Die Ereignisse in Thüringen überschlagen sich und nicht nur dort scheint das dogmatische Festhalten an der Hufeisentheorie von Seiten der CDU und FDP eine stabile Regierungsbildung schwierig zu machen. Ein guter Anlass, um sich mit der unter Politolog*innen umstrittenen Theorie etwas genauer zu befassen. Ein Kommentar von Constantin Huber.
Es gibt Grund zur Annahme, dass das Hufeisen nicht mehr zu retten ist. Denn als Teil der gängigen Extremismustheorie hat es aus mehreren Gründen vollends versagt. Zum einen gibt es – wie die Politikwissenschaftlerin und Expertin für Rechtsextremismus Natascha Strobl bereits vor einigen Monaten schrieb – durchaus auch eine Gewalt in "der Mitte". Wenn etwa darüber nachgedacht wird, ob man Menschen ertrinken lässt, oder wenn vom Bürgerkrieg fantasiert wird, dann ist das Gewalt. Physische Gewalt findet laut Frau Strobl nicht im luftleeren Raum statt, sondern wird diskursiv vorbereitet. Außerdem schreibt sie, dass es keine undurchdringliche Mauer zwischen "Mitte" und "Extrem" gibt, sondern die Übergänge fließend sind. Die Extremismustheorie ist ihr zufolge unter anderem deshalb gescheitert, weil sie "die Mitte" entschuldet, obwohl es erwiesenermaßen auch dort menschenfeindliches Gedankengut gibt. Zum anderen kann die Hufeisentheorie die Neue Rechte nicht erfassen und hat in der Praxis mehrfach versagt, wie die nur mittelmäßige Arbeit des Verfassungsschutzes im Kampf gegen Rechtsextremismus zeigt. Da reicht ein Blick auf die NSU-Morde und jene in Halle oder Hanau. Und wenn die Antifa an vielen Orten ehrenamtlich die Arbeit leistet, die eigentlich vom Verfassungsschutz geleistet werden müsste, dann sollten sämtliche Alarmglocken ob der eklatanten Schieflage läuten.
Auch weitere Kritikpunkte lassen sich finden. Die vielbeschworene Äquidistanz zwischen Links- und Rechtsextremismus lässt sich nämlich nirgends so recht in der empirischen Realität finden. Der Politikwissenschaftler Robert Feustel schreibt sinngemäß: Während linker Stalinismus kaum noch vorhanden ist, nimmt der aggressive Faschismus auf der rechten Seite immer weiter zu und ist unüberhörbar.
Zumal die absurde Hypothese, "Die Linke" wäre genauso schädlich für die Demokratie wie die "AfD", Länder wie Thüringen oder Sachsen-Anhalt unregierbar machen könnte. Während sich "Die Linke" unverkennbar immer weiter mäßigt und sich in die bundesdeutsche Demokratie integriert, radikalisiert sich die AfD immer stärker. Deren Vorsitzende werden durch immer rechtere ersetzt und der sogenannte "Flügel" um Björn Höcke, dessen Jugendorganisation sich mitunter "Höckejugend" nennt, tritt immer offener für faschistisches Gedankengut ein. Wer dies weiß, aber dennoch "Die Linke" und die "AfD" als gleich demokratiegefährdend darstellt, der macht sich definitiv mitschuldig an der Verharmlosung von Rechtsextremismus.
Der Nutzen von stark vereinfachenden Skalen
Generell muss bedacht werden, dass es sich bei der ursprünglichen ("ungebogenen") Links-Rechts-Skala um eine sehr holzschnittartige Einteilung beziehungsweise Verortung handelt. Um zu überprüfen, wo man steht und um sich von den extremistischen Rändern abzugrenzen, taugt diese Skala. Zu sonderlich viel mehr allerdings nicht. Gerade für politische Laien ist diese Einteilung sinnvoll, um sich ein erstes, grobes Bild zu machen. Aber sobald der Anspruch erhoben wird, eine Partei vollends zu beschreiben oder aber auf theoretischer Basis Regierungs- sowie Verfassungsschutzarbeit konzipiert werden möchte, reicht eine eindimensionale Skala gewiss nicht mehr aus. Dann muss man sich schon in die komplexeren Analysemöglichkeiten und daraus resultierenden empfohlenen Handlungsoptionen der Politikwissenschaft einarbeiten. Der Kampf gegen Rechtsextremismus etwa gelingt nur, wenn entscheidende Personen(-gruppen), Strukturen und Ideologien tiefergehend betrachtet werden. Und dafür braucht es weit mehr als ein oder zwei Skalen, die nur an der Oberfläche kratzen.
Nur einen einzigen Mehrwert bringt die Hufeisentheorie: sie veranschaulicht, dass sich an den Rändern Abgründe auftun. Alles andere ist ohne sie besser zu vermitteln. Etwa das Aufzeigen, dass es eine Grenze zwischen "gemäßigt links" und "extremistisch links" sowie "gemäßigt rechts" und "extremistisch rechts" gibt. Diese verläuft allerdings zwischen "Linken" und "MLPD" auf der linken und zwischen "CSU" und "AfD" auf der rechten Seite – und nicht, wie fälschlicherweise gerne angenommen, zwischen "Grünen" und Linken" beziehungsweise "AfD" und "NPD". Diese Abgrenzung ist auch mit einer geraden oder leicht gebogenen Linie möglich, die keine Äquidistanz oder gar inhaltlichen Gemeinsamkeiten der politischen Ränder vorgaukelt. Auch wenn es vereinzelt gleiche Ziele und Strategien geben mag (wie der vielbeschworene "Umsturz des Systems" oder die Anwendung von Gewalt), so sind die Unterschiede doch viel gravierender als die sehr wenigen Gemeinsamkeiten. Nur, wenn die verschiedenen Ursachen und die Problematiken in den Strukturen und Ideologien an den Rändern differenziert betrachtet werden, können funktionierende Lösungsstrategien eruiert werden. Und nur dadurch kann auch die Einsicht einkehren, dass der rechte Rand real sehr viel schädlicher für die Demokratie und ihre Institutionen ist als etwa das weichgespülte Schreckgespenst des Kommunismus, welcher von keiner relevant großen Gruppe aktuell eingeführt werden möchte respektive kann. Marxistisch-leninistische oder kommunistische Parteien sind nirgends in einem Parlament. In Thüringen, Brandenburg und Sachsen ist die rechtsextreme AfD hingegen sogar zweitstärkste Partei mit weit über 20 Prozent und im Bund immerhin stärkste Oppositionspartei.
Pragmatismus > Dogmatismus
Während die gemäßigte Linke (SPD, Grüne, Linke) für mehr soziale Gerechtigkeit einsteht und niemand davon mit den Linksextremisten (wie der MLPD) zusammenarbeiten möchte und diese Parteien die Demokratie im Zweifel stets stützen, zeigen sich auf der rechten Seite (CDU, FDP, CSU) durchaus Tendenzen, auch durch die Verrohung der Sprache und die Abwertung bestimmter Menschengruppen, die Zusammenarbeit mit den Rechtsextremisten (AfD) willkommen zu heißen. Jüngst hat ein FDP-Kandidat sogar mit Faschisten paktiert, indem er sich von ihnen zum Ministerpräsidenten hat wählen lassen und erst aufgrund des Protests von weiten Teilen der Bevölkerung hat er seinen Fehler eingesehen. Dabei sollte es unter den Demokraten, unter den "Gemäßigten", Grundkonsens sein, dass solche Entscheidungen nicht von Extremisten getroffen werden dürfen. Dies gibt den Extremisten eine Macht, die ihnen nicht zusteht. Diese Schieflage auf der rechten Seite ist eine ernstzunehmende Bedrohung für die mühsam erstrittenen Werte der letzten Jahrzehnte. Hierfür muss zeitnah eine Lösung gefunden werden. Wenn weiterhin aus den rechten Kreisen der Politik Stimmen laut werden, wonach man mit der AfD doch zusammenarbeiten könne, dann muss das Attribut "gemäßigt" bei den entsprechenden Parteien ernsthaft in Frage gestellt werden.
15 Kommentare
Kommentare
Mister x am Permanenter Link
Im großen und ganzen stimme ich dem Kommentar zu, die AfD ist weitaus extremistischer und gefährlicher als die Linke. Jedoch werden hier einige Teile der Linkspartei verharmlost.
Edgar Schwer am Permanenter Link
Es gibt für die bürgerliche Mitte kein Zurück mehr zu „konservativen Werten“ und „marktliberalen Wurzeln“ die es so schlicht nicht mehr gibt.
Hans Müller am Permanenter Link
Herr Huber, Ihrer Einschätzung SPD, Grüne und Linke würden für mehr soziale Gerechtigkeit stehen, kann ich so nicht zustimmen.
Ich bin beileibe kein Fan der MLPD. Wenn ich mir aber Gedanken dazu mache, stelle ich fest, dass ich wie alle älteren in der Gesellschaft, seit über 60 Jahre einer Gehirnwäsche in Sachen Antikommunismus/Antisozialismus ausgesetzt bin, die in mir ein Unwohlsein auslöst, sobald ich bei Demos MLPD Fahnen zu nahe komme. Herr Huber, Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn Sie Ihren Lesern erklären würden, worin die Gefahr dieser so extremistischen MLPD eigentlich liegt.
Würden Sie das tun, würden Sie sich wohltuend von unseren staatstragenden Journalisten und Politikern abheben, die sich als die Guten darstellen und alle, die das so nicht sehen und erkennen können, als gefährlich brankmarken.
David Z am Permanenter Link
"... Gewalt in "der Mitte". Wenn etwa darüber nachgedacht wird, ob man Menschen ertrinken lässt, oder wenn vom Bürgerkrieg fantasiert wird, dann ist das Gewalt. "
Oder wenn man Menschen mit anderer Meinung inkl. deren Angehörigen ins Gesicht spuckt oder Blumemsträusse vor die Füsse wirft.
"Zum anderen kann die Hufeisentheorie die Neue Rechte nicht erfassen und hat in der Praxis mehrfach versagt, wie die nur mittelmäßige Arbeit des Verfassungsschutzes im Kampf gegen Rechtsextremismus zeigt."
Warum kann die Theorie die "neue Rechte" nicht erfassen? Und was haben mögliche Mängel beim VerfSchutz mit der Verifikation der Hufeisentheorie zu tun?
"Und wenn die Antifa an vielen Orten ehrenamtlich die Arbeit leistet, die eigentlich vom Verfassungsschutz geleistet werden müsste, dann sollten sämtliche Alarmglocken ob der eklatanten Schieflage läuten."
Ja, wenn sich radikale Aktivisten anmassen, die Exekutive eines Staates übernehmen zu wollen, dann sollten wirklich die Alarmglocken läuten, wenn man Willkür und Terror nicht Tür und Tor öffnen möchte.
" Auch weitere Kritikpunkte lassen sich finden. Die vielbeschworene Äquidistanz zwischen Links- und Rechtsextremismus lässt sich nämlich nirgends so recht in der empirischen Realität finden."
Tatsächlich? Reichen DDR, Stalinismus, rote Khmer etc nicht aus? Oder in kleinerem Masstab: RAF, Bedrohungen durch den Mob der Strasse etc?
" Während linker Stalinismus kaum noch vorhanden ist, nimmt der aggressive Faschismus auf der rechten Seite immer weiter zu und ist unüberhörbar."
Wie bequem. Der aggressive Faschismus Benitos oder Adolfs allerdings ebensowenig.
"Zumal die absurde Hypothese, "Die Linke" wäre genauso schädlich für die Demokratie wie die "AfD""
Wie wollen Sie hier einen Unterschied falsifizieren? Fakt ist: Es gibt linksextremistische Untergruppierungen in der Partei Die Linke. Fakt ist ferner, dass die Partei eine Systemänderung anstrebt und langfristig „soziale, demokratische und friedensstiftende Reformen zur Überwindung des Kapitalismus“ erreichen möchte. Dass ein solcher Eingriff in die gesellschaftlichen Freiheiten nicht "unschädlich" ablaufen kann, ist offensichtlich.
"Während sich "Die Linke" unverkennbar immer weiter mäßigt und sich in die bundesdeutsche Demokratie integriert, radikalisiert sich die AfD immer stärker. "
Wer musste sich aufgrund des Strassenmobs in Polizeischutz begeben nach den Vorfällen in Thüringen? Tip: Politiker der Linken waren es nicht.
" Wer dies weiß, aber dennoch "Die Linke" und die "AfD" als gleich demokratiegefährdend darstellt, der macht sich definitiv mitschuldig an der Verharmlosung von Rechtsextremismus."
Erneut: wie bequem. Wer nicht der Meinung von Herrn Huber ist, ist ein Nazi! Vielleicht sollten Sie mal den Umkehrschluss erwägen. Sind Sie es nicht, der den Linksextremismus verharnlost?
" Nur, wenn die verschiedenen Ursachen und die Problematiken in den Strukturen und Ideologien an den Rändern differenziert betrachtet werden, können funktionierende Lösungsstrategien eruiert werden."
Schon mal daran gedacht, dass die Ideologie nur ein Symptom, aber nicht die Ursache ist?
Ich empfehle hier eine aktuelle Studie aus Schweden, die sich genau damit beschäftigt:
https://www.nzz.ch/international/europa/schwedens-problem-mit-der-toleranz-ld.4142
"... als etwa das weichgespülte Schreckgespenst des Kommunismus, welcher von keiner relevant großen Gruppe aktuell eingeführt werden möchte respektive kann."
Ein klassischer Faschismus ebensowenig.
"zeigen sich auf der rechten Seite (CDU, FDP, CSU) durchaus Tendenzen, auch durch die Verrohung der Sprache und die Abwertung bestimmter Menschengruppen, die.."
Welche Menschengruppen meine Sie? AfD Politiker oder andere kritische Personen, die fröhlich als "Krebsgeschwür" oder Faschist bzw Nazi beschimpft und abgewertet werden? Wenn nein, sind diese Personen dann also keine Menschen für Sie?
"Jüngst hat ein FDP-Kandidat sogar mit Faschisten paktiert, indem er sich von ihnen zum Ministerpräsidenten hat wählen lassen und erst aufgrund des Protests von weiten Teilen der Bevölkerung hat er seinen Fehler eingesehen."
Das ist ja unerhört! Ein Kandidat hat für sich das im zustehende Recht in Anspruch genommen, sich wählen zu lassen! Wie soll er sterben? Scheiterhaufen, Steinigung, Sippenhaft, Gulag? Zum Glück haben wir Herrn Huber, der hier einen "Fehler" erkennt und zusammen mit "weiten Teilen der Bev" den Kandidaten im oeffentlichen Schauprozess richtet.
"Dies gibt den Extremisten eine Macht, die ihnen nicht zusteht."
Wenn der Souverän sich diese Vertreter wählt, dann haben diese Vertreter nicht nur das Recht sondern auch die Pflicht, ihren Souverän in seinem Sinne zu vertreten. Benötigen Sie Nachhilfe in parlamentarischer Demokratie?
" Diese Schieflage auf der rechten Seite ist eine ernstzunehmende Bedrohung für die mühsam erstrittenen Werte der letzten Jahrzehnte."
Diese "Schieflage" ist hausgemacht. Was Sie als Bedrohumg wahrnehmen , nehmem andere als Zurechtrücken war. Anstatt sich in infantilem " du bist doof aber du noch viel mehr" zu verlieren und die Spaltung damit weiter voranzutreiben, wäre da nicht eine Ursachenforschung sinnvoller?
Und anschließend: Aufeinanderzugehen, miteinander reden (verrückter Vorschlag, ich weiss) , Kompromisse finden, anstatt in partei-ideologischen Grabenkämpfen zu diffamieren, zu isolieren und auszugrenzen. Thüringen war die Chance dazu. Leider vertan.
In der Realität gibt es kein Schwarz und Weiss. Die Situation als solche darzustellen, ist entweder naiv oder tendenziös.
Klaus D. Lubjuhn am Permanenter Link
Inhaltlich werden Unterschiede der beiden Extrema nur mit PC-artigem Aufwand und recht oberflächlich angetippt.
Christian M. am Permanenter Link
Das Wesentliche zum politischen Extremismus an den beiden Rändern - nämlich seine gedanklichen Grundlagen - ist in Karl Poppers "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" beschrieben.
Die entscheidende Frage ist: Sehen sich die politisch Handelnden als Vertreter individueller Interessen oder als Erfüller historischer Prophezeiungen? Letzteres gilt sowohl für den dogmatischen Marxismus als auch für den völkischen Nationalismus.
Eine klare Abgrenzung zu den jeweiligen extremistischen Ideologien fehlt sowohl bei der Linken als auch bei der AfD. Und es ist m. E. lediglich auf die momentanen politischen Begleitumstände zurückzuführen, dass Extremisten zurzeit bei der Linken nicht den Ton angeben.
Wäre dem so, dann wäre die Gefahr für die Demokratie mit Sicherheit keinen Deut geringer.
René am Permanenter Link
> Wäre dem so, dann wäre die Gefahr für die Demokratie mit Sicherheit keinen Deut geringer.
Ist es aber nicht.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Das was ich schon seit Jahren vermute, da die Kirchen im dritten Reich völlig hinter dem
Ernst-Günther Krause am Permanenter Link
Die CDU koaliert in den Bundesländern mit den Grünen, der SPD und der FDP. Die Grünen koalieren in den Bundesländern mit der CDU, der SPD, der FDP und den Linken ("Die Linke").
Es ist noch nicht allzu lange her, dass weder CDU noch die SPD noch die FDP mit den Grünen eine Koalition bilden wollten. Heute ist das anders. Bei den Grünen haben sich die Realos durchgesetzt. Und bei den Linken geben zumindest in den neuen Bundesländern die Realos den Ton an. Ich denke, das hat auch etwas mit Evolution zu tun.
M. Landau am Permanenter Link
Es erstaunt ohnehin warum die religiös begründete CDU ständig betont sich von der AfD zu distanzieren, immerhin hatte die CDU sogar einen waschechten Nazi (Mitglied der NSDAP) als Bundeskanzler: Kurt Georg Kiesinger.
Mir ist gegenwärtig, dass ich ähnliche Kommentare bereits zu anderer Gelegenheit gepostet habe. Ich halte es für höchst relevant darauf hinzuweisen, denn - IMHO - werden genau diese Wurzeln der CDU und die braune Spur tief hinein nach Nazi-Deutschland, zu oft gar nicht wahrgenommen. Bemerkenswert, jedoch keineswegs erstaunlich: die CDU war ein Sammelbecken für zahlreiche braune Gestalten; ein religiös geprägtes faschistisches Umfeld, dessen Geistes Kinder heute noch erstaunlich viele Wähler finden. Dass deren Umfragewerte in den letzten Jahren stark zurückgegangen sind, ist weniger die Einsicht ihrer Stammwähler als deren Ableben. Der Christliche Dinosaurier Union wird aussterben, der (politische) Asteroid ist längst im Konrad-Adenauer-Haus eingeschlagen.
A.S. am Permanenter Link
In meinen Augen ist die "Hufeisentheorie" gar keine Theorie, sondern nur ein Bild, das die Annäherung der extremistischen Enden einerseits und die angebliche Äquidistanz der Extreme von der "Mitte"
Die Annäherung der Extreme ist gut verständlich. Beide setzen ihre Weltsicht als absolut, verweigern sich der demokratischen Diskussion, sind völlig kompromißunwillig, machen ihre jeweiligen Gegner verbal/medial rücksichtslos nieder und schrecken immer weniger vor Gewalt zurück.
Bei beiden Extremen gibt die außerparlamentarische Seite und die innerparlamentarische. Letztere sind "AfD" und "Linke". Die Gefahr geht weniger von diesen Parteien als von ihren APO-Organisationen aus.
Darüber hinaus halte ich es für falsch, von nur zwei Armen des "Hufeisens" auszugehen. Passender wäre m.E. ein "Oktopus-Bild". Es gibt außer den klassischen rechts-links-Extremen auch noch verschiedene radikal-religiöse Gruppen: Salafisten, "Lebensschützer", ...
Ich würde es vorziehen, generell zwischen Demokraten und Extremisten zu unterscheiden. Demokraten sind bereit, unter Wahrung gesellschaftlicher Umgangsformen miteinander zu diskutieren und Kompromisse zu schließen. Extremisten tun das alles genau nicht. Für Extremisten steht ihre jeweilige Ideologie bzw. Religion über allem.
Zur Gefährlichkeit: Für die Demokratie, die die Kompromissfähigkeit und Kompromißwilligkeit aller Beteiligten als notwendige Voraussetzung hat (selbige aber nicht garantieren kann - Böckenförde), sind alle Extremisten gefährlich.
Noch ein ganz anderer Gedanke:
Dass einige CDU-ler Ramelow zu unterstützen bereit sind, liegt m.E. daran, dass Ramelow "gut katholisch" ist. Ramelow ist Mitglied im katholischen ZK.
Für Säkulare sind m.E. unter einer Regierung Ramelow keine Fortschritte zu erwarten. Er wird keine Kirchenprivilegien kappen, den Religionsunterricht in Schulen nicht abschaffen, nicht auf säkulare Rundfunkräte drängen, ...
H. Müller am Permanenter Link
"Ich würde es vorziehen, generell zwischen Demokraten und Extremisten zu unterscheiden.
Wo ist unsere "westliche demokratische Mitte" bereit, unter Wahrung gesellschaftlicher Umgangsformen miteinander zu diskutieren und Kompromisse zu schließen? Braucht man dazu auf der ganzen Welt militärische Stützpunkte? Muss man über all dort, wo Menschen sich nicht der marktwirtschaftlichen Religion unterwerfen Regimechanges anzetteln?
Wie heißt es bei unseren Demokraten der Mitte "there is no alternate".
Die "westlichen Demokratien der Mitte", also marktkonforme Demokratien, erscheinen uns "gewaltlos" und werden uns so vermittelt. Sind sie aber nicht. Ein Blick auf das Mittelmeer müsste jeden überzeugen. Oder vielleicht auch dieser Beitrag auf Telepolis:
https://www.heise.de/tp/features/Parteien-der-Mitte-Null-Toleranz-gegenueber-Nazis-4665883.html
A.S. am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Müller, was Sie schreiben ist schon richtig. Für problematisch sehe ich aber an, dass Sie verschiedene Zeiten mischen.
Nach dem Krieg gab es in Deutschland einfach zu wenige Nicht-Nazis. Nach dem Untergang der DDR standen die ostdeutschen Bundesländer vor einem ähnlichen Problem: Zu wenige Nicht-Kommunisten. Daher der Ersatz durch West-Importe (Kurt Biedenkopf, Berhard Vogel u.a.), eine Möglichkeit, die nach dem WK2 für die alte BRD so nicht bestand.
N.B.: Auch Bodo Ramelow ist ein West-Import.
Ebenso halte ich es für problematisch, Innen- und Außenpolitik zu vermischen. Innenpolitisch gibt es einen Rechtsrahmen und Verfassungsinstitutionen, die es in dieser ausgereiften Form auf der internationalen Ebene nicht gibt.
Dass der "Westen" international gesehen eine Menge Dreck am Stecken hat, alten wie frischen, bestreite ich nicht. Hier tut ein sich ehrlich machen dringend not.
Nochmal zum Extremismus:
Moralismus ist auch eine Form von Extremismus. Rangiert derzeit unter dem Begriff "Hypermoral". Kompromisse sind für Moralisten der reinste Gottseibeiuns.
Moralismus wird in unseren Schulen gelehrt, im Religionsunterricht sowieso, aber leider auch von vielen Sozialkundelehrern.
Florian H. am Permanenter Link
"Diese verläuft allerdings zwischen "Linken" und "MLPD" auf der linken und zwischen "CSU" und "AfD" auf der rechten Seite – und nicht, wie fälschlicherweise gerne angenomme
Wenn der Kommentar schon so stark wissenschaftlich zu argumentieren versucht: Wo sind die empirischen Belege dafür?
"Diese Abgrenzung ist auch mit einer geraden oder leicht gebogenen Linie möglich, die keine Äquidistanz oder gar inhaltlichen Gemeinsamkeiten der politischen Ränder vorgaukelt."
Warum werden inhaltliche Gemeinsamkeiten "vorgegaukelt", wenn man zum Beispiel weiß, dass sowohl Linke als auch AfD gleichermaßen EU-Feinde sind? Oder beide gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr sind? Beide gegen die NATO sind? Beide Multilateralismus ablehnen?
"Und nur dadurch kann auch die Einsicht einkehren, dass der rechte Rand real sehr viel schädlicher für die Demokratie und ihre Institutionen ist als etwa das weichgespülte Schreckgespenst des Kommunismus, welcher von keiner relevant großen Gruppe aktuell eingeführt werden möchte respektive kann."
Auch das ist empirisch kaum nachweisbare Spekulation. Zudem ist die hier implizierte Behauptung völlig absurd, AfD oder andere Gruppierungen seien aktuell dazu in der Lage, den Nationalsozialismus wieder einzuführen. Wie kommt man auf sowas?
"Marxistisch-leninistische oder kommunistische Parteien sind nirgends in einem Parlament. In Thüringen, Brandenburg und Sachsen ist die rechtsextreme AfD hingegen sogar zweitstärkste Partei mit weit über 20 Prozent und im Bund immerhin stärkste Oppositionspartei."
Wer sagt, dass die Linke in ihren internen Grundfesten keine kommunistische Partei ist? Dass die Linke nicht genauso wie die AfD nur versucht, die Demokratie zu instrumentalisieren, um langfristig niedere Motive durchzusetzen? Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.
"In Thüringen, Brandenburg und Sachsen ist die rechtsextreme AfD hingegen sogar zweitstärkste Partei mit weit über 20 Prozent und im Bund immerhin stärkste Oppositionspartei."
Ist nicht genau DAS der empirische Beleg dafür, dass die AfD eben nicht rechtsextrem, sondern wie einst die Grünen ein undurchsichtiger Pool verschiedener Interessen ist?
Die gesamte Argumentation läuft im Grunde genommen auf die implizite Behauptung hinaus, in Thüringen, Brandenburg und Sachsen lebten über 20% Rechtsextreme. Ernsthaft?
Bernd Neves am Permanenter Link
Das Hufeisen-"Modell" ist in Wirklichkeit eine Propagandaschablone, die den Vorzug und möglicherweise auch den Zweck hat, die (nicht nur) historisch enge Verbindung des Bürgertums (der sogenannten politische
Da muss überhaupt nichts gerettet werden. Das gehört weg.