Erklärung der Landesarbeitsgemeinschaft Säkulare Linke in DIE LINKE Berlin

Neutralitätsgesetz verteidigen – Trennung von Staat und Religion weiterentwickeln

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Die Landesarbeitsgemeinschaft "Säkulare Linke" im Berliner Landesverband der Partei DIE LINKE spricht sich gegen die Abschaffung des Neutralitätsgesetzes aus.

Die Landesarbeitsgemeinschaft "Säkulare Linke" im Berliner Landesverband der Partei DIE LINKE verurteilt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Berliner Neutralitätsgesetz. Die von der LAG "Säkulare Linke" am 18. März 2023 verabschiedete Erklärung dokumentiert der hpd hier im Wortlaut.

Gerade in einer multikulturellen Stadt wie Berlin, in der der Großteil der Menschen keiner Konfession angehört, ist die staatliche Neutralität in Religions- und Weltanschauungsfragen von größter Wichtigkeit. Deshalb beschloss das Abgeordnetenhaus 2005 das sogenannte Neutralitätsgesetz. Es legt fest, dass bestimmte Staatsbedienstete während der Dienstzeit keine sichtbaren religiös oder weltanschaulich geprägten Symbole oder Kleidungsstücke tragen dürfen. Es ist begrenzt auf Rechtspflege, Justizvollzug, Polizei und Lehrkräfte in öffentlichen Schulen (ausgenommen der Religionsunterricht). Denn in diesen Bereichen sind die Bürgerinnen und Bürger dem Staat in besonderer Weise ausgeliefert und sind darauf angewiesen, dass die Beamten ihre eigenen Glaubensvorstellungen klar und sichtbar von ihrer Funktion trennen. Während andere Bundesländer Gesetze erließen, die in diskriminierender Form nur das Tragen muslimischer Kopfverschleierungen einschränkten, wählte Berlin einen anderen Weg: Das Neutralitätsgesetz betrifft die Symbole sämtlicher Glaubensrichtungen gleichermaßen, vom Kruzifix-Anhänger bis zum "Gott ist tot"-T-Shirt. Es wägt zwischen unterschiedlichen Rechten ab und entscheidet zugunsten der Schwächeren: Das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf eine faire Behandlung durch den Staat wird so hoch gewertet, dass auch das Recht der Staatsbediensteten auf freie Religionsausübung während der Dienstzeit eingeschränkt werden darf. Aus diesen Gründen ist das Neutralitätsgesetz eine zentrale progressive Errungenschaft aus den Jahren der rot-roten Berliner Stadtregierung aus SPD und PDS.

Trotzdem gab es mehrere Klagen vor allem von muslimischen Lehrerinnen, die während des Dienstes nicht auf eine Kopfverschleierung verzichten wollten. Das Bundesarbeitsgericht entschied 2020 fatalerweise, dass das Verbot nur angewendet werden darf, wenn für den jeweiligen Einzelfall eine konkrete Gefahr für den öffentlichen Frieden nachgewiesen werden kann. Das schafft erhebliche Mehraufwände für die Schulen und wird in der Praxis kaum umsetzbar sein. Das Land Berlin legte Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Dieses gab im Februar 2023 ohne Begründung bekannt, dass es die Beschwerde nicht zur Entscheidung annimmt – und zeigte damit seine Geringschätzung für den demokratischen Willen der Berlinerinnen und Berliner.

Gemäß den ersten Berichten zu den Berliner Koalitionsverhandlungen wollen auch CDU und SPD das Neutralitätsgesetz so anpassen, dass eine Kopfverschleierung im Schuldienst nur noch im Einzelfall untersagt werden kann. Das würde bedeuten, dass das Neutralitätsgesetz künftig für alle Religionen und Weltanschauungen gilt – außer für den Islam. Die Gleichbehandlung wird also ersetzt durch eine positive Diskriminierung zugunsten einer Religionsgemeinschaft. Das widerspricht einem säkularen Staatsverständnis, und es erinnert in fataler Weise an die Sonderregelungen zugunsten der christlichen Kirchen, die immer noch auf Bundesebene und in diversen Bundesländern bestehen.

Leider wurde die Entscheidung auch von Teilen der politischen Linken positiv bewertet und das Neutralitätsgesetz fälschlicherweise als "pauschales Kopftuchverbot" und "Rassismus" bezeichnet. Von humanistischen und Frauenrechtsorganisationen wurde die Gerichtsentscheidung hingegen scharf kritisiert. Fortschrittlich gesinnte Menschen sollten dafür streiten, dass das Neutralitätsgesetz verteidigt und die Trennung von Staat und Religion weiterentwickelt wird, statt sie abzubauen. Dafür setzen wir uns seit Jahren ein und werden es auch unter den neuen politischen Bedingungen weiter tun.

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