8. Staatsleistungen
Den nun schon über 100 Jahre alten Verfassungsauftrag, die altrechtlichen Staatsleistungen an die Kirchen abzulösen, ist Ihnen ein Anliegen?
Wie sollte das Land NRW Ihrer Ansicht nach das Vorhaben vorantreiben? Haben sich nach so langer Zeit weitere Ablösezahlungen nicht erübrigt?
Antwort der CDU:
Vor über 220 Jahre wurde der kirchliche Herrschaftsbesitz im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses säkularisiert und weltlich eingezogen. Seit gut 102 Jahren, seit der Weimarer Reichsverfassung von 1919, besteht der Verfassungsauftrag, die dafür fälligen Staatsleistungen abzulösen. Wir stehen dafür, diesen Auftrag auf den entsprechenden Ebenen ernst zu nehmen. Der Staat muss hier die Rolle des neutralen Maklers, als die des Zahlmeisters erfüllen. Dabei gilt es die Höhe der Ableistungen, Gewichtung zwischen Land und Bund sowie ggf. regionale Differenzierungen mit allen Beteiligten zu diskutieren.
Antwort der SPD:
Wir werden uns an dem im Koalitionsvertrag im Bund zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbarten Prozess beteiligen, in dem eine einvernehmliche Lösung zwischen Bund, Ländern und Kirchen zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen erarbeitet werden soll.
Antwort der FDP:
Wir wollen das Staatskirchenrecht zu einem Religionsverfassungsrecht weiterentwickeln. Es soll einen passenden rechtlichen Status bieten für alle Religionsgemeinschaften, die das Gleichheitsgebot und die Glaubensvielfalt, die Grundrechte sowie die Selbstbestimmung ihrer Mitglieder anerkennen. Im Zuge dessen muss der Verfassungsauftrag der Ablösung der Staatsleistungen vollzogen werden. Dazu bedarf es eines intensiven Dialoges mit den Ländern, Landeskirchen und Diözesen, den wir gerne begleiten werden.
Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:
Der seit über hundert Jahren bestehende Verfassungsauftrag, dass die Staatsleistungen abgelöst werden, wurde bisher nicht erfüllt. Die Umsetzung ist damit mehr als überfällig. Schon in der letzten Legislaturperiode wollten wir Grüne, FDP und die Linkspartei die Ablösung der Staatsleistungen im Bund auf den Weg bringen. Der Gesetzentwurf ist an der Union gescheitert. Als erste Regierung in der Bundesrepublik überhaupt hat die Ampel das Vorhaben in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen und will den Verfassungsauftrag endlich umsetzen. Damit wird der Prozess auch in NRW für die zeitnahe Ablösung beschleunigt. Unter Rot-Grün wurde ab 2010 landesseitig die Entflechtung schon angegangen, u.a. mit der Auflösung von Schul- und Studienfonds.
Antwort von Die Linke:
Die Erfüllung des Verfassungsauftrages der Ablösung der Staatsleistungen ist mehr als überfällig. Stattdessen überweisen die Bundesländer weiterhin rund eine halbe Milliarde Euro jährlich an die großen Kirchen. Die Bundesregierung muss endlich konkrete Schritte zur Umsetzung des Verfassungsauftrags einleiten. Möglich ist, die Ablösung wie eine Sozialisierung von Eigentum im Sinne des Grundgesetzes Artikel 14 (Enteignung) und 15 (Vergesellschaftung) zu behandeln. Dann würde eine Ablösesumme unter "gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Betroffenen" festgelegt werden. Dieser Preis muss nicht dem vollen Wert entsprechen. Die Fraktion Die Linke im Bundestag hat bereits 2012 einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit der diese Ablösung der Staatsleistungen erfolgen könnte. Dies scheiterte an den Stimmen der GroKo.
Das Land NRW sollte unverzüglich Schritte einleiten, um die mit dem Land NRW bestehenden Verträge unverzüglich in diesem Sinne abzulösen und eine Bundesratsinitiative anschieben, dieses Projekt auch auf Bundesebene voranzutreiben.
Antwort der Piraten:
Wir sprechen uns für eine zeitnahe Abschaffung aller Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften aus. Wie vom Grundgesetz gefordert, soll die Ablösung mit einem Landesgesetz durchgeführt werden. NRW soll sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass alle Länder und der Bund eine gemeinsame Kommission unter Hinzuziehung aller Beteiligten einrichten, die den Wert der verstaatlichten, kirchlichen Besitztümer und der bisher ausgezahlten Entschädigungsleistungen an die beiden Kirchen ermittelt und einen Vorschlag für eine abschließende Entschädigungszahlung erarbeiten soll.
Antwort von Die Humanisten:
Wir wollen endlich den 100 Jahre alten Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen erfüllen. Diese sind unverzüglich und ohne Abschlagszahlungen einzustellen. Wir wollen die staatliche Finanzierung kirchlicher Würdenträger und theologischer Fakultäten beenden.
10 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Die Antworten der befragten Parteien zeigen deutlich wessen Geisteskind die jeweiligen
Der humanistische Teil der Parteien zeigt eine reale und notwendige Sicht für die Zukunft der Bürger auf, welche eine dringlichste Erneuerung der Verhältnisse fordert, während der
Konventionelle Anteil im gegenwärtigen stecken bleibt und damit Probleme für eine plurale
Zukunft vorprogrammiert.
Um eine bessere Zukunft für die BRD zu erreichen ist es dringend nötig sich von überkommenen Systemen und Verpflichtungen zu befreien und mit Rat und Tat auf eine säkulare humanistische Welt hinzuarbeiten.
Wir brauchen weniger Religionen, sondern mehr humanistische Denker, nur so geht Fortschritt.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ich habe die 8 Seiten noch nicht durch, aber ich vermute, eine Forderung nach landesweiter Umwidmung aller Bekenntnisschulen in bekenntnisfreie Schulen kommt nicht vor.
Max Ehlers am Permanenter Link
Doch, direkt Frage 2. Teils erfreuliche Reaktionen, teils Antworten, die deutlich machen, dass die Antwortenden noch nicht einmal das Problem kennen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ja, inzwischen auch gesehen, Max Ehlers. Erfreulich die Raktionen von Piraten und Humanisten; aber die haben ja beide mit dem Überleben zu kämpfen...
Peter Jaglo am Permanenter Link
Danke das neben den etablierten Parteien auch "kleine" Parteien wie Piraten und Humanisten von euch befragt wurden.
Assia Harwazinski am Permanenter Link
Lobenswerte Ansätze, die spätestens seit der Einrichtung der "Zentren für Islamische Theologie" konterkariert werden.
Roland Fakler am Permanenter Link
Man muss doch mal ganz klar feststellen, dass die abrahamitischen Religionen nicht auf dem Boden unserer Verfassung stehen. Warum sollten solche Organisationen dann staatlich gefördert werden?
A.S. am Permanenter Link
Würden die Kinder nicht mehr an den Christen-Gott glauben, würden sie später nicht mehr CDU wählen. Darum geht's der CDU.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Dann sollten die CDU/CSU sich umbenennen in DHU/DSU Demokratisch-Humanistische-Union
Christian Nentwig am Permanenter Link
Ich bin streng religiös (röm.-katholisch) konditioniert worden, erst mit über 20 Jahren konnte ich mich von dieser Märchenideologie freimachen.