Evangelischer Kirchentag in Dortmund beginnt

Millionen für den Kirchentag

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Auf öffentlichen Geldern lässt es sich gut ausruhen – Werbung für den Kirchentag in Dortmund beim Kirchentag 2017 in Berlin.

In Dortmund beginnt heute der 37. Deutsche Evangelische Kirchentag. Wie jeder Kirchen- und Katholikentag wird auch dieses christliche Event wieder mit öffentlichen Geldern in mehrfacher Millionenhöhe gesponsert.

Fast auf den Tag vier Jahre ist es her, dass die Kunstaktion "Das 11. Gebot: Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen" der Stadt am Rande des Ruhrgebiets einen Besuch abstattete. Damals, im Juni 2015, beriet der Rat der Stadt Dortmund darüber, ob man dem Wunsch des Kirchentagsveranstalters nachkommen und den für 2019 in Dortmund geplanten Evangelischen Kirchentag – wie beantragt – mit 2,7 Millionen Euro bezuschussen solle. Obwohl die Stadt Dortmund schon damals hoch verschuldet war, gab es diesbezüglich nur wenige Diskussionen. Mit den Stimmen von SPD, CDU, Grünen, FDP/BL und gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke und Piraten beschloss der Rat der Stadt Dortmund, den Kirchentag mit 2,7 Millionen Euro zu subventionieren. Darüber hinaus sagte man dem Kirchentagsveranstalter Sachleistungen zu wie beispielsweise das unentgeltliche Überlassen von Schulen während des Kirchentags für die Übernachtung von Kirchentagsbesuchern. Der Evangelische Kirchentag selbst beziffert den städtischen Zuschuss auf 2,822 Millionen Euro.

Beispielbild
"Das 11. Gebot" im Juni 2015 vor dem Dortmunder Rathaus (© Daniela Wakonigg)

Knapp 3 Millionen Euro für das Sponsoring eines Evangelischen Kirchentags – das ist nicht gerade eine geringe Summe für eine Stadt, die auf einem Schuldenberg von 2,67 Milliarden Euro sitzt und in der gerade mal 27,5 Prozent der Bevölkerung evangelisch sind. So jedenfalls ist es in der jüngsten verfügbaren Jahresstatistik der Stadt Dortmund für 2017 nachzulesen. 46,6 Prozent der Dortmunder Bevölkerung zählten im selben Zeitraum zur Konfessionsgruppe "Sonstige, ohne Angabe, keine". Eine Gruppe, die seit 2012 um rund 6 Prozent anwuchs, während die Bevölkerungsgruppe der Menschen mit evangelischer Konfession um rund 4 Prozent und mit römisch-katholischer Konfession um rund 2 Prozent schrumpfte.

Begründet wurden die öffentlichen Subventionen für den Kirchentag – wie so oft – primär mit einem Nutzen für die Wirtschaft der jeweiligen Stadt, in der das Ereignis stattfindet. Dass dieser hartnäckig behauptete Nutzen nicht nachgewiesen werden kann, wurde in den vergangenen Jahren bereits mehrfach aufgezeigt. Im Gegenteil: Viele Geschäftsleute berichten von Umsatzeinbußen, da Kirchentagsbesucher keine zahlungskräftigen Kunden sind, zahlungskräftige Kunden der Innenstadt während des Kirchentags hingegen fernbleiben, um dem Verkehrschaos und den Besucherströmen zu entgehen.

Doch mit dem städtischen Zuschuss ist der öffentliche Geldsegen für den Kirchentagsveranstalter noch lange nicht zu Ende. Auch vom Land NRW fließen einige Millionen in das christliche Sommerfest. Bereits im März 2015 hatte die damalige rot-grüne Landesregierung unter der zum Protestantismus konvertierten Ministerpräsidentin Hannelore Kraft dem Event 3,5 Millionen Euro aus Landesmitteln zugesagt. Ohne jegliche öffentliche Diskussion im Landtag. Aus den 3,5 Millionen wurden unter der aktuellen schwarz-gelben Regierung von NRW im Dezember 2018 zunächst 3,9 Millionen Euro und im März 2019 schließlich 4,5 Millionen Euro. Auf der Webseite des Evangelischen Kirchentags ist die zusätzliche Million aus Landesmitteln übrigens nicht erwähnt.

Im Vergleich zu den Summen, die die Stadt Dortmund und das Land NRW zahlen, ist der Zuschuss des Bundes geradezu lächerlich. Gerade mal eine halbe Million Euro fließt laut Webseite des Evangelischen Kirchentags vom Bund in das christliche Großereignis. 7,822 Millionen Euro an öffentlichen Fördermitteln kommen somit zusammen. Mindestens! Denn aus welchem Topf die ominösen 2 Millionen Euro "Projektmittel" stammen, die auf der Einnahmeseite der Kirchentagsfinanzen verzeichnet sind, ist unklar. Die mindestens 7,822 Millionen Euro an öffentlichen Geldern entsprechen rund 36 Prozent des Gesamtbudgets des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentags. Aus kirchlichen Mitteln fließen hingegen nur 5,55 Millionen Euro in das Event und damit rund 25 Prozent der Gesamtkosten. Gegenüber dem letzten Evangelischen Kirchentag in Berlin ist das Ganze für die öffentliche Hand jedoch fast ein Schnäppchen: Beim Berliner Kirchentag 2017 zahlte die öffentliche Hand 52 Prozent der Zeche, die Kirche nur 14 Prozent.

Übrigens wird laut Finanzübersicht des Veranstalters auch Geld vom Kirchentag selbst erwirtschaftet, um das Event zu finanzieren. Durch den Verkauf von Kirchtags-Devotionalien und von Tickets. Denn obwohl das christliche Sommerfest massiv von der öffentlichen Hand gesponsert wird, ist die Teilnahme nicht kostenlos. 108 Euro kostet eine Dauerkarte für die gesamte Dauer des Events vom 19.–23. Juni, 35 Euro eine Tageskarte. Darüber hinaus wirbt der Kirchentag Sponsorengelder ein. Hauptsponsor des aktuellen Kirchentags ist die Deutsche Bahn – ein bundeseigener Konzern. Auf Umwegen wie diesem oder Projektfinanzierungen durch Ministerien werden demnach weitere öffentliche Gelder in den Kirchentag gepumpt. Gelder, die durch geschickte Verbuchungsbezeichnungen nicht unmittelbar als öffentliche Gelder erkennbar sind. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die öffentliche Förderquote des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentags deutlich höher ist als 36 Prozent.