Immer wieder wird in Deutschland über die Gesetzeslage zur Sterbehilfe diskutiert. Eine Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos zeigt nun, dass eine Mehrheit der Deutschen (55 Prozent) es begrüßen würde, wenn Ärzte und Sterbehilfeorganisationen dazu berechtigt wären, beim Suizid zu assistieren.
Unter den Befürwortern sprechen sich allerdings die meisten (33 Prozent) dafür aus, dass ärztliche Suizidassistenz nur dann erlaubt sein sollte, wenn keine finanzielle Aufwandsentschädigung bezahlt wird. Knapp jeder Fünfte (22 Prozent) würde einer solchen Erlaubnis auch mit finanzieller Aufwandsentschädigung positiv gegenüberstehen. Nur 15 Prozent der Befragten geben an, für ein vollständiges Verbot von Suizidassistenz zu sein. Weitere 13 Prozent würden es bevorzugen, wenn nur nahe Angehörige des Betroffenen dazu berechtigt wären.
Mit Suizidassistenz sind Handlungen Dritter gemeint, die einer Person mit Suizidwunsch dabei helfen, sich selbst zu töten. Dazu zählt zum Beispiel die Zurverfügungstellung tödlicher Medikamente. Aktuell ist politisch umstritten, ob dies nur für nahestehende Personen oder auch für Ärzte und Sterbehilfegruppen erlaubt sein sollte.
Jüngere sehen Suizidassistenz skeptischer als Ältere
Besonders mit Blick auf das Alter der Befragten zeigen sich große Unterschiede im Antwortverhalten. Vor allem die Jüngeren (18 bis 39 Jahre) stehen einer Legalisierung von Suizidassistenz skeptischer gegenüber als die älteren Befragten. Ein grundsätzliches Verbot wird jedoch über alle Altersgruppen hinweg nur von einer Minderheit befürwortet. Unter den Befragten mittleren (40 bis 59 Jahre) und höheren (60 bis 75 Jahre) Alters sind dies lediglich 9 beziehungsweise 12 Prozent, unter den Jüngeren immerhin fast jeder Vierte (24 Prozent).
SPD-Anhängerschaft am skeptischsten
Während die Meinungen zur Suizidassistenz je nach Alter der Befragten deutlich variieren, unterscheiden sich die Antworten zwischen den Anhängern der unterschiedlichen Bundestagsparteien weniger stark. Die Deutschen sind sich parteiübergreifend einig darüber, dass neben engen Angehörigen auch Ärzte und Sterbehilfeorganisationen dazu berechtigt sein sollten, Personen mit Sterbewunsch dabei zu assistieren, Suizid zu begehen. Lediglich die Wählerschaft der SPD steht einer solchen Regelung etwas skeptischer gegenüber. Unter ihnen spricht sich knapp jeder Fünfte (21 Prozent) für ein vollständiges Verbot jeglicher Form der Suizidassistenz aus, weitere 16 Prozent sind dafür, dass Sterbehilfe nur durch nahestehende Personen erfolgen sollte. Bei den übrigen Parteien begrüßen jeweils weniger als 20 Prozent der Befragten ein vollständiges Verbot, unter den Sympathisanten der Grünen sogar nur jeder Zehnte (10 Prozent).
Methode: Quotierte Online-Befragung von 1.000 Wahlberechtigten zwischen 18 und 75 Jahren in Deutschland, repräsentativ gewichtet nach Alter, Geschlecht, Bildung, Region und Wahlverhalten bei der letzten Bundestagswahl. Die Befragung wurde zwischen dem 09. und 10. Januar 2023 durchgeführt.
Redaktioneller Hinweis: In der zuerst veröffentlichen Version wurde das Wort "Selbstmord" aus der Pressemitteilung von Ipsos übernommen. Das wurde von verschiedenen Kommentaren kritisiert und von der Redaktion – die diese Einschätzung teilt – am 30.01.23 geändert.
5 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Über das eigene Leben Kann nur einer bestimmen, nämlich jeder Mensch für sich selbst.
Alles andere ist übergriffige Anmaßung und entbehrt jeglicher Rechtfertigung.
Roland Weber am Permanenter Link
Die Wiedergabe von Umfragewerten kann man sich aus mehreren Gründen schenken.
(Im Zweifelsfall mal den Nürnberger Kodex lesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/N%C3%BCrnberger_Kodex ).
Ein weiterer Grund ist schlichtweg der, dass im Parlament eine besondere, und keineswegs ausgewogene Zusammensetzung besteht, und diese Abgeordneten ihre eigenen Spielregeln - z.B. das "Mitbedenken zur Auffassung der Kirchen“, Lobbybeziehungen etc. - hat. Mit viel Glück muss man sogar in dieser Demokratie hoffen, dass ausnahmsweise wieder einmal der Fraktionszwang aufgehoben wird, was aber noch lange keine tatsächliche Unabhängigkeit eines Abgeordneten verbrieft. Die einzig aufschlussreiche Lösung wäre eine Volksbefragung, wobei später seine eigene Entscheidung auf ihn angewendet wird – Ausnahmen möge es geben.
Bei Umfragen der Vergangenheit haben oft über 80% für eine durchgehend humanistische Lösung ausgesprochen - in den vorgelegten Entwürfen ist von diesem Selbstbestimmungsrecht, wie es auch das BVerfG sah, kaum etwas zu spüren. Zu spüren ist vor allem wieder nur, wie man sich an den gerichtlichen Vorgaben vorbeimogeln möchte.
Gita Neumann am Permanenter Link
ich bin entsetzt über dieses Umfrageergebnis entgegen vormaliger 2/3 bis 3/4 Mehrheitszustimmung.
X "Ich befürworte Suizidassistenz durch Ärzte und Sterbehilfeorganisationen, auch wenn sie dafür finanzielle entschädigt werden."
Also wären im Umkehrschluss mehr als drei Viertel der Befragten dagegen, wenn diese (bekanntlich gegen vierstellige Beträge) für dignitas, dghs u.a. erlaubt sei - also Zustimmungswerte für ein Verbot durch einen neuen § 217 StGB??? Manipulativ gewirkt hat hier wohl die von IPSOS beschriebene angebliche Ausgangslage, um die in Deutschland gegenwärtig gestritten würde, nämlich ob Suizidhilfe "nur durch nahestehende Personen erfolgen dürfen" sollte.
Alexander von d... am Permanenter Link
Ein interessanter Artikel, den unsere Parlamentarier zur Kenntnis nehmen sollten, anstatt sich von den Kirchen und ihren Schergen immer wieder dazwischenfunken zu lassen. [...]
wolfgang am Permanenter Link
Sehr schwierige Entscheidung, das eigentliche Problem, es wird zu lange darüber diskutiert