Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Österreich

Österreichische Spaghettimonsterkirche zieht vor Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

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Das Spaghettimonster vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Da der österreichischen Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters die Anerkennung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft versagt blieb, zog sie nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Beschwerde wurde vergangenen Freitag fristgerecht in Straßburg eingereicht.

Nach insgesamt vier Jahren Verfahrensdauer wurde der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Österreich (KdFSM) im März 2018 der Erwerb der Rechtspersönlichkeit der religiösen Bekenntnisgemeinschaft versagt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte entschieden, die Beschwerde der KdFSM gegen den Bescheid des Kultusamts zurückzuweisen. Und das, obwohl die KdFSM die zentralen formalen Kriterien der Republik Österreich für die Anerkennung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft erfüllte: das Vorhandensein einer religiösen Lehre sowie von mindestens 300 eingetragenen Mitgliedern.

In seiner Entscheidung zog sich das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen auf folgende Begründung zurück: "Es haben mehr als 300 Personen mit Wohnsitz in Österreich den Antrag auf 'Aufnahme in die religiöse Bekenntnisgemeinschaft Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters' gezeichnet oder auf eine andere Art den 'Beitritt' erklärt, aber es mangelt der 'Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters' an einer hinreichend organisierten Gemeinschaft, in deren Rahmen mindestens 300 Personen mit Wohnsitz in Österreich am religiösen Leben der Bekenntnisgemeinschaft teilhaben, d. h. zumindest an den gemeinsamen Gottesdiensten teilnehmen und sich der Vermittlung der religiösen Pflichten der Mitglieder unterziehen oder unterzogen haben." Außerdem "stellten der im Wesentlichen im alltäglichen Rahmen stattfindende Verzehr von Teigwaren und das 'Transzendieren' von Bier – mangels spezieller religiöser Bezugspunkte – keinen Ritus dar." 

Die nachfolgende Beschwerde beim Österreichischen Verfassungsgerichtshof endete für die Pastafaris fruchtlos. Auch die Revision beim Verwaltungsgerichtshof wurde zurückgewiesen.

Die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Österreich beschritt daher nun den letzten gangbaren Rechtsweg und reichte vergangenen Freitag Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg ein.

"Dass der Verzehr von Teigplättchen und alkoholischen Getränken in anderen Religionen anstandslos als Ritus gewertet wird, bei der Pastafarischen Transsubstantiation aber keine 'religiösen Bezugspunkte' ausgemacht werden konnten, darf neben etlichen Kritikpunkten am Urteil des Bundesverwaltungsgerichts als Behördenwillkür eingestuft werden", heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung der KdFSM. "Auch dass sich die Mitglieder vorwiegend über soziale Medien organisieren und sich über ihren Glauben austauschen wurde vom Gericht nicht gewürdigt."

Das Oberhaupt der KdFSM, der Oberste Maccherone Philip Sager, stört sich vor allem daran, dass die österreichische Justiz offensichtlich nicht bereit ist, die Faktenlage zu würdigen: "Tatsächlich sind in Österreich über 800 erwachsene Personen als Pastafari bei der KdFSM registriert und haben mit Meldeadresse und Unterschrift die Zugehörigkeit zu unserer Religionsgemeinschaft bestätigt. Es finden regelmäßige Treffen statt, in Wien und auch in den Bundesländern. Das Bundesverwaltungsgericht hat hier offensichtlich den Begriff von 'Gemeinschaft' neu gedeutet." 

In ihrer Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die dem hpd vorliegt, beruft sich die KdFSM auf Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention und macht das Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit geltend. "Diese Rechte werden durch die Verweigerung der Erlangung der Rechtspersönlichkeit verletzt", heißt es in der Beschwerde.

Die Nicht-Anerkennung der spezifischen Art, den pastafarianischen Glauben zu leben, wird darüber hinaus als Eingriff in die Glaubensfreiheit gewertet, da "ein regelmäßiger Gottesdienst in den Glaubensgrundsätzen der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters schlicht nicht vorgesehen ist".

Rechtsanwalt Wolfgang Renzl, der die österreichische KdFSM seit Beginn des Verfahrens vertritt, erklärt hierzu: "Die Behörde geht – in einem von einer christlichen Kultur geprägten Rechtsverständnis – davon aus, dass eine religiöse Bekenntnisgemeinschaft nur dann vorliegt, wenn sich die Gläubigen regelmäßig treffen und gemeinsame Gottesdienste abhalten. Durch dieses 'christliche' Rechtsverständnis wird in die Religions- und Vereinigungsfreiheit aller gläubigen Pastafaris eingegriffen."

Ob sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit der fristgerecht eingegangenen Beschwerde nun tatsächlich beschäftigt, wird sich zeigen. Eine im April 2019 eingereichte Beschwerde der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. hatte das Gericht zurückgewiesen – wegen eines Formfehlers, der keiner war.

Niko Alm, Obmann des Pastafarischen Vereins zur Förderung der Gedanken an das Fliegende Spaghettimonster und weltweit bekannt als Erfinder des Nudelsiebs als pastafarianischer Kopfbedeckung, zeigt sich jedoch in Hinblick auf die aktuelle EGMR-Beschwerde trotzdem optimistisch: "Die EU und die Republik Österreich werden früher oder später dafür Sorge tragen müssen, dass gegenüber Religionen und Weltanschauungen Äquidistanz herrscht und der Zugang zu den vorgesehenen Organisationsformen allen gleichermaßen offen steht."