Eine repräsentative Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos in 23 Ländern weltweit ergab, dass sechs von zehn Deutschen (63 %) glauben, dass Religion der Welt mehr schadet als nützt.
Die Deutschen liegen damit gemeinsam mit den Spaniern (63%) im globalen Vergleich auf Rang zwei. Nur in Belgien (68%) bewerten mehr Menschen den Einfluss von Religion negativ. In Russland (36%) und Japan (26%) stimmen die wenigsten zu.
Nur ein Viertel der Deutschen gab bei der Umfrage an, dass ihr Glaube sie als Person definiere. (global: 38%) Damit ist klar, dass die Religion in Deutschland einen geringen Einfluss auf der persönlichen Ebene hat. Umso mehr verwundert es, wenn Politiker immer wieder betonen, dass Deutschland ein "christlicher Staat" sei. Zwar denken vier von zehn (37%) Deutschen, dass religiöse Bräuche und Praktiken wichtig für die Moral der Gesellschaft in ihrem Land sei. Doch dass religiöse Menschen die besseren Bürger seien, glaubt hingegen nur einer von sechs (17%).
Interessant sind auch die Ergebnisse der Umfrage, wenn die nach der Toleranz gegenüber anderen Religionen fragt. Immerhin spielt das für die meisten Deutschen keine Rolle. Lediglich einer von zehn (12%) gab an, den Respekt zu verlieren, wenn eine Person nicht gläubig sei. Zwei Drittel (64%) fühlen sich vollkommen wohl in Gegenwart von Menschen mit einer anderen Religion.
Daran zeigt sich allerdings auch, dass in Deutschland die Toleranz im Vergleich zu anderen Ländern eher gering ausgeprägt ist. Im globalen Durchschnitt sind es 74%, denen die Religion des Anderen gleichgültig ist.
7 Kommentare
Kommentare
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Eine ganz kleine Kritik habe ich an obigem Bericht zu üben. Es heißt dort: »Umso mehr v e r w u n d e r t es, wenn Politiker immer wieder betonen, dass Deutschland ein "christlicher Staat" sei.«
Nein, es »verwundert« mich nicht, dass sehr viele unserer Politiker betonen, Deutschland sei ein christlicher Staat. Eine Religion, besonders trifft das auf die monotheistischen zu, strebt nach Macht. Früher konnten religiöse Institutionen wie die Kirche diese direkt ausüben. In modernen Verfassungsstaaten wie Deutschland müssen sie den Umweg über die Politik nehmen.
Zum Beispiel durch Besetzung der Parteispitzen, der meinungssteuernden Medien und durch ihren Einfluss auf Justiz und Gesetzgebung. So sind praktisch alle Parteispitzen durch erklärte Christen, zumindest sehr Kirchennahe, besetzt, das gilt sogar für die einst religionskritischen Linken. Die Intendanzen, Chefredakteure und weitere wichtige Posten der Rundfunk- und Fernsehanstalten sind durchweg durch erklärte Christen besetzt. Hinzu kommt den beiden christlichen Kirchen das – an sich verfassungswidrige – Privileg eigener Redaktionen und fester Sendezeiten zu. Das Auswahlverfahren für die Richter der obersten Gerichte ist ebenfalls so gestaltet, dass ein überproportionaler Einfluss der Regierungen vorliegt, und damit der überwiegend christlich-kirchlich orientierten Politiker. Besonders auffällig ist das beim Bundesverfassungsgericht, dem m.W. derzeit kein einziger konfessionsfreier Richter angehört. (»Verwunderlich«, dass acht Bundesverfassungsrichter den höchsten katholischen Orden für Verdienste um die katholische Kirche erhalten haben?) Dabei – man beachte – gibt es in Deutschland bereits 36 Prozent Konfessionsfreie und nur noch 55 Prozent Mitglieder in einer der beiden großen Kirchen. Die Ausgestaltung der Gesetze wird stark durch die Ministerialbürokratie der Landesregierungen und der Bundesregierung beeinflusst, sowohl bei den Gesetzesvorschlägen wie später dann bei der endgültigen Formulierung der verabschiedeten Gesetze. Diese Ministerialbürokratie ist eine Domäne erklärter Christen (siehe Carsten Frerk: Kirchenrepublik Deutschland, Alibri 2015).
Diese geballte christlich-kirchliche Macht, den meisten Bundesbürger nicht bewusst, manifestiert sich somit in gesellschaftlichen Institutionen und Strukturen, stark im Erziehungswesen, wirkt unbewusst als tradiertes Wertesystem noch in den Köpfen selbst Glaubensferner (Gregor Gysi: »ohne Kirche keine Moral«) und zeigt sich zum Beispiel in einem kirchlich-staatlichen Machtdenken, das stets mehr durch Verbieten als durch Vorleben und Überzeugen gekennzeichnet war.
Bezeichnend sind solche Gesetze (und Ausführungsbestimmungen!) wie die zur Abtreibung, zur Präimplantationsdiagnostik oder jüngst zum Verbot selbstbestimmter, aber medizinisch unterstützter Sterbehilfe. Diese aus dem Glauben folgenden strafbewehrten Verbote und Einschränkungen lassen einerseits erkennen, dass die Kirche, einschließlich der ihr willfährig ergebenen Politiker, ihrer eigenen Klientel nicht traut, andererseits sich anmaßt, auch allen Nichtgläubigen auf dem Umweg über staatliche Gesetze ihre Glaubensauffassung aufzuzwingen. Seit der Emnid/fowid-Studie 2016 in Berlin wissen wir, dass zumindest in Berlin christliche Auffassungen allenfalls noch am Rande von Bedeutung sind.
Statt »verwundert« sollte es treffender »stört mich« heißen.
Wolfgang am Permanenter Link
"Sie nennen sich Christen, aber unter ihren Schafspelzen sind sie reißende Wölfe."
Johann Wolfgang von Goethe
Ich bin überzeugt davon, das nicht ein einziger Politiker die Bibel kennt. Ich bin davon überzeugt, sie sehen ihr Heil nur in den Abgeordnetengehältern, das sie mit einer großen Portion Scheinheiligkeit ergreifen. "So wahr mir Gott helfe"! ein Hohn.
„Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht.“
Albert Schweitzer
Es gibt bei nur 60% Anhängern der christlichen Leere keinen christlichen Staat. Dann zieht bitte nur den Gläubigen sämtliche Steuern ab, auch die Mehrwertsteuer, denn Nichtgläubige sind dem Staat doch nichts wert! Gelle?
Hans Trutnau am Permanenter Link
63 %. Immerhin. Für mich so etwas wie die Vorhut der Konfessionsfreien.
A.S. am Permanenter Link
Zur Ipsos-Pressemitteilung "... denn Religion gilt seit der Jahrtausendwende als Hauptmotiv für brutalsten Terror und Krieg." :
Ist es in diesem Zusammenhang nicht geradezu vernünftig, religiös intolerant zu sein? Wenn Religion gefährlich ist?
Ich halte die uns gelehrte religiöse Toleranz für problematisch. Begründung:
Religion ist das Herrschaftssystem der Priester. Ein Priester hat ein Interesse an Frieden unter SEINEN Anhängern. Von anderen Anhängern desselben Priesters, von dem ich mich beherrschen lasse, geht also keine Gefahr für mich aus.
Die Anhänger eines anderen Priesters, der seinen Herrschaftsbereich potentiell erweitern möchte, stellen hingegen für mich eine latente Gefahr dar.
Ich bin der Ansicht, dass in dieser Frage unser Unterbewusstsein, welches in Andersgläubigen eine Gefahr erkennt, mal wieder schlauer ist als unser kognitiver Verstand. (Was nicht heißt, dem unterbewussten Signal Folge leisten zu dürfen.)
Unser Unterbewusstsein weiß, dass es bei Religion um die Herrschaft der Priester geht. Aber unser kognitiver Verstand will es nicht wahr haben, wir sind ja schließlich alle religionsfreundlich erzogen.
Religiös tolerant kann meiner Meinung nach nur sein, wer keine tiefere Erfahrung mit Religion hat. Religion ist eine Form der Sklaverei.
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
WARUM SOLL ES GUT SEIN …?
Stellen wir uns noch einmal Fragen:
(Fragen sind Denkwerkzeuge!)
- Warum soll es gut sein Menschen zu verdummen?
- Warum soll es gut sein Menschen einen Wahn einzureden?
- Warum soll es gut sein Menschen zu belügen?
- Warum soll es gut sein Menschen in Gruppen zu spalten?
- Warum soll es gut sein mit einem imaginären Mann im Himmel zu reden?
- Warum soll es gut sein irgendwelche Märchen als Wahrheit zu definieren?
- Warum soll es gut sein irgendetwas zu glauben und nichts zu hinterfragen?
- Warum soll es gut sein unsere Geschichte zu fälschen?
- Warum soll es gut sein Wissen zu zensieren?
- Warum soll es gut sein auf ein Leben nach dem Tod vertröstet zu werden?
- Warum soll es gut sein in einer Märchenwelt zu leben?
(Nein, es gab keinen Adam, keine Eva, keinen Abraham, kein Moses, kein Jesus, keine Maria, kein …. es sind Personifikationen, mehrdeutige Mächenfiguren.)
- Warum soll es gut sein …?
- Warum …?
Ich kenne nur eine Antwort auf all diese Fragen: MACHT! Macht über andere Menschen.
P.S. Und warum ist Gott (kollektives Über-ich) eigentlich in Gesetze verankert? Und warum darf ich dieses kollektive Über-Ich (Gott) eigentlich nicht lästern? (→ § 166 StGB)
Fragen über Fragen …
Wolfgang am Permanenter Link
Wenn der Staat einen imaginären gott (absichtlich klein!) gesetzlich schützen muss und die Politiker noch den Eid ablegen, "So wahr mir Gott helfe!" dann ist doch mit dem Staat etwas nicht in Ordnung.
Und wer nicht diese verlogenen Zauberformel ausspricht, der hat nichts mehr zu Lachen.
Aber sein bisschen Geld will man unbedingt haben, Teufelnochmal!
Dr. Bruno Osuch am Permanenter Link
Vielen Dank an Uwe Lehnert für die informativenErgänzungen. Lg aus Santiago
Bruno Osuch