Wahlprüfsteine des Säkularen Netzwerks NRW zur Landtagswahl 2022

Haben die Parteien Antworten auf die Säkularisierung?

7. Religiöse Neutralität

Ein demokratischer Staat, der die Religionsfreiheit schützt, muss auf seine religiös-weltanschauliche Neutralität besonderen Wert legen.
Wie stehen Sie zur Säkularisierung des öffentlichen Lebens – genannt seien hier z. B. Glockenläuten, Muezzinruf oder auch die Besetzung des Rundfunkrats?

Antwort der CDU:

Wir setzen uns für die grundgesetzlich garantierte Religions- und Weltanschauungsfreiheit aller Menschen ein. Diese Freiheit verstehen wir im positiven Sinne. Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens sowie religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Wir stehen zu den Grundrechten und sind uns unserer Verantwortung bewusst, dieses Grundrecht zu sichern und zu verteidigen. Die bewährte Zusammenarbeit mit den Kirchen, Religionsgemeinschaften sowie jüdischen und islamischen Gemeinden werden wir unvermindert fortsetzen. Dabei werden wir uns auch dafür einsetzen, dass alle Religionsgemeinschaften und die Bürgerinnen und Bürger voller Respekt füreinander weiter friedlich zusammenleben und ihre Belange und Interessen gehört und wertgeschätzt werden.

Antwort der SPD:

Wir stehen als SPD zur Religionsfreiheit, die unser Grundgesetz garantiert. Ob und in welchem Umfang hierzu zum Beispiel Muezzin-Rufe gehören, muss deshalb jeweils nach den örtlichen Gegebenheiten mit allen Beteiligten besprochen und gemeinsam abgestimmt werden und sollte nicht im Alleingang durchgesetzt werden. Bei der Zusammensetzung des WDR-Rundfunkrates werden wir dafür Sorge tragen, dass die gesamte gesellschaftliche Breite der Interessen weitgehend widergespiegelt wird, und dabei auch gesellschaftlich relevante Gruppen berücksichtigen, die bislang nicht oder nicht mehr im Rundfunkrat vertreten sind. 2021 haben wir dazu auch einen Änderungsantrag zum WDR-Gesetz eingebracht, der leider abgelehnt wurde (Drs. 17/13558).

Antwort der FDP:

Wir verteidigen die Religions- und Gewissensfreiheit. Die individuelle Freiheit, einen religiösen Glauben persönlich zu leben und öffentlich zu bekennen oder dies auch nicht zu tun, gehört zu unseren Grundsätzen. Der Staat darf aus unserer Sicht keine Definitionshoheit über religiöse Werte in der Gesellschaft beanspruchen. Er darf einzelne religiöse Traditionen nicht privilegieren, ebenso wie er umgekehrt auch nicht eine rein laizistische Haltung privilegieren kann. Wir halten bei Gremien wie beispielsweise Rundfunkräten, die in ihrer Zusammensetzung gesellschaftliche Gruppen abbilden sollen, eine ausreichend pluralistische Besetzung für notwendig. Bezüglich des Muezzinrufs würde eine pauschale Entscheidung den örtlich unterschiedlichen Begebenheiten in den Städten und Gemeinden in NRW nicht gerecht. Die Entscheidung muss vor Ort politisch erörtert und in einem gemeinsamen Verständnis getroffen werden.

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:

Das WDR-Gesetz wurde von der schwarz-gelben Koalition so verändert, dass die Beteiligung von Konfessionslosen nicht mehr gegeben ist. Die gesetzliche Grundlage muss wiederhergestellt werden. Die bisherige Rechtsprechung sieht liturgisches Läuten in der Regel als rechtlich zulässig an, anderes Läuten wie z.B. das Zeitschlagen unterliegt keinem rechtlichen Sonderstatus und ist gemäß der rechtlichen Vorgaben zur Lärmminderung zu bewerten.

Antwort von Die Linke:

Die Linke setzt sich für eine Gleichbehandlung aller weltanschaulichen Gemeinschaften ohne Wenn und Aber ein. Das gilt für die Beschallung des öffentlichen Raums ebenso wie für die Besetzung des Rundfunkrates.

Antwort der Piraten:

Wir wollen den Sonderstatus von Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften als Körperschaft öffentlichen Rechts beenden und diese stattdessen nach dem allgemeinen Vereinsrecht behandeln. Das Kirchenrecht darf in der Rechtsprechung nur in dem Rahmen berücksichtigt werden, in dem auch Satzungen von Vereinen berücksichtigt werden. Gesetze, die einem besonderen Schutz von Glaubensgemeinschaften dienen und somit eine Gleichberechtigung verhindern, wollen wir abschaffen. Da keine Staatskirche existiert, setzen wir uns dafür ein, Religionsgemeinschaften in staatlichen wie auch internationalen Gremien konsequent als Nichtregierungsorganisationen (NGO) einzustufen. Entsprechend fordern wir, dass Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Rundfunkräten genauso behandelt werden, wie andere gesellschaftlich relevante Gruppen und NGO. Außerdem fordern wir die Streichung jeglicher Gottesbezüge in der Verfassung, den Gesetzen und Verordnungen des Landes. Religiöse Symbole sollen aus allen staatlichen Einrichtungen entfernt und staatliche Gebäude nicht weiter eingesegnet werden. Ebenso sind religiöse Handlungen bei staatlichen Veranstaltungen zu unterlassen. Eidesformeln sind grundsätzlich neutral zu fassen. Wir setzen uns für die Änderung der Feiertagsgesetze ein: Religiöse Sonderrechte sollen aus diesen herausgestrichen werden und damit auch für die Abschaffung des Tanzverbotes an den sogenannten stillen Feiertagen.

Antwort von Die Humanisten:

Religiöse Gemeinschaften sollten keine Sonderrechte haben und sich an bestehende Lärmschutzrechte halten. Der Rundfunkrat sollte sich der demographischen Verteilung der Bevölkerung anpassen.