Die ersten drei Wochen des Monats Juli 2023 waren global betrachtet der bis jetzt heißeste Drei-Wochen-Zeitraum. In Deutschland waren in den Sommermonaten 2023 doppelt so viele Menschen täglich Temperaturen von 35 Grad Celsius und höher ausgesetzt als im Mittel der Jahre 1980 bis 1999. Dies geht aus einer nun am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) veröffentlichten Untersuchung hervor. Wie die Forschenden am Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) des KIT weiter berichten, war in Europa die Hitze-Exposition der Bevölkerung in Italien am stärksten.
Der Frühsommer und der Sommer des Jahres 2023 brachten etliche, unterschiedlich lange und intensive Hitzeperioden, die zum Teil gleichzeitig in verschiedenen Regionen der Nordhemisphäre auftraten. Mit den dabei erreichten Temperaturrekorden und der Hitze-Exposition der Bevölkerung haben sich Forschende der Forensic Disaster Analysis (FDA) Task Force Group am CEDIM des KIT in ihrer nun veröffentlichten "Untersuchung der globalen Hitzewelle im Jahr 2023" befasst.
Meeresoberflächentemperaturen waren im Juni 2023 so hoch wie nie zuvor
In manchen Regionen wurden bisherige Temperatur-Allzeitrekorde deutlich überschritten, in anderen waren neue Tages- oder Monatsrekorde zu verzeichnen. So erreichten im Juni 2023 die Meeresoberflächentemperaturen im globalen Mittel nie zuvor beobachtete Werte. Was die gesamte Erdoberfläche einschließlich der Landmassen betrifft, war der Juni 2023 der bisher wärmste Juni seit 1850. Die ersten drei Wochen des Monats Juli 2023 gelten global betrachtet als bis jetzt heißester Drei-Wochen-Zeitraum. Den Tagesrekord erreichte der 6. Juli mit einer globalen Oberflächentemperatur von 17,08 Grad Celsius, dicht gefolgt vom 5. und 7. Juli mit je 17,07 Grad Celsius. Extreme Temperaturen und neue Landesrekorde – die offizielle Bestätigung durch die World Meteorological Organization (WMO) steht noch aus – traten auf der Nordhemisphäre im Juli 2023 in den Ländern rund um das Mittelmeer einschließlich Nordafrika, im Nahen und Mittleren Osten auf. Rekordverdächtige Temperaturen wurden zudem aus den USA, aus Kanada und aus China gemeldet.
"Damit über einen längeren Zeitraum eine große Temperaturanomalie entstehen kann, bedarf es eines langanhaltenden ungewöhnlich großräumigen Strömungsmusters", erklärt Dr. Andreas Schäfer von der FDA Task Force Group am CEDIM des KIT. Eine wichtige Rolle spiele dabei die Druckverteilung in der mittleren Troposphäre in rund 5,5 Kilometern Höhe, welche die Höhenströmung und den damit verbundenen Luftmassetransport beeinflusst. "Im Juli 2023 herrschten in den Gebieten, die besonders von den hohen Temperaturen betroffen waren, außergewöhnlich persistente Hochdruckgebiete, in denen absinkende Luftmassen erheblich zur Erwärmung und damit zur lokalen Ausprägung der Hitzewelle beitrugen", so Schäfer.
Die Forschenden betrachteten in ihrer Untersuchung auch die Exposition der Bevölkerung durch die beobachtete Hitze. So waren in Deutschland rund sieben Millionen Menschen von täglichen Maximaltemperaturen von über 25 Grad Celsius betroffen. Dies waren rund 40 Prozent mehr als im Mittel in den Jahren 1980 bis 1999. Die Zahl der Menschen, die täglich Temperaturen von 35 Grad Celsius und höher ausgesetzt waren, verdoppelte sich sogar auf rund 206.000. Auch in den weiteren untersuchten Ländern, wie Italien, Griechenland, Spanien, USA, China oder Indien, war grundsätzlich eine deutliche Zunahme der Hitze-Exposition während der Sommermonate gegenüber den vorangegangenen Jahrzehnten festzustellen.
Italien erreichte Rekorde bei der Hitzebelastung von über 40 Grad Celsius
Den Hitze-Hotspot in Europa bildete mit Abstand Italien, wo neue Rekorde bei der Hitzebelastung von über 40 Grad Celsius festzustellen waren. Während in den Jahren 1980 bis 1999 nur rund 4.000 Menschen pro Tag derart hohen Temperaturen ausgesetzt waren, stieg diese Zahl im Jahr 2023 auf über 127.000. Um negativen Auswirkungen der Hitze-Exposition auf die Gesundheit der Menschen zu begegnen, haben staatliche Stellen Aktionspläne verabschiedet und verschiedene Anpassungsstrategien verwirklicht, darunter die Schaffung von öffentlichen Brunnen und Wasserspendersystemen. Diese sind in Deutschland in den Ballungsräumen am besten ausgebaut.
Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM)
Das CEDIM, eine interdisziplinäre Einrichtung des KIT, forscht zu Katastrophen, Risiken und Sicherheit. Ziel ist, natürliche und menschengemachte Risiken in einer sich rasch verändernden, von Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und Klimawandel geprägten Welt genauer zu verstehen, früher zu erkennen und besser zu bewältigen. Dazu verbinden die Forschenden Risikoerfassung, Risikoanalyse, Risikomanagement und Risikokommunikation und entwickeln darauf aufbauend Konzepte zur Verbesserung der Resilienz von Infrastrukturen und Versorgung.