgericht folgte der Forderung der Staatsanwaltschaft. Das Urteil: 40 Tagessätze zu 150 Euro.

Laut Meinung des Gerichts habe die 61 Jahre alte Ärztin Kristina Hänel gegen Paragraf 219a des Strafgesetzbuches (StGB) verstoßen. Demnach ist es unter Androhung von Haft- und Geldstrafe verboten, die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs öffentlich des Vorteils wegen zu bewerben. 

Hänel hatte auf ihrer Website medizinische Informationen über Schwangerschaftsabbrüche in ihrer Praxis bereitgestellt. Das Gericht bewertete dieses Informationsangebot als Werbung. "Der Gesetzgeber möchte nicht, dass über den Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit diskutiert wird, als sei es eine normale Sache", erklärte die Richterin das Urteil.

Hänels Verteidigerin Monika Frommel wies demgegenüber darauf hin, dass es sich bei den bereitgestellten Informationen nicht um eine appellative Werbung handelt, weswegen der Straftatbestand des Werbens nicht erfüllt sei. Frommel führte zudem aus, dass der Paragraf 219a nicht nur verfassungswidrig, sondern auch historisch problematisch sei. "Der Paragraf 219a ist ein Relikt aus der Nazizeit, das von der Reformgesetzgebung versehentlich mitgeschleppt wurde", so Frommel.

Ähnlich argumentierte das Institut für Weltanschauungsrecht, das am Tag vor der Verhandlung eine Stellungnahme zum umstrittenen Paragrafen veröffentlichte. Darin heißt es: "Der Paragraf 219a StGB ist abzuschaffen. Denn er folgt religiösen Glaubensvorstellungen und der nationalsozialistischen Weltanschauung, die mit einem demokratischen, weltanschaulich neutralen Rechtsstaat in der Ausrichtung auf die Europäische Menschenrechtskonvention unverträglich sind." 

Solidaritätswelle für Hänel

Hänel selbst hatte vor der Verhandlung eine Petition gegen Paragraf 219a und für das Informationsrecht für Frauen zum Schwangerschaftsabbruch gestartet, die mittlerweile von mehr als 117.000 Menschen unterzeichnet wurde. Und auch während der Verhandlung erfuhr Hänel ideele Unterstützung. Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich 400 Menschen versammelt, um ihre Solidarität mit der Angeklagten zu bekunden.

Kristina Hänel kündigte bereits an, dass sie im Fall einer Verurteilung in Revision gehen wolle. Notfalls werde sie durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gehen.