Hitze in Deutschland: Neun Millionen Menschen gefährdet

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Hohe Temperaturen sind für alleinstehende Ältere und Personen mit Behinderungen lebensbedrohlich – aber weder Bundesregierung noch Städte und Landräte kümmern sich um sie. Dabei zählen in Deutschland nach Correctiv-Recherchen rund neun Millionen Personen zu diesen Risikogruppen.

Ältere und geschwächte Personen sind in der aktuellen Hitzewelle lebensgefährlich bedroht. Nach Recherchen des gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv beläuft sich die Zahl der Personen, deren Gesundheit bei andauernd hohen Temperaturen potentiell gefährdet ist, auf 8,9 Millionen. Für diese Erhebung hat Correctiv die Daten schwerbehinderter Menschen zwischen 18 und 65 Jahren und allein lebender Menschen über 65 Jahre ausgewertet. Denn für genau diese Menschen führen alle größeren Kommunen in Frankreich ein so genanntes Hitzeregister: Die dort verzeichneten Personen werden vom Sozialdienst täglich angerufen, um nach ihrem Wohlergehen zu fragen, sie können auch Trinkwasser und Ventilatoren erhalten. Erreichen sie die Sozialarbeiter nicht, schicken diese sogar die Feuerwehr.

Bundesgesundheitsministerium hat keinen Plan für Hitzeschutz

In Deutschland hingegen ist bislang offiziell nicht nachvollziehbar, wie viele Menschen aktuell vor Hitze geschützt werden müssten. Die Bundesregierung hat weder ein Schutzregister noch eine Ahnung davon, wie viele Menschen durch hohe Temperaturen gefährdet sind. Auf Anfrage teilte das Bundesgesundheitsministerium mit, Daten zu den Risikogruppen seien nicht verfügbar. Auch ein Hitzeregister nach dem Vorbild Frankreichs sei nicht geplant. Es sei in Deutschland Aufgabe der Länder und Kommunen, regional angepasste Aktionspläne zu entwickeln.

Auf diese aber warten die meisten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland wohl vergeblich: Zeit Online hatte kürzlich aufgedeckt, dass nur jeder fünfte Landkreis über ein Konzept verfügt, wie besonders gefährdete Menschen vor den tödlichen Folgen steigender Temperaturen geschützt werden könnten. Und rund 80 Prozent der 299 Landkreise, die auf die Fragen von Zeit Online antworteten, haben kein Hitzeschutzkonzept oder einen Hitzeaktionsplan entwickelt – obwohl Bund und Länder ihnen das vor mehr als fünf Jahren nahegelegt hatten.

Tausende Menschen sind hitzebedingt gestorben

"Trotz Hinweisen auf eine gewisse Anpassung an Hitze zeigen besonders die Jahre 2018 – 2020, dass Hitzeereignisse nach wie vor eine bedeutende Bedrohung für die Gesundheit der Menschen in Deutschland darstellen," schreiben Forschende des Robert Koch-Instituts und des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in einer Studie. Demnach sind zwischen 2018 und 2020 rund 19.000 Menschen hitzebedingt verstorben.

"Die Hitze ist ein stiller Killer", sagt Alexandra Schneider. Sie forscht am Helmholtz-Zentrum München. Dennoch würden die Warnsysteme für Hitze in Deutschland noch gar nicht funktionieren, viele Menschen wüssten nicht einmal, dass es welche gäbe. "Ein Register und ein Vorgehen wie in Frankreich wäre auch in Deutschland gut", sagt Gesundheitsexpertin Schneider.

Die komplette Recherche ist auf der Website von Correctiv zu lesen.

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